Gewerberecht. 327
letzteren: die Molkereigenossenschaft. Hinsichtlich der vielumstrittenen Gärtnerei gilt, daß die
bloße Gewinnung gärtnerischer Erzeugnisse der freien Natur nicht zum Gewerbe gehört, wohl
aber dagegen die Zucht und der Verkauf angekaufter Pflanzen Treibhausgärtnerei, Blumen-
binderei, Herstellung und Unterhaltung fremder Gärten und Gräber — also die sog. Kunst-
und Handelsgärtnerei.
Im übrigen erstreckt sich aber die gewerbliche Tätigkeit nicht nur auf die weitere Ver-
arbeitung von Naturerzeugnissen, sondern umfaßt auch den Güterumsatz, den Handel, jedoch
nicht im Sinne der spezialgesetzlichen Regelung des HGB., sondern im rein volkswirtschaftlichen
Sinne. In mancher Hinsicht, so bezüglich der Handlungsgehilfen und Lehrlinge, schließt aller-
dings das HG#B. als das speziellere Gesetz die Gültigkeit des Abschnittes der GewO.: Verhält-
nisse der Gesellen und Gehilfen, schlechthin aus und deshalb gehört diese Spezialmaterie eben-
sowenig zu der hier gegebenen Darstellung, wie anderseits die Rechtsnormen, die zwar auch den
gewerblichen Arbeitsvertrag, zugleich aber auch die anderen Arbeitsverträge betreffen, also
die Normen des BG., der RVO. u. a. m. Endlich sollen diejenigen Arbeitsvertragsbestimmungen
ausgeschaltet werden, welche vielfach zerstreut in Spezialgesetzen sich finden, ohne eine all-
gemeinere Bedeutung zu beanspruchen.
II. Die Gewerbefreiheit und ihre Beschränkungen.
§ 5. Die Möglichkeit, sich durch regelmäßige gewerbliche Betätigung den Unterhalt zu
verschaffen, war früher vielfach beschränkt, namentlich durch die Zunftverfassung des Mittel-
alters. Es bestand unter anderen ein Unterschied zwischen Stadt und Land; die einen
Gewerbetreibenden durften nur in der Stadt, andere gleicher Art nur auf dem Lande
tätig sein, so besonders im Baugewerbe. Die Lohnarbeit im Hause durch die sog. Störer
und Bönhasen wurde von den Werkstattmeistern bekämpft. Der gleichzeitige Betrieb mehrerer
Gewerbe, sei es in Werk= oder Verkaufsstätten, war untersagt. Die Handwerker waren auf
den Verkauf selbstverfertigter Waren beschränkt. Zünfte und kaufmännische Korporationen
hatten ein Recht, Nichtangehörige vom Betrieb des Gewerbes auszuschließen. Gleichartige
Berechtigungen standen für einen bestimmten Bezirk einzelnen Gewerbetreibenden zu als
pvausschließliche Gewerbeberechtigungen". Oft war mit diesen das Recht
verbunden, daß die Bezirkseingesessenen vom Gewerbeberechtigten ihren Bedarf entnehmen
oder bei ihm arbeiten lassen mußten, „Zwangs- und Bannrechte“. Beschränkungen
letzterer Art sind jetzt bis auf die Abdeckereiberechtigungen aufgehoben.
Andere Rechte, welche die gewerbliche Tätigkeit beschränken, sind von Gesetzes wegen
ablösbar. Die näheren Bestimmungen über die Ablösung, insbesondere über die Entschädigungs-
pflicht und -summe, sowie das Verfahren trifft die Landesgesetzgebung, und für Streitigkeiten,
ob eine Berechtigung zu den ablösbaren oder aufgehobenen gehört, steht grundsätzlich der Zivil-
rechtsweg offen. Der Beseitigung oder Ablösbarkeitserklärung von ausschließlichen Gewerbe-
berechtigungen oder Zwangs= und Bannrechten entspricht das Verbot der Neubegründung,
das auch für die Realgewerbeberechtigungen gilt, worunter man sowohl das
in einem bestimmten Grundstück wurzelnde, als auch das ohne solche Verbindung mit einem
dinglichen Charakter ausgestattete Gewerberecht zu verstehen hat. Von den fortbestehenden
Realgewerberechten haben heute nur noch die Gasthofs- und Schankgerechtigkeiten größere
Bedeutung dadurch, daß dem Realberechtigten gegenüber eine Prüfung der Bedürfnisfrage
nicht Platz greifen kann. Ob und in welchem Maße die übertragung solcher Rechte statthaben
kann, bestimmt das Landesrecht.
Entgegen diesen weitgehenden Beschränkungen, die in Hörigkeit und Zunftzwang wurzelten,
ist heute die gewerbliche Tätigkeit grundsätzlich freigegeben (5 1 GewO.), es besteht Gewerbe-
freiheit, die man als ein Persönlichkeitsrecht aufzufassen hat, das in dem Moment zur Ent-
stehung kommt, in welchem jemand erlaubterweise gewerbliche Tätigkeit beginnt. Es besteht
Gewerbefreiheit für physische wie juristische Personen; nur für juristische Personen des Aus-
landes ist landesgesetzliche Regelung vorbehalten. Selbst konzessionspflichtige Gewerbe, bei
denen „persönliche Eigenschaften“ zu prüfen sind, können von juristischen Personen betrieben