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Ihr Zweck ist auch wemger ein fiskalischer, als der, behufs Einschränkung der Spekulation oder
Abwendung der Goldausfuhr die Erhöhung der Diskontsätze herbeizuführen. Doch würde dieser
Beweggrund für die Erhebung der Abgabe den Steuercharakter nicht ausschließen. Wohl aber
läst sie sich von dem Gesichtspunkt eines Entgeltes für die Ausdehnung der Erlaubnis zur Aus-
gabe von Banknoten über diejenige Grenze hinaus, bis zu der das Reich die Erlaubnis ohne
spezielles Entgelt erteilt hat, also als Gebühr auffassen, allerdings nur, wenn man es nicht als
wesentlich für den Gebührenbegriff ansieht, daß die Abgabe nur dazu dienen soll, die dem Gebühren-
berechtigten für seine gebührenpflichtigen Leistungen erwachsenden Kosten zu decken.
Die Abgaben aus dem K allaksatzgesetz, die im Reichsetat ebenfalls nicht bei den Zöllen
und Steuemn erscheinen, sondem unter den Einnahmen des Reichsamts des Innenn, sind doppelter
Art: einmal 0,6 Mk. für jeden Doppelzentner des Gesamtabsatzes jedes Werksbesitzers, und
sodann für jeden Doppelzentner, um den sein Absatz sein (Einzel-WKontingent, d. i. die Absatz-
menge, die ihm bei der Verteilung der Gesamtmenge des auf die Kaliwerksbesitzer für das
Kalenderjahr entfallenden Absatzes (Gesamtkontingent) zugewiesen ist, überschreitet, je nach der
Art der Kalisalze 10 bis 18 Mk. Die Einkünfte aus der ersten Abgabe, von dem gesamten
Absatz, sind zur Deckung der dem Reiche aus der Ausführung des Kaligesetzes entstehenden Kosten.
und zur Hebung des Kaliabsatzes zu verwenden und erscheinen daher im Reichsetat mit demselben
Betrage in Einnahme und Ausgabe. Sie tragen also insofern die Merkmale der von uns als
„Beiträge“ bezeichneten Unterart der Gebühren im weitern Sinne an sich (vgl. oben §& 1), nicht
aber insofern, als sie sich in ihrer Höhe nicht nach den mit ihnen zu bestreitenden Aufwendungen,
sonderm umgekehrt diese nach dem Aufkommen der Abgabe richten, wenigstens soweit letzteres die
Kosten der Ausführung des Kaligesetzes übersteigt. Hingegen ist die Abgabe für Überschreitung
des Kontingents, deren Verwendungszweck nicht festgestellt ist, ganz ähnlich zu beurteilen wie die
Notensteuer. Ihr Zweck ist, die Kontingentsüberschreitungen zu verhindern oder einzuschränken,
was indes der Auffassung der Abgabe als einer Steuer nicht entgegensteht. Sie läßt sich aber auch
erklären als eine Gebühr für die Erlaubnis, trotz der Entscheidung der vom Reiche eingesetzten
Verteilungsstelle darüber, welcher Teil von der im Interesse der Kalünndustrie zu beschränkenden
Absatzmenge der einzelne Werksbesitzer absetzen darf, diese Absatzgrenze zu überschreiten und
damit unter Umständen den Zweck der Kontingentierung zu beeinträchtigen, mit andern Worten
für die Inanspruchnahme und Gewährung eines ertragsteigernden Sonderrechts.
II. Das Abgabenrecht der Einzelstaaten.
#§# 6. Die Einkommensteuer als Hauptsteuer. Nach einheitlicheren Gesichtspunkten und
folgerichtiger wie das des Reichs sind die Steuersysteme der deutschen Einzelstaaten gestaltet,
wenigstens soweit es sich um die direkten Steuern handelt, auf denen bei ihnen infolge der
überwiegenden Inanspruchnahme der indirekten durch das Reich das Schwergewicht ruht. Die
frühere grundsätzliche Verschiedenheit in der direkten Besteuerung der norddeutschen und der
süddeutschen Staaten — dort Einkommensteuemm, ergänzt durch Ertragssteuerm, hier reine Ertrags-
steuersysteme — hat einer größern Homogenität Platz gemacht. Den Anstoß hierzu hat in
erster Linie die Miquelsche Steuerreform in Preußen gegeben. Hier sind 1895, nachdem u#an
unmittelbar vorher die überaus mangelhafte Personalbesteuerung durch Klassen= und klassi-
fizierte Einkommensteuer, hierin namentlich dem Vorgang Sachsens folgend, durch eine ein-
heitliche, vervollkonummnete Einkommensteuer ½ ersetzt und auch die Gewerbesteuer reformiert
hatte 3, die Ertragssteuern auf Grundbesitz und Gewerbe mit Ausnahme der auf besonderen
Erwägungen beruhenden Wandergewerbesteuer und Eisenbahnabgabe als Staatssteuern völlig
aufgegeben 3 und für den hierdurch entstehenden, anderweitig nicht gedeckten Ausfall für die
Staatskasse Ersatz in einer — nominellen (vgl. unten §7) — Vermögenssteuer unter dem Namen
1 Einkommensteuergesetz vom 24. Juni 1891 (GS. S. 175), jetzt in der Fassung des Gesetzes
vom 19. Juni 1906 (GS. S. 259), in einigen Einzelheiten abgeändert durch Gesetze vom 18. Juni
1907 (a. a. O. S. 139) und 26. Mai 1909 (a. a. O. S. 149).
2 Gewerbesteuergesetz vom 24. Juni 1891 (GS. S. 205).
Fesez, betr. Aufhebung direkter Staatssteuern, vom 14. Juli 1893 (GS. S. 119).