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Regierungspräsidenten und dazu, bei Kleinbahnen mit Maschinenbetrieb, der betreffenden Eisen-
bahndirektion ausgesprochen wird. Die Betriebseröffnung der erbauten Bahn kann erst nach
einer auf Grund örtlicher Abnahme erfolgenden Genehmigung vor sich gehen.
Der Bau von Kleinbahnen wird durch besondere staatliche Mittel sehr gefördert, die seit
1895 in verschiedenen Gesetzen zur Verfügung gestellt sind.
8. Besonderer Erwähnung bedarf an dieser Stelle noch die Einrichtung der Enteignung.
Sie ist keine spezifisch eisenbahnrechtliche Institution, findet vielmehr gelegentlich Verwendung
bei allen anderen Vorkommnissen, wo das öffentliche Wohl mit dem privaten Eigentum in Wider-
spruch gerät.
à) Ihr häufigstes Anwendungsgebiet aber ist der Eisenbahnbau. Das maßgebende Gesetz
ist für Preußen, das Gesetz über die Enteignung von Grundeigentum vom I1. Juni 1874 (GS. S. 221).
Es zerfällt in sechs Titel und statuiert (Titel 1) die Zulässigkeit der Enteignung nur bei Gründen
des öffentlichen Wohles gegen volle Entschädigung und nur auf Grund königlicher Verordnung.
Ausnahmsweise genügt es, wenn die Zulässigkeit der Enteignung vom Bezirksausschuß aus-
gesprochen wird (§ 3). Das gilt auch für vorübergehende Beschränkung, z. B. zeitweise Benutzung
von Grundstücken (§ 4), sowie für die Gestattung von Handlungen, welche zur Vorbereitung eines.
die Enteignung rechtfertigenden Unternehmens erforderlich sind (§ 5), so namentlich zur Vor-
nahme der oben erwähnten allgemeinen Vorarbeiten. Titel II (§§ 7—14) handelt von der Ent-
schädigung, die vom Unternehmer grundsätzlich in Geld zu gewähren ist (§ 7) und im vollen Wert
des abzutretenden Grundstücks samt enteigneter Zubehörungen und Früchte besteht (§ Z. Be-
sondere Bestimmungen gelten, wenn nur Teile eines Grundstücks in Anspruch genommen werden.
(§s 8 Abs. II, 9). Außer zur Entschädigung ist der Unternehmer zugleich zur Einrichtung und in
gewissem Maße Unterhaltung derjenigen Anlagen an Wegen, Überfahrten, Triften, Einfriedigungen,
Bewässerungs= und Vorflutanstalten usw. verpflichtet, welche für die benachbarten Grundstücke
oder im öffentlichen Interesse zur Sicherung gegen Gefahren und Nachteile notwendig sind (wegen
des Verhältnisses dieser Vorschrift zu der ähnlichen des & 14 des preußischen Eisenbahngesetzes vom
3. November 1838 vgl. Fritsch'’ Handbuch, S. 206, Anm. 55).
b) Das Enteignungsverfahren ist in Titel III (§5 15—43) dahin geordnet, daß zunächst ein
Planfeststellungsver fahren stattzufinden hat, und zwar zuerst eine vorläufige
Feststellung des Planes, aus dem zu ersehen ist, welche Grundstücke zu dem Unternehmen gebraucht
werden. GCofern es sich nicht um Eisenbahnen handelt, wo diese vorläufige Planfeststellung dem.
Minister der öffentlichen Arbeiten auch für den Fall, daß keine Enteignung stattzufinden hat, vor-
behalten ist, ist sie Sache des Regierungspräsidenten (§ 15) (Zust.-Ges. § 150). Auf Grund dieses
vorläufig festgestellten Planes kann es zu einer Einigung zwischen dem Unternehmer und dem
Grundstückseigentümer kommen, und zwar sowohl zum Hwecee der Überlassung des Besitzes als.
auch der sofortigen Abtretung des Eigentums, auch kann dabei schon die Entschädigungsfrage
geregelt werden (§ 16). Kommt es dagegen nicht in diesem Stadium zu einer völligen Einigung,
oder hat der Unternehmer trotzdem das Verlangen zu einer anderweiten Regelung im Wege des
förmlichen Enteignungsverfahrens, so hat er das Recht, das Verfahren behufs endgültiger (förm-
licher) Feststellung des Planes zu beantragen (§§ 18—22). Zu diesem Zwecke muß er dem Re-
gierungspräsidenten für jeden Gemeinde-= oder Gutsbezirk einen Auszug aus dem vorläufig fest-
gestellten Plane vorlegen, nebst Beilagen, welche die zu enteignenden Grundstücke nach ihrer
grundbuchmäßigen, katastermäßigen oder sonst üblichen Bezeichnung und Größe, Namen und-
Wohnort der Eigentümer und die nach §& 14 herzustellenden Anlagen enthalten (5 18). Diese
Pläne mit Beilagen werden vom Regierungspräsidenten ausgelegt unter Bezeichnung der Stelle,
wo Einwendungen dagegen schriftlich oder mündlich zu Protokoll innerhalb bestimmter Frist ein-
gereicht werden können (F5 19). Danach wird nötigenfalls an Ort und Stelle ein Termin ab-
gehalten, in welchem über die Einsprüche verhandelt wird — nicht aber über die Entschädigungs-
frage — (5 20). Das Verhandlungsergebnis legt der Regierungspräsident dem Bezirksausschuß
vor, der daraufhin den Plan unter Entscheidung über die Einsprüche endgültig feststellt (3 21
(Entscheidung über den Gegenstand der Enteignung und die Anlagen, zu deren Errichtung und
Unterhaltung der Unternehmer verpflichtet ist). Gegen diesen Beschluß findet Rekurs an den
Minister der öffentlichen Arbeiten statt (Zust.-Ges. & 150 Abs. III).
Tc) Nachdem auf diesem Wege oder, wie erwähnt, durch gütliche Einigung (§ 16) Klarheit
darüber gewonnen ist, welches Grundstück zur Abtretung an den Unternehmer gelangt, muß die
Frage der Entschädigung geregelt werden. Das kann nun entweder ebenfalls auf gütlichem Wege
erfolgen (§ 16), indem die Festsetzung der Höhe einem Dritten überlassen wird, oder im Wege
des Entschädigungsfeststellungsverfahrens, wie ihn §§ 24—31 vorsehen. Der Unternehmer bat
schriftlich einen Antrag auf Feststellung der Entschädigung beim Regierungspräsidenten zu stellen
(§5 24, wo die weiteren Einzelheiten angegeben sind). Zu entscheiden hat auch hier der Bezirks-
ausschuß. Seine Entscheidung muß eine kommissarische Erörterung unter Zuziehung der Beteiligten
und von Sachverständigen vorbereiten. Bei dieser Erörterung kann eine gütliche Einigung statt-
finden (§ 26), die dann alles weitere erspart. Kommt sie nicht zustande, so setzt der Bezirks-
ausschuß die Höhe der Entschädigung fest (§ 29), aber diese Festsetzung ist keine endgültige, da alle
Beteiligten binnen einer Ausschlußfrist von sechs Monaten ihn dadurch anfechten können, daß sie