Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

258 Paul Schoen. 
keitliche Verwaltungshandlungen bezeichnen dürfe, da dieses Wort aus dem französischen acte 
administratif übersetzt sei, welcher Ausdruck in der französischen Rechtssprache die genannte 
engere Bedeutung habe, ist nicht überzeugend, indem nicht einzusehen ist, warum das Wort 
Verwaltungsalt entlehnt und nicht in Deutschland selbständig entstanden sein soll (G. Jellinek, 
Verw#Arch. 5, 306; Meyer-Anschütz 646 1). Für uns kommen im folgenden nur die Handlungen 
der Verwaltungsbehörden in Betracht, die sich als juristische charakterisieren. Sie zerfallen 
in solche privatrechtlicher und öffentlichrechtlicher Natur. Zu jenen gehören alle, bei denen der 
Staat oder der Selbstverwaltungskörper als Träger privater Rechte und Pflichten auftritt, 
wie der Abschluß von Kauf-, Pacht= und Werkverträgen; zu diesen alle, bei denen der Staat 
oder der Selbstverwaltungskörper als der Träger öffentlicher Rechte und Pflichten aufstritt. 
Jene stehen durchaus unter privatrechtlichen Vorschriften; das öffentliche Recht kommt für sie 
nur in einzelnen Punkten in Betracht, indem es z. B. die Organe bestimmt, welche zur Vor- 
nahme solcher Handlungen für den Staat zuständig sind, oder die Gültigkeit privatrechtlicher 
Aktionen der Selbstverwaltungskörper von aufsichtlicher Genehmigung abhängig macht (oben 
S. 256). Auch sie bleiben daher im folgenden außer Beachtung, und wir beschäftigen uns 
allein mit den Verwaltungsakten öffentlichrechtlicher Natur. Diese zerfallen ihrer Wirkung 
nach zunächst in Akte von abstrakter und in Akte von konkreter Bedeutung. 
I. Die Verwaltungsakte abstrakter Natur sind die Verordnungen, das sind von 
Organen der Verwaltung ausgehende obrigkeitliche Willenserklärungen, welche eine allgemeine 
Regel für die Ordnung der in ihnen bezeichneten Tatbestände geben. Die Verordnungen enthalten 
abstrakte Normen und schaffen, wenn diese sich als Rechtssätze charakterisieren, d. h. in den 
Rechtsstand der Regierten eingreifen (loben S. 151, 154, 161 ff. ds. Bds.), objektives Recht. 
Ihr Erlaß bildet eine durchaus für sich stehende Verwaltungstätigkeit, die an eigenartige Voraus- 
setzungen geknüpft und mit eigenartigen Wirkungen ausgestattet ist. Die Darstellung des Ver- 
ordnungsrechtes gehört jedoch wegen seines engen Zusammenhanges mit der Gesetzgebung in 
den staatsrechtlichen Teil dieser Encyklopädie und ist denn auch in diesem, oben S. 161ff. ds. Bds., 
gegeben. Hier erübrigt es nur noch, auf eine Gruppe der Verordnungen, die Polizeiverordnungen, 
näher einzugehen, die die wichtigste rechtliche Grundlage für die polizeilichen Verfügungen des 
täglichen Lebens bilden; über sie im folgenden Paragraphen. 
II. Die Verwaltungsakte, welche auf einen konkreten Fall ge- 
richtet sind, zerfallen in einseitige und zweiseitige. Zu jenen gehören die Verfügungen und 
die Rechtshandlungen. Der zweiseitige öffentlichrechtliche Verwaltungsakt ist der öffentlich- 
rechtliche Vertrag. 
1. Verfügungen sind von Organen der Verwaltung ausgehende obrigkeitliche 
Willenserklärungen, welche einen konkreten Einzelfall oder eine Summe einzelner Fälle nach 
Maßgabe des bestehenden Rechtes ordnen. Im Gegensatze zur Verordnung, mit der sie die Quali- 
fikation als obrigkeitliche Willenserklärung teilt und auch die äußere Form teilen kann, schafft 
die Verfügung nie eine neue objektive Norm, sie dient stets der Realisierung einer bestehenden 
Norm und erschöpft sich an dem einzelnen Falle. Dem amtlichen und besonders auch dem gesetz- 
lichen Sprachgebrauche wird diese Unterscheidung von Verfügung und Verordnung allerdings 
nicht immer gerecht. Er geht einmal vielfach dahin, alle von der obersten Stelle im Staate aus- 
gehenden Anordnungen, auch solche, die einen Einzelfall regeln, als Verordnungen zu bezeichnen; 
so im Reiche, wenn die Anordnungen des Kaisers, durch die er den Reichstag beruft, vertagt 
oder schließt, und in Preußen, wenn die Anordnungen des Königs, durch welche er den Landtag 
einberuft, Personen ins Herrenhaus beruft (V. v. 12. 10. 1854 § 22), die Enteignungsbefugnis er- 
teilt (G. v. 11.6. 1874 82) u.a. — alles zweifellos Verfügungen nach unserer Begriffsbestimmung —, 
Verordnungen genannt werden (ähnlich in Sachsen; O. Mayer, Sächs StR. 185). Und er 
neigt andererseits dazu, Anordnungen der Zentral- und anderer höheren Behörden, die den 
Dienstbetrieb der ihnen unterstellten Organe regeln, trotz ihrer über den Einzelfall hinausgehenden 
Bedeutung Verfügungen (General-, Zirkularverfügungen) zu nennen. Allein in Anlehnung 
an den amtlichen Sprachgebrauch lassen sich die Ausdrücke Verordnung und Verfügung über- 
haupt nicht in allgemein gültiger Weise definieren, da er ein allzu verschiedener, unsicherer und 
schwankender ist, überdies noch eine Reihe anderer Namen für die Anordnungen der Verwaltungs-
	        
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