Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

Abgabenrecht. 449 
1500 Mk. bleiben steuerfrei. Die Vorbelastung endlich des mobilen, nicht schon durch eine andere 
Ertragssteuer getroffenen Kapitals erfolgt in beiden Staaten in der Form der Kapital- 
rentensteuer, d. i. einer Steuer nach dem Ertrage des Kapitals, wobei sich die Bestim- 
mungen über Befreiungen usw. und über die Veranlagung an die für die Einkommensteuer an- 
lehnen. Da beide Staaten eine Quotisierung der Steuern haben, so wird durch das jeweilige 
Finanzgesetz die zu erhebende Quote bestimmt. Der Normalsatz beträgt in Bayern für die Grund- 
steuer 4, für die Haussteuer 2 v. H., bei der Gewerbesteuer etwa 0,4 bis 1,5 vom Tausend des 
Betriebskapitals und 0,1 bis O7 v. H. des Ertrages, für die Kapitalrentensteuer 1 bis 2¼ v. H. 
§ 8. Direkte Sondersteuern. Als solche bezeichnen wir im Gegensatz zu den der Be- 
steuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit durch die Einkommensteuer unter Vorbelastung 
des Vermögenseinkommens durch Vermögens= oder Ertragssteuern dienenden Steuern neben 
diesen bestehende, finanziell mehr oder minder unerhebliche direkte Steuern, die auf neben jenem 
allgemeinen Grundsatz der direkten Besteuerung einhergehenden, besonderen Erwägungen be- 
ruhen. Eine weitverbreitete, insbesondere auch in allen größeren Bundesstaaten bestehende 
derartige Steuer, die früher namentlich auf gewerbe= und sicherheitspolizeiliche Erwägungen, 
gegenwärtig in erster Linie auf die gewerbepolitische des Schutzes des seßhaften Kleingewerbes 
gestützt wird, ist diejenige vom Gewerbebetrieb im Umherziehen (Wander- oder 
Hausiergewerbesteuer). Sie pflegt sich an die Wandergewerbescheinpflicht nach der Reichs- 
gewerbeordnung anzuschließen, auch formell insofern, als gegen Entrichtung der Steuer ein mit 
dem Wandergewerbeschein zu verbindender Besteuerungsausweis (Gewerbeschein, Gewerbe- 
steuerschein) ausgestellt wird. Die Steuer ist eine Jahressteuer und richtet sich in ihrer Höhe 
nach Art und äußerem Umfang des Gewerbebetriebes, in Preußen: in der Weise, daß ein 
Normalsatz von 48 Mk. festgesetzt ist, Uüber und unter den in bestimmten Abstufungen hinaus- 
und herabgegangen werden kann. Feiner ausgebildet ist die Steuer in Bayern, wo sie in einer 
nach der Art des Gewerbes verschiedenen „Normalanlage“ und einer meist nach Umfangsmerk- 
malen bemessenen „Betriebsanlage“ besteht. Einer besonder Steuer neben der Wander- 
gewerbesteuer oder, wie in Bayern, einer besonders hohen Wandergewerbesteuer werden die 
Wanderlager, das sind vorübergehende Warenverkäufe außerhalb des Meß= und Markt- 
verkehrs und des Wohnorts und ohne Begründung einer gewerblichen Niederlassung, aber von 
einer festen Verkaufsstätte aus, und die nach der Reichsgewerbeordnung nur noch ausnahms- 
weise für leicht verderbliche Waren zulässigen Wanderauktionen unterworfen. Diese Steuer 
läßt durch ihre Höhe die prohibitive Absicht unverkennbar hervortreten. Während aber die Wander- 
gewerbesteuer auch von denjenigen Staaten, die im übrigen die Ertragssteuern den Gemeinden 
überlassen haben, als Staatssteuer beibehalten ist, fließt die Wandergewerbesteuer, wo sie von 
jener getrennt ist, Gemeinden oder weiteren kommunalen Verbänden zu. 
Des weitern sind hier zu nennen die in Preußen und einigen kleinen Bundesstaaten erhobene 
Eisenbahnabgabe und die noch in einzelnen Bundesstaaten bestehenden Bergwerksabgaben 
Beide Abgabearten tragen insofern einen gebührenähnlichen Charakter, als für ihre Erhebung 
ursprünglich die Erwägung bestimmend oder doch mitbestimmend war, daß durch die staatliche 
Verleihung der Befugnis zur Anlage und zum Betriebe von Eisenbahnen und Bergwerken 
dem Beliehenen ein besonderer Vermögensvorteil zugewendet wird. Nur von diesem Gesichts- 
punkt aus ist es auch zu rechtfertigen, wenn in Preußen, wo im übrigen, abgesehen von der 
Hausiersteuer, die Ertragssteuern als Staatssteuern aufgegeben sind, die Eisenbahnabgabe 
als solche aufrechterhalten ist. Ihrer Form nach#s ist sie, deren finanzielle Bedeutung für den 
Staat übrigens seit dem Übergang zum Staatseisenbahnsystem minimal ist, eine den Eigen- 
tümer des Unternehmens treffende, progressiv gestaffelte Steuer vom Reinertrage; sie beträgt 
nämlich von einem solchen bis zu 4 Prozent des Aktien= oder Anlagekapitals ein Vierzigstel, von 
dem Mehrertrage über 4 bis 5 Prozent, aber nur von diesem, nicht vom Gesamtertrage, ein 
Zwanzigstel, von 5 bis 6 Prozent ein Zehntel und von dem 6 Prozent übersteigenden Ertrage 
zwei Zehntel. Die Bergwerksabgaben sind Feldesabgaben, nach der Größe des 
1 Gesetz vom 3. Juli 1876 (GS. S. 247), abgeändert durch Gesetz vom 23. Dezember 1896 
(GS. S. 273). 
2 Gesetze vom 30. Mai 1853 und 16. März 1867 (GS. S. 449 und 465). 
Enzyklopädie der Rechtswissenschaft. 7. der Neubearb. 2. Aufl. Band IV. 29
	        
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