Soziales Versicherungsrecht. 489
gebracht, indem auf diese nach Ablauf eines jeden Geschäftsjahrs der Kapitalwert der Renten,
die der Berufsgenossenschaft in diesem Zeitraum zur Last fielen, einschließlich der Verwaltungs-
kosten usw. verteilt wird (sog. Kapitaldeckungsverfahren im engeren Sinne) 1.
Bei den Zweiganstalten und bei der Versicherungsgenossenschaft
kommt wiederum ein anderes Verfahren zur Anwendung. Das Kapital (einschließlich der
Verwaltungskosten und der Rücklagen) wird hier durch feste, im voraus nach versicherungs-
technischen Grundsätzen berechnete Beiträge (Prämien) aufgebracht (sog. Prämien-
verfahren)“.
4. Die Beitragsforderungen der Berufsgenossenschaften haben das Vorrechtides # 61 Nr. 1
der Konkursordnung (§ 28 Abs. 3 RVO.).
5. Den Baugewerks-Berufsgenossenschaften hat die Reichsversicheungsordnung einen
besonderen Schutz wegen ihrer Beitragsforderungen gewährt (Sicherheitsleistung des Bauherm,
Beschränkung der Bauerlaubnis) 8.
§ 15. Das Verfahren bei der Rechtsverwirklichung .
I. Feststellungsverfahren.
1. Das Verfahren bei Feststellung der Leistungen aus der Unfallversicherung beginnt in
der Regels mit der Unfallanzeige, die der Unternehmer zu erstatten hat (ss 1552—1558
RVO.). Es folgt die polizeiliche Unfalluntersuchung, an der auch das Ver-
sicherungsamt teilnehmen kann (§§ 1559—1567 RVO.). Auf Grund dieser Ermittlungen, die durch
weitere Erhebungen ergänzt werden können, erteilt der Versicherungsträger durch sein Fest-
stellungsorgan (nach der Satzung Genossenschaftsvorstand oder Sektionsvorstand, ein
Ausschuß oder auch eine besondere Kommission den ersten Bescheid, der rechtskräftig
wird, wenn er nicht innerhalb eines Monats mit Einspruch angefochten wird (§§8 1568 ff.
NRV0O.). Kann die Rente eines Verletzten ihrer Höhe nach noch nicht als Dauerrentes
festgestellt werden, so kann während der ersten zwei Jahre nach dem Unfall vorläufig
eine Entschädigung gewährt werden. Spätestens mit Ablauf dieser Frist ist die Dauer-
rente festzustellen. Diese Feststellung setzt eine Anderung der Verhältnisse? nicht voraus;
auch ist für sie die vorher getroffene Feststellung der Grundlagen für die Rentenberechnung
nicht bindend.
2. Nach Einspruch wird der Berechtigte persönlich gehört. Die Vernehmung
findet vor dem Versicherungsträger oder vor dem Versicherungsamt # statt; der Berechtigte kann
verlangen, daß er vor dem Versicherungsamt vernommen wird. Bei der Vernehmung werden
die für die Beurteilung der Sache erheblichen Tatsachen sowie die Beweismittel hierfür fest-
gestellt. Das Versicherungsamt kann auch alsbald zu erledigende Beweise erheben, sich auch zur
Sache äußern (§§ 1591—1599 RVO.).
Das Einspruchsverfahren ist umfassender ausgestaltet, wenn es sich um Anderung von
Dauerrenten handelt v. In diesen Fällen wird stets das Versicherungsamt tätig. Es hat die
—– — —„
vBgl. 8 731 Abs. 2 RVO.
»Vg l §731Abs3RVOEmeAusnahmebestehtnurfürdteVersicherungkurzerBaus
arbeiten 6 782 Nr. 2 RV0O.), für die das Umlageverfahren vorgesehen ist.
* Vgl. I5 772—776 RO.
Zu pgl. die Kaiserlichen Verordnungen über das Verfahren der Versicherungsämter, Ober-
versicherungsämter und des Reichsversicherungsamts vom 24. Dezember 1911 (Ro Bl. S. 1083 ff.).
Literatur: Dr. Laß, Prozeßrecht in Unfallversicherungssachen, Berlin 1900.
bi « Ausnahmsweise durch Anmeldung des Anspruchs seitens des Berechtigten (zu vgl. 3§ 1546
is 1549).
* Dauerrente ist eine Rente, die — vorbehaltlich der gesetzlichen Möglichkeit einer Anderung
gaß § 608 RVO. — nach verständiger, sachlich begründeter Ansicht tatsächlich dauernd zu ge-
währen ist.
? Zu vgl. § 608 RVO.
* Wegen der Versicherungsbehörden zu vgl. oben §+ 9.
* Der Grund hierfür ist darin zu erblicken, daß der Rekurs in diesen Fällen ausgeschlossen ist
(§ 1700 Nr. 8 RO.).