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mitteln (Ersatzvornahme und Exekutivstrafe) ausdrücklich ermächtigt. In Elsaß-Lothringen fehlt
es Überhaupt an gesetzlichen Ermächtigungen, und es ist daher hier die Androhung von Exekutiv-
strafen ausgeschlossen.
1. Die Ersatzvornahme ist die Ausführung des Inhaltes des Befehles durch die
Behörde selbst oder einen von ihr beauftragten Dritten an Stelle des sich weigernden Pflichtigen.
Sie kann nur stattfinden, wenn von dem Pflichtigen eine Handlung verlangt ist — nicht zur
Erzwingung von Unterlassungen —, und auch nur, wenn die verlangte Handlung ebensogut
wie vom Pflichtigen von einem Dritten ausgeführt werden kann (Entfernung polizeiwidriger
Bauten, Reinigung des Bürgersteiges), nicht also zur Erzwingung höchst persönlicher Handlungen
(Leistung einer Unterschrift, Abgabe einer Erklärung). Die durch die Ersatzuornahme entstandenen
Kosten hat der Pflichtige dem Staate zu ersetzen, der sie eventuell zwangsweise von ihm eintreibt
(vorige S. a. E.). Der Anwendung des Zwangsmittels hat regelmäßig eine Androhung
desselben (Pr. schriftliche) voranzugehen; auch ist vorgeschrieben, daß in dieser dem Pflichtigen
noch eine Frist zur Selbstvornahme zu setzen ist.
2. Die Exekutiv- oder Ungehorsamsstrafe ist ein indirektes Zwangsmittel:
durch Androhung eventueller Zufügung von Rechtsnachteilen (Geldbußen, Haft) soll der
Betroffene bewegt werden, befehlsgemäß Handlungen vorzunehmen oder zu unterlassen.
Die Höhe der Exekutivstrafe, die bei fortdauerndem Ungehorsame eintreten soll, ist von
der sie anwendenden Verwaltungsbehörde bis zum gesetzlich fixierten Höchstbetrage (in
Sachsen ist auch dieser nicht einmal gesetzlich festgelegt; im übrigen ist er gewöhnlich ab-
gestuft nach dem Range der Behörde) in jedem einzelnen Falle unter Berücksichtigung der
Stärke des geleisteten Widerstandes besonders zu bestimmen. Im Gegensatze zu der in all-
gemeinen Normen angedrohten Kriminalstrafe wird die Exekutivstrafe also stets durch Indi-
vidualverfügung bestimmt und angedroht. Die Exekutivstrafe ist eine wirkliche Strafe,
wenn man unter einer solchen die obrigkeitliche Zufügung eines Übels wegen eines ge= oder
verbotswidrigen Verhaltens versteht. Im übrigen hat sie aber nichts mit der Kriminalstrafe
zu tun. Sie will nicht wie diese strafen, weil gefehlt ist, sondern damit nicht noch weiterhin
gefehlt wird. Sie ist lediglich gerichtet auf die Verwirklichung des Staatswillens, ist also
Zwangsmittel; daher kann sie nicht mehr verfügt werden, wenn die geschuldete Leistung un-
möglich geworden ist (Pr. OVG. E. 2 S. 382, 387, 413, 7, 344; Bad. VGH. bei Reger, Entsch.
d. Ger. u. VerwBeh., Erg. 2, 170; anders vereinzelt das württ. Recht, in dem die Exekutivstrafe
sich überhaupt sehr der Polizeistrafe nähert). Sie ist materiell Verwaltungsmaßregel, nicht Straf-
rechtspflege; daher finden weder die allgemeinen Bestimmungen des RSt G. noch des Straf-
prozeßrechtes auf sie Anwendung: Die Landesgesetzgebungen sind in ihrer Ordnung der Exekutiv-
strafen nicht durch § 5 Einf G. z. RStr#B. beschränkt. Die Umwandlung einer als Exekutivstrafe
verhängten Geldstrafe ist, da § 28 RStrG#. nicht Platz greift, nur auf Grund ausdrüccklicher
gesetzlicher Bestimmung zulässig (nur die württemb. Praxis erkennt diesen Satz nicht an). Es
gilt nicht der Grundsatz „ne bis in idem“. Die Exekutivstrafe kann wegen des nämlichen Un-
gehorsams, wenn er trotz ihrer Verhängung fortdauert, beliebig wiederholt werden, bis der
Ungehorsam gebrochen oder die Erfüllung des Befehls unmöglich geworden ist. Gerade in der
Möglichkeit, daß sie wiederholt und gesteigert werden kann, liegt die zwingende Wirkung der
Exekutivstrafe. Ist sonach aber die Exekutivstrafe ganz etwas anderes als die Kriminalstrafe
und verfolgt sie besonders andere Zwecke als diese, so kann sie gegebenenfalls auch neben dieser
Platz greifen, d. h. die Verwaltungsbehörde kann, sofern ihr das Gesetz dies nicht ausdrücklich
verbietet (so Bay. Pol Str#G. Art. 21), auch zwecks Erzwingung von Handlungen und Unter-
lassungen, die bereits in einer allgemeinen Norm (Strafgesetz, Polizeiverordnung) mit Strafe
bedroht sind, Exekutivstrafen verhängen (ebenso Neukamp, Isaac, Fleiner u. bes. Hofacker;
anders die herrschende Lehre in der Theorie und die Rechtsprechung der obersten Verwaltungs-
gerichte [Verworch. 14 S. 467—84], insbes. des Pr. OVG., dem sich jedoch neuestens (Entsch.
52, 310] auch Bedenken gegen seine bisherige Praxis erhoben haben). Die Verhängung der
Exekutivstrafe erfolgt in besonderem Verfahren. Dieses beginnt mit der Androhung der Strafe,
für die manchmal (Pr. LVG. F 132; Hess. Kr O. Art. 80, St O. 50) Schriftform vorgeschrieben
ist, und der, wenn eine Handlung erzwungen werden soll, eine Frist beizufügen ist, innerhalb
welcher die Vornahme dieser erwartet wird. Wird nach der Androhung dem Verbote noch