Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

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Jahre vorher 20 Wochen oder unmittelbar vorher 6 Wochen versichert war. Die Festsetzung 
einer Altersgrenze sowie die Forderung eines Gesundheitsnachweises ist hier unstatthaft (§§ 313, 
314 RV0O.). 
3. Die Versicherungsberechtigung erlischt in allen Fällen, wenn das regelmäßige jährliche 
Gesamteinkommen 4000 Mk. übersteigt (Ss 178, 314 Abs. 2 RV0O.). 
§ 6. Die Träger der Krankenversicherung. 
I. Träger der Krankenversicherung sind die Krankenkassen, die teils auf örtlicher, teils auf 
beruflicher Grundlage errichtet werden. Die Zahl der Krankenkassen ist eine verhältnismäßig 
große, weil sie dem Versicherten im Bedarfsfalle leicht erreichbar sein müssen 1. Die Reichs- 
versicherungsordnung hat einer übergroßen Zersplitterung der Kassen entgegengewirkt, indem 
sie die Mitte hielt zwischen äußerster Zentralisation und Aufrechterhaltung des bisherigen Zu- 
standes 2. 
II. Die regelmäßigen Träger der Krankenversicherung sind die allgemeinen Orts- 
und die Landkrankenkassens. Sie werden in der Regel innerhalb des Bezirks eines 
Versicherungsamts errichtet. Die Ortskrankenkassen sind hauptsächlich für gewerblich Be- 
schäftigte, die Landkrankenkassen für in der Land= und Forstwirtschaft Beschäftigte, Dienstboten, 
Wandergewerbetreibende und Hausgewerbtreibende bestimmt. Ausnahmsweise kann von der 
Errichtung der einen Kassenart abgesehen werden. 
Neben den allgemeinen Ortskrankenkassen werden beson dere Ortskranken- 
kassen zugelassen, sofern sie früher bestanden haben. Diese Ortskrankenkassen sind auf einzelne 
oder mehrere Gewerbszweige oder Betriebsarten oder Versicherte eines Geschlechts beschränkt. 
Ihr Fortbestand darf indessen den Bestand und die Leistungsfähigkeit der allgemeinen Orts- 
und der Landkrankenkasse nicht gefährden. Bei den Landkrankenkassen ist die Verwaltung ver- 
einfacht, und ihre Leistungen sind den besonderen Bedürfnissen der Versicherten angepaßt. 
III. Neben den regelmäßigen Trägern der Krankenversicherung sind zu erwähnen: die 
Betriebs= und Innungskrankenkassen, die knappfschaftlichen 
Kranken kassen und die sog. Ersatzkassen. 
1. Betriebskranken kassen kann der Arbeitgeber für seinen Betrieb oder 
für mehrere seiner Betriebe errichten, wenn er darin eine gewisse Mindestzahl von Versicherten 
beschäftigt (§§ 245 ff. RVO.) ö. Ein Zwang zur Errichtung besteht nur bei vorübergehenden 
Baubetrieben mit größerer Arbeiterzahl (§ 249 RV0O.). 
2. Innungskrankenkassen kann die Innung für die Betriebe ihrer Mitglieder 
errichten. Eine Mindestzahl von Versicherten ist nicht vorgeschrieben (§8 250 ff. RVO.). 
3. Die knappschaftlichen Kranken kassen treten für die in Bergwerks- 
betrieben Beschäftigten an die Stelle der reichsgesetzlichen Krankenkassen. Ihre Rechtsverhältnisse 
ind in der Hauptsache durch das Landesrecht geregelt (§§ 495 ff. RVO.). 
4. Als Ersatzkassen können die früheren freien Hilf-kassen (jetzt Versicherungsvereine 
auf Gegenseitigkeit) & zugelassen werden. Für die Mitglieder solcher Kassen ruhen auf An- 
trag die Rechte und Pflichten bei der zuständigen Krankenkasse. Voraussetzung für die Zu- 
lassung als Ersatzkasse ist, daß ihr dauernd mehr als 1000 Mitglieder angehören 7 (§§ 503 ff. 
RV0O.). 
1 Die Zahl der Kassen betrug im Jahre 1911: 22 944. 
2 gu vgl. die Vorschriften über Vereinigung, Ausscheidung, Auflösung und Schließung von 
Krankenkassen (§§ 264—305 RVO.). 
288 226 ff. RVO. 
* Die früheren sog. Bau-Krankenkassen sind in die Betriebskrankenkassen aufgegangen. 
* Für die Neuerrichtung werden mindestens 150 Versicherungspflichtige, für die Zulassung 
bestehender Kassen mindestens 100 Mitglieder verlangt; für landwirtschaftliche und Schiffahrts- 
betriebe genügt die Zahl von 50 (§§ 245, 255 RV O.). 
9 obß zu vgl. Gesetz, betr. Aufhebung des Hilfskassengesetzes, vom 20. Dezember 1911 (RGBlI. 
7 Die oberste Verwaltungsbehörde kann die Zahl auf 250 herabsetzen.
	        
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