Recht des deutschen Verkehrswesens (Verkehrsrecht). 399
Ganz besondere Anforderungen werden von der Landesverteidigung an den Betrieb der
Eisenbahnen gestellt. Grundlage dafür ist der schon erwähnte, auch für Bayern geltende
Artikel 47 der Reichsverfassung. Auf ihn gehen zurück das Gesetz über die Naturalleistungen
für die bewaffnete Macht im Frieden vom 13. Febr. 1875 in der Fassung der Bekanntmachung
des Reichskanzlers vom 24. Mai 1898 (RGBl. 360), sogenanntes Friedensleistungsgesetz, das
in § 15 die Eisenbahnen (nicht auch Kleinbahnen, dazu Kleinbahngesetz § 9) verpflichtet,
die Beförderung der bewaffneten Macht- und des Materials des Landheeres und der Marine
gegen Vergütung eines vom Bundesrate zu erlassenden Tarifes zu bewirken, und in § 18 für
das gesamte Bundesgebiet (außer Bayern) allgemeine Ausführungsbestimmungen des Kaisers,
für Bayern des Königs in Aussicht nimmt. Demgemäß sind ergangen: Bundesratsverordnung
zur Ausführung des Gesetzes über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden
in der Fassung des Gesetzes vom 24. Mai 1898 (Rl. 361), vom 13. Juli 1898 (RGBl. 922).
Sie bestimmt unter Ziffer IV zu § 15, daß der vom Bundesrat zu erlassende allgemeine Tarif
nach seiner jedesmaligen Feststellung im Rl. veröffentlicht wird. Der Militärtarif für Eisen-
bahnen befindet sich in der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 18. Jan. 1899/(RGBl. 108).
Vom gleichen Tage datiert die Kaiserliche Verordnung betreffend die Militärtransportordnung für
Eisenbahnen (Rl. 1899, 15), die Ersatz für die frühere Militärtransportordnung für Eisen-
bahnen im Kriege vom 26. Jan. 1887 (RGl. 9) und der Militärtransportordnung für Eisen-
bahnen im Frieden vom 11. Febr. 1888 (RGBl. 23) ist. Sie zerfällt in 59 Paragraphen und
sechs Abschnitte und behandelt: I. Gegenstand und mitwirkende Behörden; II. Allgemeine
Betriebs= und Verkehrsbestimmungen; III. Vorbereitung der Militärtransporte; IV. Be-
förderung von Personen sowie von Truppen mit Pferden, mit Geschützen, Fahrzeugen und
Belagerungsmaterial; V. Beförderung von Militärgut und Privatgut für die Militärverwaltung;
VI. Berechnung und Zahlung der Vergütungen. Sie (A bildet zusammen mit dem Militär-
tarif (B) die „Militäreisenbahnordnung I. Teil“, im Gegensatz zu der „Militäreisenbahnordnung
II. Teil“, die sich zusammensetzt (C) aus den Bestimmungen betreffend die Ausrüstung und
Einrichtung von Eisenbahnwagen für Militärtransporte vom 18. März 1902, (D) Vorschrift über
die Hergabe von Personal und Material der Eisenbahnverwaltungen an die Militärbehörde
vom 7. Juli 1902, (E) Instruktion betreffend Kriegsbetrieb und Militärbetrieb der Eisenbahnen
vom 7. Juli 1902. (Veröffentlicht vom Reichseisenbahnamt Berlin 1902.)
Ferner ist ein Gesetz über die Kriegsleistungen vom 16. Juni 1873 (REl. 129), das
sogenannte Kriegsleistungsgesetz ergangen, das den Eisenbahnen in § 28 die Verpflichtung auf-
erlegt, Beförderungsmaterial für Mannschaften und Pferde vorrätig zu halten, die Beförderung
der bewaffneten Macht und der Kriegsbedürfnisse (gegen Vergütung) zu bewirken und Personal
und zum Eisenbahnbetriebe nötiges Material herzugeben. Auch zu diesem Gesetze ist eine be-
sondere Ausführungsverordnung ergangen (vom 1. April 1876 RGl. 137).
Schließlich verdienen auch die Bestimmungen der deutschen Wehrordnung vom 22. Juli
1901 (ZBl., Beil. zu Nr. 32) Erwähnung, die in Übereinstimmung mit § 65 des Reichsmilitär-
gesetzes vom 2. Mai 1874 (REBl. 45) Anordnungen wegen der Verwendung der Eisenbahn-
angestellten im Kriege treffen.
II. Verschiedenster Art sind die Beziehungen der Eisenbahnen zu der Zollverwaltung.
Es gibt dafür ein besonderes Eisenbahn-Zollrecht, das im Vereinszollgesetz vom 1. Juli 1869
(BEl. 317) enthalten ist. Danach sind die Eisenbahnen Zollstraßen, die aber im Gegensatz
zu sonstigen Zollstraßen auch außerhalb der Tageszeit überschritten werden dürfen (§§5 17, 21).
Die Effekten der auf den Eisenbahnen eingehenden Passagiere, sowie die auf den Eisenbahnen
ankommenden, sofort unter Wagenverschluß (Raumverschluß § 63) weitergehenden Frachtgüter
sind sowohl bei den Grenzämtern, als bei Amtern im Innern jederzeit, auch an Sonn= und
Feiertagen abzufertigen (§ 133). Das Verfahren im einzelnen war im Eisenbahn-Zollregulativ
vom 5. Juli 1888/18. Juli 1888 (ZBl. 484 /573) geordnet. Es ist jetzt unter anderem dadurch
bedeutend vereinfacht, daß in der seit dem 1. April 1913 gültigen Eisenbahn-Zollordnung vom
23. Dezember 1912 (ZBl. 1913 S. 31) ein großer Teil der früher besonderen Zollbeamten über-
tragenen Obliegenheiten, nämlich alle die, welche nicht besondere zolltechnische Kenntnisse vor-
aussetzen, durch die ohnehin mit der Behandlung der Güter betrauten Beamten der Staats-
bahnen und zum Teil auch anderer auf das Zollinteresse vereidigter Eisenbahnbeamten besorgt