Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

48 G. Struh. 
oder bis zu 3000 Mk. stattfinden, richtet sich zunächst auch für die Ergänzungssteuer nach dem 
Einkommen jedoch ist bei Vermögen über 100 000 Mk. ohne Rücksicht hierauf als letztes Rechts- 
muttel die Beschwerde an das Oberwerwaltungsgericht gegeben. Im übrigen entspricht auch 
das Verfahren in den höheren Instanzen und das sonstige formelle Steuerrecht, die Nach- 
besteuerung und Ermäßigung im Laufe der Veranlagungsperiode im großen und ganzen den 
Grundsätzen bei der Einkommensteuer; doch ist bei der Ergänzungssteuer auch in Preußen Voraus- 
setzung der Ermäßigung Verminderung um ein Viertel. 
Eigenartig ist die Vermögenssteuer in Baden gestaltet. Hier wird der Vermögenssteuer- 
wert der einzelnen Vermögensteile — Liegenschaftsvermögen, gewerbliches und landwirtschaft- 
liches Betriebsvermögen, Kapitalvermögen — je in einem besonderen Veranlagungsverfahren 
ermittelt und in einem Kataster — Grundstücks-, Gebäudekataster, Kataster für Betriebsvermögen 
und Kapitalkataster — vermerkt, hieraus das gesamte Aktivvermögen der Person zusammen- 
gestellt und um die Schulden, aber nur soweit sie die Hälfte des Aktivvermögens nicht über- 
steigen, gekürzt. Der Vermögenssteuerwert ist grundsätzlich der Verkehrswert, aber bei dem 
Liegenschaftsvermögen der bei der Neueinschätzung der Grundstücke und Gebäude nach einem 
besondem, dem Vermögenssteuergesetz vorausgegangenen Gesetz, d. i. bei einer Revision der 
Grund- und Gebäudesteuer, ermittelte, nur aus im Vermögenssteuergesetz bestimmten Gründen 
abänderliche, während Betriebs- und Kapitalvermögen alljährlich neu veranlagt wird. Eigen- 
tümlich ist Baden ferner, daß landwirtschaftliche Betriebskapitalien bis 25 000 Mk. überhaupt 
nicht, solche von 25 000 bis 50 000 Mk. nur mit 60, solche von 50 000 bis 100 000 Mk. nur 
mit 80 Prozent ihres Wertes in Ansatz gebracht werden, gewerbliche über 50 000 Mk. dagegen 
mit mit ihrer Höhe steigenden Zuschlägen, bei Grundstücken aber ebenfalls ein Abschlag von 
25 oder 20 Prozent stattfindet. Den Steuersatz bestimmt das Finanzgesetz. Das formelle Recht 
entspricht demjenigen der Einkommensteuer, insbesondere besteht auch — in demselben beschränkten 
Umfange — eine Steuererklärungspflicht. 
Nicht den Weg der Vermögenssteuer zur Ergänzung der Einkommensteuer haben bisher 
Württemberg und Bayern beschritten, sondern zu diesem Behufe an den Ertrags- 
steuern festgehalten unter Beseitigung derjenigen, die nur Arbeitsertrag trafen, nämlich der 
Lohn-, Besoldungs= oder Dienstertragssteuern, also an der Grund-, Gebäude= (Häuser-), Ge- 
werbe- und Kapitalrentensteuer. Den Maßstab der Grundsteuer bildet die einmalig für 
die Flächeneinheit der einzelnen Parzelle der betreffenden Kulturart und Bodengüte (Bonität) 
ermittelte durchschnittliche Ertragsfähigkeit, aber in Württemberg der Rein-, in Bayern ein 
Rohertrag. Dauernde Kulturveränderungen bedingen wohl dort, nicht aber hier eine Anderung 
der Veranlagung. Die Gebäudesteuer ist in Württemberg eine Steuer nach dem Ver- 
kaufswert, der durch Einschätzung ermittelt wird und bei Substanzveränderungen des einzelnen 
Objekts oder dauernder, mindestens 20 Prozent betragender Wertveränderung aller oder eines 
Teiles der Gebäude in einem Steuerdistrikt zu berichtigen ist. Die bayrische „Haussteuer“ wird 
bemessen nach der Mietsertragsfähigkeit, welche, wo in wirklichen Mieten Anhaltspunkte vor- 
liegen, in dem wirklichen Mietsertrage mit Abzügen für Wasserzins, Abfuhr, Versicherung und 
ähnliches — nicht auch für Reparaturen — („Miethaussteuer"), im übrigen in dem geschätzten 
Mietsertrage gesucht wird; dieser geschätzte Mietsertrag wird durch Verwielfältigung eines Ertrags- 
anschlages von 5 Mk. für das Ar mit der überbauten und Hofraumfläche gefunden („Arealhaus- 
steuer"). Die Veranlagung wird alle 10 Jahre revidiert; in der Zwischenzeit bedingen nur erheb- 
lichere bauliche Anderungen einen Steuerzu- oder--abgang. Der Maßstab der Gewerbesteuer 
(„Steuerkapital") setzt sich in Württeemberg zusammen aus einem mit der Höhe steigenden 
Bruchteil des — vorzugsweise nach Zahl und Gattung der Gehilfen — geschätzten Arbeits- 
verdienstes und dem geschätzten Ertrage des Betriebskapitals (in dem weiteren, das sog. stehende, 
Anlagekapital, soweit es nicht der Grund-- und Gebäudesteuer unterliegt, mit umfassen- 
dem Sinne). Den Schätzungen liegen Fassionen der Steuerpflichtigen zugrunde. Gewerbe- 
treibende mit weniger als 700 Mk. Betriebskapital bleiben steuerfrei. In Bayern besteht die 
Steuer aus einer Betriebskapitalsanlage" nach der Höhe des Betriebskapitals (ebenfalls in dem 
obigen weiteren Sinne sämtlicher dem Betriebe dienenden, nicht grund= und haussteuerpflichtigen 
Gegenstände) und einer „Ertragsanlage“ nach dem im allgemeinen nach den Vorschriften der 
Einkommensteuer ermittelten Reinertrage. Betriebskapitalien unter 4000 und Erträge unter
	        
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