Soziales Versicherungsrecht. 471
Die Versicherungspflicht erstreckt sich 1 auf
Arbeiter, Gehilfen, Gesellen, Lehrlinge, Dienstboten;
Betriebsbeamte, Werkmeister und andere Angestellte in ähnlich gehobener Stellung,
sämtlich, wenn diese Beschäftigung ihren Hauptberuf bildet;
Handlungsgehilfen und -lehrlinge, Gehilfen und Lehrlinge in Apotheken;
Bühnen= und Orchestermitglieder ohne Rücksicht auf den Kunstwert der Leistungen;
Lehrer und Erzieher;
Hausgewerbtreibende;
die Schiffsbesatzung deutscher Seefahrzeuge, soweit sie weder unter die §§ 59—62
der Seemannsordnung (RGl. 1902 S. 175 und 1904 S. 167) noch unter die §§ 553
bis 553 b des Handelsgesetzbuchs fällt, sowie die Besatzung von Fahrzeugen der Binnen-
schiffahrt.
Vorausgesetzt wird für die unter Nr. 1—5 und Nr. 7 Bezeichneten, mit Ausnahme
der Lehrlinge aller Art, daß sie gegen Entgelt beschäftigt werden, für die unter Nr. 2—5 Be-
zeichneten sowie für Schiffer außerdem, daß nicht ihr regelmäßiger Jahresarbeitsverdienst
2500 Mk. an Entgelt übersteigt (§ 165 Abs. 2).
Besondere Vorschriften gelten für die in der Landwirtschaft, als Dienstboten, unständig
oder im Wandergewerbe Beschäftigten, die Hausgewerbtreibenden und ihre hausgewerblich
Beschäftigten sowie die ohne Entgelt beschäftigten Lehrlinge aller Art (§ 166 RV0O.).
Die Reichsversicherungsordnung hat den Kreis der gegen Krankheit versicherten Personen
bedeutend erweitert 2.
Das Gesetz enthält eingehende Vorschriften über Ausnahmen von der Versicherungs-
pflicht (Versicherungsfreiheit). Versicherungsfrei sind namentlich: vorübergehende
Dienstleistungen nach näherer Bestimmung des Bundesrats (§ 168 RVO.), die in Betrieben oder
im Dienste des Reichs, eines Bundesstaats, Gemeindeverbandes usw. Beschäftigten, wenn
ihnen gegen ihren Arbeitgeber ein Anspruch auf entsprechende Fürsorge gewährleistet ist. Das
gleiche gilt für Lehrer und Erzieher an öffentlichen Anstalten (§ 169 RVO.); ferner Beamte des
Reichs, der Bundesstaaten usw., solange sie lediglich für ihren Beruf ausgebildet werden; Per-
sonen des Soldatenstandes; Personen, die während der wissenschaftlichen Ausbildung für ihren
zukünftigen Beruf gegen Entgelt unterrichten; Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diako-
nissen, Schulschwestern und ähnliche Personen, wenn sie sich aus religiösen oder sittlichen Beweg-
gründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen
und als Entgelt nicht mehr als den freien Unterhalt beziehen (§ 172 RO.).
Neben der Versicherungsfreiheit kraft Gesetzes kennt das Gesetz noch Befreiungen
auf Antrag, und zwar entweder durch die oberste Verwaltungsbehörde (§§ 170, 171) oder
durch den Kassenvorstand (§§ 173—175).
III. Versicherungsberechtigungs.
1. Der freiwillige Beitritt zur Versicherung ist nur gewissen im Gesetz näher
bezeichneten Klassen von Personen gestattet. Versicherungsberechtigt sind namentlich: Familien-
angehörige des Arbeitgebers, die ohne eigentliches Arbeitsverhältnis und ohne Entgelt in seinem
Betriebe tätig sind, wenn nicht ihr jährliches Gesamteinkommen 2500 Mk. übersteigt, ferner unter
derselben Voraussetzung Kleinuntemehmer. Das Recht zum Beitritt kann die Satzung der
Krankenkasse von einer bestimmten Altersgrenze und von der Vorlegung eines ärztlichen
Gesundheitszeugnisses abhängig machen.
2. Scheidet ein Mitglied einer Krankenkasse " aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung
aus, so kann es die Versicherung freiwillig fortsetzen. Voraussetzung ist, daß es im
d —
[
1 Zu vgl. § 165 RVO. Der Kreis der Versicherten ist dem Kreise der gegen Invalidität Ver-
sicherten angepaßt.
: Die oben angegebene Zahl der Versicherten wird nach Inkrafttreten der Krankenversicherung
ch erheblich erhöhen. Die finanzielle Denkschrift zur Reichsversicherungsordnung schätzt die Zahl
er in die Krankenversicherung neu einbezogenen Personen auf über 5 Millionen.
* Bgl. s#565 176—178, 310 R0.
" ober inappschaftlichen Krankenkasse.