Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

500 Ludwig Laß. 
8 22. Die Versicherten. 
Das Gesetz unterscheidet zwischen Versicherungspflicht und freiwilliger 
Versicherung 1. 
I. Versicherungspflicht. Der Kreis der Versicherungspflichtigen ist dahin ab- 
gegrenzt, daß nach unten hin die handarbeitenden Personen (Arbeiter, Gehilfen, Gesellen, Lehr- 
linge, Dienstboten), nach oben hin die Selbständigen ? von der Versicherung ausgeschlossen sind. 
Eine genaue Begriffsbestimmung des Angestellten enthält das Gesetz nicht; es zählt vielmehr 
folgende Gruppen von Personen auf, die in die Versicherung einbezogen werden: 
Angestellte in leitender Stellung, wenn diese Beschäftigung ihren Hauptberuf bildet (z. B. 
Betriebsdirektoren, Leiter kaufmännischer Betriebe, Verwalter größerer Landwirtschaften); 
Betriebsbeamte, Werkmeister und Angestellte in einer ähnlich gehobenen Stellung (z. B. 
Chemiker und Techniker in Fabriken, Gesellschafterinnen, Privatsekretäre) ohne Rücksicht auf 
ihre Vorbildung, Bureauangestellte, soweit sie nicht mit niederen oder lediglich mechanischen 
Dienstleistungen beschäftigt werden (z. B. Expedienten, Registratoren, Rechnungsführer, Steno- 
graphen; nicht dagegen Personen, die nur mit der Hand oder mit der Maschine abschreiben), 
sämtlich, wenn diese Beschäftigung ihren Hauptberuf bildet; 
Handlungsgehilfen (d. h. Angestellte, die in einem Handelsgewerbe kaufmännische Dienste 
leisten 3) und Gehilfen in Apotheken; 
Bühnen= und Orchestermitglieder ohne Rücksicht auf den Kunstwert der Leistungen; 
Lehrer und Erzieher (auch Personen, die aus dem Stundengeben bei wechselnden Arbeit- 
gebern ein Gewerbe machen, und zwar auch, soweit sie im eigenen Hause unterrichten); 
Aus der Schiffsbesatzung deutscher Seefahrzeuge und aus der Besatzung von Fahrzeugen der 
Binnenschiffahrt Kapitäne, Offiziere des Deck= und Maschinendienstes, Verwalter und Verwaltungs- 
assistenten sowie die in einer ähnlich gehobenen oder höheren Stellung befindlichen Angestellten 
ohne Rücksicht auf ihre Vorbildung, sämtlich, wenn diese Beschäftigung ihren Hauptberuf bildet. 
Voraussetzung der Versicherungspflicht ist bei allen diesen Personen: daß sie das 
16. Lebensjahr vollendet und bei Eintritt in die versicherungspflichtige Beschäftigung das 
60. Lebensjahr noch nicht überschritten haben; daß sie noch nicht berufsunfähig sind "; daß sie 
als Angestellte von einem Arbeitgeber beschäftigt werden (also nicht selbständig sind); daß sie 
einen Entgelt (Gehalt, Lohn, Provision, Gewinnanteile usw.) # für ihre Tätigkeit erhalten s, und 
daß der Jahresarbeitsverdienst des Beschäftigten 5000 Mark nicht übersteigt. 
Ausnahmen von der Versicherungspflicht. Das Gesetz kennt ferner 
Ausnahmen von der Versicherungspflicht (§§ 6—14). Hervorzuheben sind folgende Vorschriften: 
Die Beschäftigung eines Ehegatten durch den anderen begründet keine Versicherungspflicht. 
Der Bundesrat bestimmt, wie weit vorübergehende Dienstleistungen versicherungsfrei bleiben. 
Versicherungsfrei kraft Gesetzes sind die in Betrieben oder im Dienste des Reichs, eines Bundes- 
staats, eines Gemeindeverbands, einer Gemeinde oder eines Trägers der reichsgesetzlichen Arbeiter- 
oder Angestelltenversicherung Beschäftigten, wenn ihnen Anwartschaft auf Ruhegeld und Hinter- 
bliebenenrenten in einem gewissen Mindestbetrage gewährleistet sind7. Das gleiche gilt für 
  
  
1 Zu vgl. Anleitung des Direktoriums der Reichsversicherungsanstalt, betr. den Kreis der 
nach dem Versicherungsgesetze für Angestellte vom 20. Dezember 1911 versicherten Personen, vom 
20. Juni 1912. 
: Der Bundesrat kann die Versicherungspflicht auf solche Personen ausdehnen, welche eine 
ähnliche Tätigkeit wie die Versicherungspflichtigen auf eigne Rechnung ausüben, ohne in ihrem 
Betriebe Angestellte zu beschäftigen (z. B. selbständige Wankenpfleges — 4 des Gesetzes. 
: Vgl. § 59 des Handelsgesetzbuchs vom 10. Mai 1897, RBl. S. 219. 
4 Wegen des Begriffs der Berufsunfähigkeit vgl. § 25 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes. 
* Wird nur freier Unterhalt gewährt, so ist die Beschäftigung versicherungsfrei. Dies 
gilt auch, wenn neben dem freien Unterhalt ein sog. Taschengeld gewährt wird. 
* Der Entgelt braucht nicht von dem eigentlichen Arbeitgeber gewährt zu werden; es genügt, 
wenn er von einem Dritten gewissermaßen für Rechnung des Arbeitgebers geleistet wird. Es 
genügt ferner, wenn für den Arbeitnehmer eine Mittelsperson (z. B. der Ehemann für 
seine Frau) die Vergütung von dem Arbeitgeber empfängt. 
* Uber die Frage, ob die Anwartschaft gewährleistet ist, entscheidet der Reichskanzler oder die 
oberste Verwaltungsbehörde des betreffenden Bundesstaats (§ 9 Abs. 3).
	        
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