Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

354 Flesch und Hiller. 
7. Wenn sie Familienangehörige des Arbeitgebers oder seiner Vertreter oder Mitarbeiter 
zu Handlungen verleiten oder zu verleiten suchen oder mit Familienangehörigen des Arbeitgebers 
woin gieiner Vertreter Handlungen begehen, welche wider die Gesetze oder die guten Sitten ver- 
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8. Wenn sie zur Fortsetzung der Arbeit unfähig oder mit einer abschreckenden Krankheit 
behaftet sind. 
In den unter Ziffer 1—7 gedachten Fällen ist die Entlassung nicht mehr zulässig, wenn die 
zugrunde liegenden Tatsachen dem Arbeitgeber länger als eine Woche bekannt sind. 
Aus anderen als obigen Gründen kann, von besonderen Vereinbarungen abgesehen, der 
Arbeitgeber nicht zur sofortigen Entlassung schreiten. Insbesondere nicht anläßlich der Verlegung 
oder Schließung seines Betriebes oder bei Betriebsstörungen oder bei Arbeiterverfehlungen gegen 
ihre Mitarbeiter usw. Anders verhält es sich, wenn der Arbeitsvertrag mindestens auf 4 Wochen 
oder wenn eine längere als 14 tägige Kündigungsfrist vereinbart ist. In diesem Falle ist das 
Vorliegen eines „wichtigen Grundes“ zur sofortigen Auflösung des Dienstverhältnisses aus- 
reichend. Für die Lehrlinge gelten die gleichen Entlassungsgründe, wozu noch wiederholte 
Verletzungen der Folgsamkeit, der Treue, des Fleißes und anständigen Betragens sowie Ver- 
nachlässigungen des Besuchs der Fortbildungs- oder Fachschule hinzukommen. 
Nicht berührt durch diese Bestimmungen ist die Anfechtung des abgeschlossenen Arbeits- 
vertrages wegen Irrtums über wesentliche Eigenschaften oder Betrugs. 
Entsprechendes wie für die Entlassung gilt im allgemeinen für die Austrittsgründe. Auch 
hier ist der in § 124 der GewO. aufgeführte Katalog erschöpfend. Gesellen und Gehilfen 
können nämlich vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Aufkündigung die Arbeit 
verlassen: 
1. Wenn sie zur Fortsetzung der Arbeit unfähig werden. 
2. Wenn der Arbeitgeber oder seine Vertreter sich Tätlichkeiten oder grobe Beleidigungen 
gegen die Arbeiter oder gegen ihre Familienangehörigen zuschulden kommen lassen. 
3. Wenn der Arbeitgeber oder seine Vertreter oder Familienangehörige derselben die Arbeiter 
oder deren Familienangehörige zu Handlungen verleiten oder zu verleiten versuchen oder mit 
den Familienangehörigen der Arbeiter Handlungen begehen, welche wider die Gesetze oder die 
guten Sitten laufen. 
4. Wenn der Arbeitgeber den Arbeitern den schuldigen Lohn nicht in der bedungenen Weise 
auszahlt, bei Stückzahl nicht für ihre ausreichende Beschäftigung sorgt, oder wenn er sich wider- 
rechtlicher Ubervorteilungen gegen sie schuldig macht. 
5. Wenn bei Fortsetzung der Arbeit das Leben oder die Gesundheit der Arbeiter einer 
erweislichen Gefahr ausgesetzt sein würde, welche bei Eingehung des Arbeitsvertrages nicht zu 
erkennen war. 
In den unter Ziff. 2 gedachten Fällen ist der Austritt aus der Arbeit nicht mehr zulässig, 
wenn die zugrunde liegenden Tatsachen dem Arbeiter länger als eine Woche bekannt sind. 
Andere Austrittsgründe zur sofortigen Auflösung des Arbeitsvertrags sind vom 
Gesetz nicht anerkannt. Es ist also z. B. die Möglichkeit der Erlangung einer günstigeren Stelle, 
bei Arbeiterinnen die Verheiratung und ähnliches kein Grund, der sie berechtigt, vor Ablauf 
der Kündigungsfrist abzugehen. Dagegen ist auch hier bei Arbeitsverhältnissen, die auf mindestens 
4 Wochen abgeschlossen sind, oder wenn eine längere als 14 tägige Kündigungsfrist vereinbart 
ist, das Vorliegen eines „wichtigen Grundes“ ausreichend. Die Lehrlinge können austreten, 
wenn einer der unter Ziff. 1, 3—5 vorgesehenen Fälle vorliegt, ferner, wenn der Lehrherr 
seine gesetzlichen Verpflichtungen gegen den Lehrling in einer die Gesundheit, die Sittlichkeit 
oder die Ausbildung des Lehrlings gefährdenden Weise vernachlässigt oder das Recht der väter- 
lichen Zucht mißbraucht oder zur Erfüllung der ihm vertragsmäßig obliegenden Verpflichtungen 
unfähig wird. 
Der Lehrwertrag wird durch den Tod des Lehrlings aufgehoben; durch den Tod des Lehr- 
herrn gilt der Lehrvertrag als aufgehoben, sofern die Aufhebung binnen 4 Wochen geltend 
gemacht wird. 
Abgesehen von diesen Austrittsgründen kann das Lehrverhältnis während der Probezeit, 
die 4 Wochen beträgt, und bis auf 3 Monate vereinbart werden kann, durch einseitigen Rücktritt 
gelöst werden; später aber dadurch, daß von dem gesetzlichen Vertreter des Lehrlings oder 
volljährigen Lehrling selbst dem Lehrherrn die schriftliche Erklärung abgegeben wird, daß der 
Lehrling zu einem anderen Gewerbe oder Beruf übergehen werde. Er darf dann binnen
	        
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