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zur Übernahme von Lasten, Beiträgen u. a. verpflichten, allein solche Verträge haben nur privat-
rechtliche Bedeutung und lassen die öffentlichrechtliche Verpflichtung, z. B. die Wegebaulast,
unberührt. Eine besondere Art der hier in Rede stehenden öffentlichrechtlichen Ubereinkommen
sind die, bei denen die Willenserklärungen nicht nur auf die Begründung subjektiver Rechte
und Pflichten zwischen den Kontrahenten, sondern auf die Aufstellung objektiver Normen über
gemeinsame Besorgung von Verwaltungsaufgaben, insbesondere auch die Lastenverteilung,
abzielen (z. B. Rezesse zwischen Gemeinde und Gutsherr [Pr. OVG. 13, 261; 14, 243),
Eingemeindungsverträge [Pr. GS. 1907 1562)). Sie schaffen unter Hinzutritt der erforder-
lichen staatlichen Bestätigung objektives Recht und werden in der Wissenschaft jetzt gewöhnlich
als „Vereinbarungen“" von den Verträgen scharf geschieden (Literaturangaben bei Fleiner 804.#“45,
189; Kormann 41 ff.). Sodann scheint es begrifflich aber auch nicht ausgeschlossen, daß.
der Staat in Ausübung der öffentlichen Gewalt sich einem Gewaltunterworfenen gegenüber
vertraglich bindet. Wenn er sich in weitem Umfang an Verfügungen, durch die er einseitig
öffentliche Rechtsverhältnisse ordnet, den Untertanen gegenüber bindet (unten § 22 II)), so ist
nicht einzusehen, warum er sich nicht auch durch Vertragswillenserklärungen diesen gegenüber
binden könnte (richtig Fleiner 190; s. auch v. Stengel, Wörterb. 1) 2, 7022). Ob er es aber im
geltenden Rechte tut, ist eine andere Frage. Die Regelung eines öffentlichen Rechtsverhältnisses im
Wege des Vertrages beschränkt, da durch ihn dieses Verhältnis, soweit nichts anderes ausgemacht
oder gesetzlich bestimmt ist, auch für die Zukunft der einseitigen Verfügung entzogen wird, die
Verwaltungsbehörden in ihrer freien Bewegung und ihrem Ermessen mehr, als es — regelmäßig
wenigstens — die Regelung durch Verfügung tut; daher wird sie nur da stattfinden dürfen, wo
sie ausdrücklich durch Gesetz zugelassen ist; denn man kann nicht annehmen, daß die einzelne
Verwaltungsbehörde auf das ihr im öffentlichen Interesse beigelegte Recht, den einzelnen Fall
jeweilig nach ihrem Ermessen zu regeln, von sich aus beliebig verzichten kann. Solche gesetzlichen
Ermächtigungen begegnen aber wiederholt, und zwar hat der Gesetzgeber sie gewöhnlich erteilt,
um eine Modifizierung bestehender öffentlicher Rechte und Pflichten im einzelnen Falle frei-
zugeben (Pr. G. v. 28. 7. 1892 § 6, Vereinbarung zwischen dem Kleinbahnunternehmer und
dem Wegebaupflichtigen über Tragung der Wegebaulast), oder um eine einfachere Erfüllung
einer öffentlichen Pflicht zu ermöglichen, deren Erfüllung nach strikten gesetzlichen Vorschriften
auf große tatsächliche Schwierigkeiten stoßen kann (Verträge mit den Steuerpflichtigen über die
Höhe ihrer Leistungen: Pr. Komm AbgG. 8§ 132, 43, 471, 53 3, 682; G. v. 18. 8. 1902 KF 4).
Ebenso Fleiner 191, anders über diese Fälle Kormann 38, O. Mayer 1, 426. Allerdings muß
man sehr vorsichtig sein mit der Annahme eines öffentlichrechtlichen Vertrages und darf ihn
nicht schon überall dort finden wollen, wo eine Zustimmung des beteiligten Privaten zur Be-
gründung oder Veränderung öffentlicher Rechtsverhältnisse erforderlich ist. Vielfach ist es auch.
hier lediglich eine einseitige Verfügung, die das öffentliche Rechtsverhältnis begründet oder ver-
ändert, nur ist die Gültigkeit dieser Verfügung bedingt durch einen auf sie gerichteten Antrag
des Beteiligten; so z. B. bei den Konzessionserteilungen und bei der Stundung von Steuern
und Gerichtskosten (Pr. LGV. § 109), aber auch bei der Naturalisation und Beamtenernennung:
die Staatsangehörigkeit wird erworben durch „Verleihung", die Beamtenqualität durch „Er-
nennung“ seitens des Staates, also durch einseitigen Akt der öffentlichen Gewalt. Daß ein
solcher es ist, der das öffentliche Rechtsverhältnis begründet, tritt besonders bei der Beamten-
anstellung zutage. Das Erfordernis einer Zustimmung des Anzustellenden besteht nur für die
Berufsbeamten. Als Ehrenbeamte, deren Dienststellung rechtlich dieselbe ist wie die der Berufs-
beamten, können Staatsangehörige in weitem Umfange auch wider ihren Willen angestellt werden;
die Anstellung eines Widersprechenden kann aber nur durch einseitigen Staatsakt erfolgen.
Die wichtigste der vorgenannten drei Gruppen von Verwaltungsakten konkreter Natur
sind die Verfügungen. Auf diese allein wird denn auch hier weiter eingegangen werden (unten
§ 22). Uber die öffentlichen Verträge braucht nicht weiter gehandelt zu werden, da sie sich von
den privatrechtlichen nicht ihrer rechtlichen Struktur, sondern nur ihrem Gegenstande nach unter-
scheiden. Über das Institut der öffentlichen Rechtshandlung aber läßt sich zusammenfassend nichts
weiter sagen, weil allgemeine Bestimmungen über diesen Verwaltungsakt überhaupt fehlen
und auch die Theorie sich bislang zu wenig mit ihm beschäftigt hat, um allgemeine Grundsätze
über ihn zu entwickeln (am eingehendsten über die Rechtshandlungen bisher Kormann). Nur.