§ 1. Einleitung. Begriff des Verkehrsrechts.
1. Literaturübersicht: van der Borght, Das Verkehrswesen, 1912. — Cohn, Zur
Politik des deutschen Finanz-, Verkehrs- und Verwaltungswesens, 1905. — Cohn, Zur Ge-
schichte und Politik des Verkehrswesens, 1900. — Cohn, Nationalökonomie des Handels= und
Verkehrswesens, 1898. — Fleischmann-v. Stengel, Woörterbuch des Deutschen
Staats= und Verwaltungsrechts, 1911 (Bd. 1). — Grotefend, Gesetzsammlung. — Grotefend-
Cretschmar Gesetzgebungsmaterial. — Hue de Grais, Handbuch der Verfassung und Ver-
waltung, 19121. — Huber, Verkehrsmittel und Verkehrswege, Handwörterbuch der Staats-
wissenschaften, 1911 (Bd. 8). — Huber, Transport, Handwörterbuch der Staatswissenschaften,
1911 (Bd. 7). — Jahrbuch für den internationalen Rechtsverkehr (JBI 1912/13). — Laband,
Staatsrecht des Deutschen Reiches, 1901 (3. Bd.) — Carl Lehmann,, Lehrbuch des Handels-
rechts, 19123. — Meyer-Dochow, Lehrbuch des Deutschen Verwaltungerechts, 1910.
2. Die Staatsverwaltung hat im wesentlichen eine zweifache Aufgabe. Sie soll einmal
die vorhandenen Werte, d. h. namentlich die Person und das Eigentum schützen, sie soll ferner
die geistigen und wirtschaftlichen Bestrebungen der Staatsbürger fördern, welche die Er-
höhung dieser Werte verfolgen. Der ersten Aufgabe dient der Staat durch Einrichtung einer
geordneten Rechtspflege und Polizei. Den geistigen — kulturellen — Interessen wird er durch
Pflege des Kultus — Kirche —, des Unterrichts — Schule —, der Kunst und Wissenschaft —
Akademien, Universitäten — gerecht. Die wirtschaftlichen — materiellen — Interessen fördert
er durch seinen Einfluß auf Landwirtschaft und Forstwirtschaft, auf Bergbau und Industrie,
auf Gewerbe, Handel und Verkehr. Im Gegensatz zu jener schützenden — konservierenden —
Tätigkeit des Staates faßt man diese mehr fördernden, anregenden Bestrebungen der Staats-
verwaltung wohl unter den Gesichtspunkten der Kulturpflege und der Wirtschaftspflege zu-
sammen; doch sind die Abgrenzungen ziemlich flüssig.
3. Ein Teilgebiet der Wirtschaftspflege, der Förderung jener menschlichen Be-
strebungen, die auf die Gütererzeugung und, was ihr nahe verwandt ist, den Güterumsatz
gerichtet sind, ist die Pflege des Verkehrs.
Unter dem Worte Verkehr versteht man Verschiedenes, so z. B. die Gesamtheit der Be-
ziehungen der Menschen zueinander, also was man auch mit Vergesellschaftung bezeichnet.
Dann denkt man dabei an den „wirtschaftlichen Verkehr“, den Austausch wirtschaftlicher Güter
und Leistungen, also an Handelsverkehr, Markt-, Börsen-, Geld-, Kreditverkehr. In einem
engeren Sinne aber begreift man unter dem Worte die Einrichtungen, welche jenen „wirt-
schaftlichen“ Verkehr erst ermöglichen, jene Tätigkeit, die darauf gerichtet ist, die räumlichen
Entfernungen, die sich bei allen Gelegenheiten im wirtschaftlichen Leben hindernd in den Weg
stellen, zu überwinden.
4. Um diese Aufgabe zu erfüllen, hat der Menschengeist eine ganze Reihe von Mitteln
ersonnen, die zur Beförderung von Menschen, Gütern und Nachrichten dienen sollen. Sie
bilden zusammen das Verkehrswesen, d. h. die Gesamtheit der Veranstaltungen, welche die
Überwindung räumlicher Entfernungen bezwecken.
5. Unter Recht des deutschen Verkehrswesens (Verkehrsrecht) wird man daher im folgenden
die Gesamtheit aller derjenigen Vorschriften verstehen dürfen, welche die Beförderung von Per-
sonen, Gütern und Nachrichten und die Herrichtung, den Betrieb und die Unterhaltung der
verschiedenen Verkehrsmöglichkeiten in Deutschland regeln.
Diese Vorschriften gehören aber ihrerseits den verschiedensten Rechtsgebieten an. Sie
stammen aus dem Staatsrecht, dem Völkerrecht, Strafrecht, bürgerlichen Recht, Handelsrecht.
Wenn sie nun hier in einer Enzyklopädie unter dem besonderen Gesichtspunkte des Begriffes
„Verkehrsrecht“ zusammengefaßt werden, so läßt es sich nicht vermeiden, daß an einzelnen