Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

370 Ernst Blume. 
gegenüber solche, „die nach der ihnen ausdrücklich oder stillschweigend von allen rechtlich Be- 
teiligten, d. i. dem Eigentümer, der Wegepolizeibehörde und dem Wegebaupflichtigen gegebenen 
Bestimmung, dem allgemeinen Verkehr dienen“ (Germershausen 13, 4). Dieser all- 
gemeine Verkehr wiederum kann ein weitergehender sein, für ihn gibt es die Land- und 
Heerstraßen des ALR., die Haupt-Landstraßen, Landeschausseen, Provinzialstraßen, oder er kann 
sich auf den nachbarlichen Verkehr verschiedener Ortschaften beschränken, dazu kennt man 
Vizinal-, Kommunikationswege, Neben-Landstraßen, Landwege, Verbindungswege u. ä., oder 
endlich er besteht in dem Verkehr innerhalb von Städten oder Ortschaften, dann spricht man 
von Ortswegen oder Ortsstraßen, Nachbarwegen „Wegen, die überwiegend dem innern Ver- 
kehr der Ortschaft dienen“ uff. 
Dem öffentlichen Verkehr sind nur die öffentlichen Wege und Straßen gewidmet; auf 
sie allein ist daher die Darstellung zu beschränken. Wenn die modernen preußischen Wege- 
ordnungen, so die für die Provinz Sachsen (vom 11. Juli 1891 IG#S. 316], ergänzt durch Gesetz 
vom 8. Juni 1908 ([GS. 157)) und für Westpreußen (vom 27. September 1905 [GS. 3571, 
ergänzt durch Gesetz vom 8. Juni 1908 /GS. 165)) sagen, „öffentliche Wege sind solche, welche 
zu allgemeinem Gebrauche dienen und diesem nicht kraft Privatrechts entzogen werden können“", 
und ähnlich die Wegeordnung für die Provinz Posen (vom 15. Juli 1907 (GS. 243 und 300) 
und 1908 (S. 281) und für Ostpreußen (vom 10. Juli 1911 [GS. 990 bestimmen, „öffentliche 
Wege sind solche, die mit öffentlichrechtlicher Wirksamkeit für den allgemeinen Verkehr be- 
stimmt sind“, so bedeutet diese zweite Definition insofern einen Fortschritt gegenüber der erst- 
genannten, als es gerade auf die Zweckbestimmung ankommt; denn es gibt manche Wege, die 
dem allgemeinen Gebrauche dienen, und die doch nicht öffentliche sind, so z. B. die Bahnhofs- 
zufuhrwege, die einen Teil der Bahnanlage bilden. 
§ 6. Wegepolizei. 
Die Staatsverwaltung bekümmert sich nur um die öffentlichen Wege — soweit sie nicht 
unter dem Gesichtspunkt der Rechtspflege und der Sicherheitspolizei den Eigentumsschutz und 
Personenschutz auch über Privatwege ausübt —, und man nennt ihre Sorge um das Wege- 
wesen die Wegepolizei im weiteren Sinne. 
Diese Sorge des Staates um das Wegewesen umfaßt verschiedene Aufgaben. So 
ist sie einmal darauf gerichtet, daß die Wegebaupflichtigen ihren Pflichten so, wie es das Verkehrs- 
bedürfnis erfordert, der Wegebaulast, Wegepflicht nachkommen, daß die Wege und der Verkehr 
auf ihnen gegen Schädigung und Störung gesichert werden (Wegepolizei im engeren Sinne), 
und daß die Wege dem öffentlichen Gebrauch ungeschmälert erhalten bleiben. Die Aussicht 
über den Verkehr auf den öffentlichen Wegen nennt man Verkehrspolizei, die Sorge für den 
Bau und die Unterhaltung auch wohl Wegebaupolizei. 
§J 7. Wegebau, Straßen= und Baufluchtliniengesetz. 
Für den Wegebau gelten gewisse Sonderbestimmungen. 
Man versteht unter Wegebau im engeren Sinne die Gesamtheit derjenigen Verwaltungs- 
akte und Leistungen, die sich auf die Neuanlage, Verlegung, Verbreiterung oder Herstellung 
in verbesserter Beschaffenheit beziehen, im Gegensatz zur Wegeunterhaltung, deren Aufgabe 
es ist, die durch Gebrauch oder Naturereignisse herbeigeführte Abnutzung oder Beschädigung 
eines Weges zu beseitigen (laufende und außerordentliche Wegeunterhaltung). Wegebau und 
Wegeunterhaltung zusammen bezeichnet man wieder als Wegebau im weiteren Sinne. 
Der Wegebau hat zur Voraussetzung, daß geeignete Grundstücke und Baumaterial zur 
Verfügung stehen; es ist nötig, daß nach einem gewissen Plane gebaut wird, und daß die An- 
legung und Unterhaltung unter Beobachtung gewisser technischer Grundsätze erfolgt. 
Die technischen Grundsätze sind meist in Reglementen oder Regulativen enthalten, die 
für den Bezirk von Provinzen oder Gemeinden gelten, im letzteren Falle von den Kreisaus- 
schüssen aufgestellt werden. Sie sind je nach den baulichen und den Verkehrsverhältnissen ver- 
schieden. Gewisse gleichmäßige Vorschriften gelten für den Bau von Chausseen (Kunststraßen).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.