Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

Gewerberecht. 337 
Stelle bei Volksfesten, Jahrmärkten, Truppenmanövern und dergleichen kann ortspolizeilich ge- 
stattet werden. Weitere Ausnahmen ist nur die Landesregierung zu bestimmen befugt. Der Aus- 
schank geistiger Getränke durch einen konzessionierten Gast= und Schankwirt zum Genuß auf der 
Stelle ist frei. Übrigens kann die höhere Verwaltungsbehörde nach Anhörung der Gemeinde- 
behörde oder Beschluß der Gemeindebehörde mit Genehmigung der höheren Verwaltungs- 
behörde bestimmen, daß die Personen, die im ambulanten Betrieb Waren feilbieten, Waren 
bei anderen Personen als Kaufleute oder Produzenten zum Wiedewerkauf ankaufen, Waren- 
bestellungen bei Privaten aufsuchen oder nicht landesgebräuchliche Leistungen gewerblicher 
Art anbieten, einer Erlaubnis bedürfen, die rechtlich analog dem Wandergewerbeschein be- 
handelt ist. Solche Erlaubnispflichtigkeit kann indessen nicht begründet werden für land= und 
forstwirtschaftliche Rohprodukte und Gegenstände des Wochenmarktverkehrs, sowie für Druck- 
schriften, die von Haus zu Haus feilgeboten werden, endlich für Waren, welche nicht als Probe 
oder Muster, sondern wegen des hohen Wertes als Verkanfsobjekt im Wandergewerbe mit- 
geführt werden dürfen. 
Beschränkungen weiteren Umfanges hinsichtlich der Sachen, an denen das Gewerbe be- 
trieben wird, bestehen für den Betrieb im Umherziehen. Essind in § 56 Abs. 2 GewO. 
eine Reihe von Waren aufgezählt, die vom Ankauf oder Feilbieten im Umherziehen schlechthin 
ausgeschlossen sind. Weiter sind vom Feilbieten und Aufsuchen von Bestellungen im Umherziehen 
sittenverderbliche Druckschriften ausgeschlossen, ferner solche, die mittels Zusicherung von 
Prämien oder Gewinnen vertrieben werden oder in Lieferungen erscheinen, ohne daß der Gesamt- 
preis auf jeder einzelnen Lieferung an einer in die Augen fallenden Stelle bestimmt verzeichnet 
ist; wer aber Druckschriften vertreibt, hat ein behördlich genehmigtes Verzeichnis derselben mit- 
zuführen. Wie hinsichtlich einzelner Sachen, so besteht auch hinsichtlich gewisser Leistungen 
das Verbot der wandergewerblichen Betriebsform, so für die Ausübung der Heilkunde Nicht- 
approbierter, das Aufsuchen sowie die Vermittlung von Darlehnsgeschäften und von Rückkaufs- 
geschäften ohne vorgängige Bestellungen, das Aufsuchen von Bestellungen auf Staats- und 
sonstige Wertpapiere, Lotterielose und Bezugs- und Anteilscheine auf Wertpapiere und Lotterie- 
lose; endlich nach Anordnung der Landesregierung das Deckenlassen von Zuchthengsten. 
Wer Wandergewerbe dergestalt treibt, daß er Waren feilbietet, gewerbliche Leistungen 
anbietet und Musikaufführungen, Schaustellungen, theatralische Vorstellungen oder sonstige 
Lustbarkeiten ohne höheres Interesse der Kunst oder Wissenschaft darbietet, bedarf eines Wander- 
gewerbescheins. Reichsgesetzlich (5 59 GO.) bestehen für selbstgewonnene Rohprodukte, selbstver- 
fertigte Waren innerhalb eines Umkreises bis 15km, landesbräuchlich zu Wasser angefahrene eigene 
Erzeugnisse oder Waren und die bei Festen und Truppenzusammenziehung oder außergewöhn- 
licher Gelegenheit ortspolizeilich bestimmte Waren Ausnahmen; letztere kann das Landesrecht 
erweitern. Der Schein für Musikdarbietungen ist außerdem bei befriedigtem Bedürfnis zu 
versagen. Daneben bestehen instruktionelle und fakultative Versagungsgründe (§s 57 a und 
57b GewO.). Der Schein wird für die Person, bei Vereinigung von Gewerbetreibenden (Musik- 
kapellen, Theatergesellschaften usw.) kollektiv immer auf ein Jahr erteilt. 
Besonders, nämlich als eine Unterart des stehenden Gewerbebetriebs ist behandelt das 
Aufkaufen von Waren und das Aufsuchen von Warenbestellungen von Gewerbetreibenden oder 
ein stehendes Gewerbe betreibenden Handelsagenten bei Kaufleuten, Produzenten oder in 
offenen Verkaufsstellen (§ 44 GewO.). Die aufgekauften Waren dürfen nur zur Beförderung 
nach dem Bestimmungsort mitgeführt werden; von den zur Bestellung aufgesuchten Waren 
dürfen nur Proben und Muster mitgeführt werden. Auch darf das Aufsuchen der Bestellungen 
nicht bei Privaten gemäß § 44 Abs. 3 der GewO. erfolgen. Ausnahmen kann der Bundesrat 
bestimmen. Die ganze Art der Ausübung erscheint äußerlich als Wandergewerbebetrieb, doch 
ist nur eine Legitimationskarte erforderlich, hinsichtlich deren die gleichen Versagungsgründe 
wie beim Wandergewerbeschein gelten. Einer solchen Legitimationskarte bedürfen aber die- 
jenigen Gewerbetreibenden nicht, welche durch die in den Zollvereins= oder Handelsverträgen 
vorgesehene Gewerbelegitimationskarte bereits legitimiert sind. Praktisch besteht der wichtigste 
Unterschied zwischen Gewerbelegitimations- und der Legitimationskarte darin, daß erstere zum 
Betrieb außerhalb des Reichs im Gebiet des Zollvereins und in solchen Staaten berechtigt, 
Enzyklopädie der Rechtswissenschaft. 7. der Neubearb. 2. Aufl. Band IV. 22
	        
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