Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

450 G. Strutz. 
Grubenfeldes, oder solche nach dem Werte der Produktion. Eine solche letzterer Art bestand früher 
auch in Preußen, wurde aber bei der Überlassung der Realsteuern an die Gemeinden unter Unter- 
stellung des Bergbaues unter die Gewerbesteuer aufgehoben. 
Neuesten Datums unter den gewerblichen Sondersteuern sind die Warenhaussteuern, 
wie sie jetzt in Preußen 1, Bayern, Württemberg, Baden, Hessen und kleineren 
Bundesstaaten als Erfolge der sog. Mittelstandsbewegung zur Einführung gelangt sind. In 
der Umgrenzung der steuerpflichtigen Betriebe weichen die Gesetze weit voneinander ab: in 
Preußen ist steuerpflichtig der eine gewisse Umsatzhöhe überschreitende Kleinhandel mit mehr 
als einer von vier im Gesetz unterschiedenen Warengruppen, anderwärts sind es bisweilen Groß- 
betriebe des Kleinhandels überhaupt oder doch nach anderen Merkmalen als der Ausdehnung auf ver- 
schiedene Warengattungen. Dagegen ist der Maßstab der gesetzlichen Warenhaussteuer außer 
in Württemberg überall der Geschäftsumsatz unter beschränkter Mitberücksichtigung des Ertrages, 
in Preußen in der Weise, daß die Steuer, wenn sie 20 Prozent des letztern überschreiten würde, 
auf diesen Betrag, höchstens jedoch auf die Hälfte zu ermäßigen ist. Das Aufkommen der Steuer 
fließt überall den Gemeinden oder weiteren Kommunalverbänden zu, und in einigen Staaten, 
nicht in Preußen, liegt ihnen auch die Veranlagung ob. 
Abgesehen von den Warenhaussteuern ist den meisten vorgenannten Sondersteuern eigen- 
tümlich, daß der für die Einkommen-, Vermögens- und Gewerbesteuer bestehende Rechtsschutz 
auf sie nicht ausgedehnt ist, vielmehr die Rechtsmittel— Reklamation, Rekurs usw. —nur an 
die Verwaltungsbehörden — in Preußen Bezirksregierung und Finanzminister — gehen. 
§ Indirekte Steuern. Zur Erhebung indirekter Steuern sind infolge deren überwiegender 
Inanspruchnahme durch das Reich die Einzelstaaten nur noch in sehr engen Grenzen in der Lage. 
In der Hauptsache beschränken sich die indirekten Staatssteuern außer in den außerhalb der 
Brausteuergemeinschaft stehenden Staaten (vgl. oben 8 2) auf meist in der Form von Stempeln 
zu den Urkunden über Rechtsvorgänge oder mit den Gerichtskosten erhobene vom wirtschaftlichen 
Verkehr; nur bei Pacht- und Miete unbeweglicher Sachen ist die Stempelpflicht nach dem 
preußischen Gesetz von der schriftlichen Beurkundung des Vertrages unabhängig. Die Höhe 
des Stempels richtet sich teils — und zwar bei den meisten oder doch fiskalisch wichtigsten Ge- 
schäften — nach dem Werte (Wertstempel), oder doch, wie in Preußen bei den gewerblichen 
Erlaubniserteilungen nach der Veranlagung zur Gewerbesteuer, nach Merkmalen, die einen 
Rückschluß auf die finanzielle Bedeutung des Rechtsvorganges für den Steuerpflichtigen zulassen, 
teils besteht der Stempel in einem oder einigen weniger festen Beträgen (Fixstempel). Die einzelnen 
Arten stempelpflichtiger Geschäfte und die zu entrichtenden Stempelbeträge sind in einem 
dem eigentlichen Gesetz beigefügten und materiellrechtlich einen, sogar den wichtigsten Bestand- 
teil desselben bildenden Tarif aufgeführt. Die stempelfiskalisch wichtigsten sind diejenigen des 
Immobiliarverkehrs (Kauf, Tausch, Pacht, Miete, Fideikommißerrichtung), des Darlehns- 
verkehrs, des Gesellschafts- und des Versicherungsrechts, schriftliche Kaufverträge über beweg- 
liche Sachen, Vollmachten und Erlaubnis- und Ausweiserteilungen. Soweit bei der Aufnahme 
der Urkunde eine staatliche Behörde mitwirkt, tragen die Stempel mehr oder minder einen ge- 
bührenähnlichen oder geradezu Gebührencharakter; insbesondere ist dies nach der Gesetzgebung 
Bayerns, Sachsens und Hessens der Fall, während nach der preußischen der Steuer- 
charakter mehr hervortritt. Die Befreiungen sind teils sachliche, wegen der Art des Rechtsvorganges 
ohne Rücksicht auf die Person der Beteiligten, teils persönliche, ohne Rücksicht auf die Art des 
Geschäfts wegen der Person der Beteiligten gewährte: zu jenen gehören namentlich diejenigen 
bei Gegenständen unter einer gewissen Wertgrenze, in Preußen 150 Mk., in Militär-, Ausein- 
andersetzungs= und Enteignungssachen, zu den persönlichen diejenigen zugunsten des Reichs- 
und Staatsfiskus, des Landesherrn, der Kirchen, Schulen, Wohltätigkeitsanstalten und gemein- 
nützigen Vereinigungen. Soweit es sich um persönliche Befreiungen handelt, treten diese bei 
zweiseitigen Verträgen nur für die befreite Person ein, so daß der andere Vertragsteil die 
Hälfte des Stempels zu entrichten hat. Zahlungspflichtig ist derjenige, der oder auf dessen Ver- 
1 Gesetz vom 18. Juli 1900 (GS. S. 294). 
2 Preußisches Stempelsteuergesetz in der geltenden Fassung tzrm 30. Juni 1909 (GS. S. 535).
	        
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