Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

260 Paul Schoen. 
zur Übernahme von Lasten, Beiträgen u. a. verpflichten, allein solche Verträge haben nur privat- 
rechtliche Bedeutung und lassen die öffentlichrechtliche Verpflichtung, z. B. die Wegebaulast, 
unberührt. Eine besondere Art der hier in Rede stehenden öffentlichrechtlichen Ubereinkommen 
sind die, bei denen die Willenserklärungen nicht nur auf die Begründung subjektiver Rechte 
und Pflichten zwischen den Kontrahenten, sondern auf die Aufstellung objektiver Normen über 
gemeinsame Besorgung von Verwaltungsaufgaben, insbesondere auch die Lastenverteilung, 
abzielen (z. B. Rezesse zwischen Gemeinde und Gutsherr [Pr. OVG. 13, 261; 14, 243), 
Eingemeindungsverträge [Pr. GS. 1907 1562)). Sie schaffen unter Hinzutritt der erforder- 
lichen staatlichen Bestätigung objektives Recht und werden in der Wissenschaft jetzt gewöhnlich 
als „Vereinbarungen“" von den Verträgen scharf geschieden (Literaturangaben bei Fleiner 804.#“45, 
189; Kormann 41 ff.). Sodann scheint es begrifflich aber auch nicht ausgeschlossen, daß. 
der Staat in Ausübung der öffentlichen Gewalt sich einem Gewaltunterworfenen gegenüber 
vertraglich bindet. Wenn er sich in weitem Umfang an Verfügungen, durch die er einseitig 
öffentliche Rechtsverhältnisse ordnet, den Untertanen gegenüber bindet (unten § 22 II)), so ist 
nicht einzusehen, warum er sich nicht auch durch Vertragswillenserklärungen diesen gegenüber 
binden könnte (richtig Fleiner 190; s. auch v. Stengel, Wörterb. 1) 2, 7022). Ob er es aber im 
geltenden Rechte tut, ist eine andere Frage. Die Regelung eines öffentlichen Rechtsverhältnisses im 
Wege des Vertrages beschränkt, da durch ihn dieses Verhältnis, soweit nichts anderes ausgemacht 
oder gesetzlich bestimmt ist, auch für die Zukunft der einseitigen Verfügung entzogen wird, die 
Verwaltungsbehörden in ihrer freien Bewegung und ihrem Ermessen mehr, als es — regelmäßig 
wenigstens — die Regelung durch Verfügung tut; daher wird sie nur da stattfinden dürfen, wo 
sie ausdrücklich durch Gesetz zugelassen ist; denn man kann nicht annehmen, daß die einzelne 
Verwaltungsbehörde auf das ihr im öffentlichen Interesse beigelegte Recht, den einzelnen Fall 
jeweilig nach ihrem Ermessen zu regeln, von sich aus beliebig verzichten kann. Solche gesetzlichen 
Ermächtigungen begegnen aber wiederholt, und zwar hat der Gesetzgeber sie gewöhnlich erteilt, 
um eine Modifizierung bestehender öffentlicher Rechte und Pflichten im einzelnen Falle frei- 
zugeben (Pr. G. v. 28. 7. 1892 § 6, Vereinbarung zwischen dem Kleinbahnunternehmer und 
dem Wegebaupflichtigen über Tragung der Wegebaulast), oder um eine einfachere Erfüllung 
einer öffentlichen Pflicht zu ermöglichen, deren Erfüllung nach strikten gesetzlichen Vorschriften 
auf große tatsächliche Schwierigkeiten stoßen kann (Verträge mit den Steuerpflichtigen über die 
Höhe ihrer Leistungen: Pr. Komm AbgG. 8§ 132, 43, 471, 53 3, 682; G. v. 18. 8. 1902 KF 4). 
Ebenso Fleiner 191, anders über diese Fälle Kormann 38, O. Mayer 1, 426. Allerdings muß 
man sehr vorsichtig sein mit der Annahme eines öffentlichrechtlichen Vertrages und darf ihn 
nicht schon überall dort finden wollen, wo eine Zustimmung des beteiligten Privaten zur Be- 
gründung oder Veränderung öffentlicher Rechtsverhältnisse erforderlich ist. Vielfach ist es auch. 
hier lediglich eine einseitige Verfügung, die das öffentliche Rechtsverhältnis begründet oder ver- 
ändert, nur ist die Gültigkeit dieser Verfügung bedingt durch einen auf sie gerichteten Antrag 
des Beteiligten; so z. B. bei den Konzessionserteilungen und bei der Stundung von Steuern 
und Gerichtskosten (Pr. LGV. § 109), aber auch bei der Naturalisation und Beamtenernennung: 
die Staatsangehörigkeit wird erworben durch „Verleihung", die Beamtenqualität durch „Er- 
nennung“ seitens des Staates, also durch einseitigen Akt der öffentlichen Gewalt. Daß ein 
solcher es ist, der das öffentliche Rechtsverhältnis begründet, tritt besonders bei der Beamten- 
anstellung zutage. Das Erfordernis einer Zustimmung des Anzustellenden besteht nur für die 
Berufsbeamten. Als Ehrenbeamte, deren Dienststellung rechtlich dieselbe ist wie die der Berufs- 
beamten, können Staatsangehörige in weitem Umfange auch wider ihren Willen angestellt werden; 
die Anstellung eines Widersprechenden kann aber nur durch einseitigen Staatsakt erfolgen. 
Die wichtigste der vorgenannten drei Gruppen von Verwaltungsakten konkreter Natur 
sind die Verfügungen. Auf diese allein wird denn auch hier weiter eingegangen werden (unten 
§ 22). Uber die öffentlichen Verträge braucht nicht weiter gehandelt zu werden, da sie sich von 
den privatrechtlichen nicht ihrer rechtlichen Struktur, sondern nur ihrem Gegenstande nach unter- 
scheiden. Über das Institut der öffentlichen Rechtshandlung aber läßt sich zusammenfassend nichts 
weiter sagen, weil allgemeine Bestimmungen über diesen Verwaltungsakt überhaupt fehlen 
und auch die Theorie sich bislang zu wenig mit ihm beschäftigt hat, um allgemeine Grundsätze 
über ihn zu entwickeln (am eingehendsten über die Rechtshandlungen bisher Kormann). Nur.
	        
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