1. Sicherheits- und Sittenpolizei.
Einleitung.
§ 1. Sicherheitspolizei ist die Tätigkeit der Verwaltung zum Schutze der All-
gemeinheit und des Einzelnen gegen Rechtswidrigkeiten. Die Sicherheitspolizei ist rein polizei-
liche Tätigkeit der Verwaltung, während die Verwaltungspolizei nur einen Teil ihrer Tätig-
keit auf den verschiedenen Verwaltungsgebieten bildet Meyer-Dochow, Deutsches Ver-
waltungsrecht " S. 142). Die Sicherheitspolizei umfaßt die Sitten polizei. Die Tätig-
keit der Polizei zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sittlichkeit ist gegenüber früheren Zeiten
stark eingeschränkt. Jeder hat sein sittliches Verhalten so einzurichten, daß öffentliches Argernis
nicht erregt wird, die guten Sitten sollen gewahrt werden, es muß — wie Otto Mayer, Art.
Sittenpolizei, Wörterbuch des deutschen Verwaltungerechts. (1890) 2, 455 es ausdrückt — ein
gewisses Maßhalten in niederen Genüssen und Außerungen der Lebenslust verlangt werden.
Die UÜberwachung der Gast= und Schankwirtschaften, der Kampf gegen den Mißbrauch geistig r
Gesränke, gegen Glücksspiele und Tierquälerei können aus dem Gebiete der Sittenpolizci aus-
geschaltct werden (Ebenso Loening, Art. Polizei, Handwörterb. d. Staatswissenschaft 6, 1066,
nach dessen Ansicht auch die Maßregeln gegen Prostituierte in dos Gebiet der Sicherheitspolizei
gehören). Der Schutz der gewerblichen Arbeiter und Jugendlichen, die Beaussichtigung der Woh-
nungen, die sittliche Erziehung usw. gehören auch nicht zur Sittenpolizei, sondern zur polizei-
lichen Tätigkeit anderer Verwaltungszweige. Bestimmte Maßregeln gegenüber dem außerehe-
lichen Geschlechtsverkehr werden noch als sittenpolizeiliche bezeichnet, obwohl sie vorwiegend im
Interesse der öffentlichen Gesundheitspflege zur Durchführung gelangen.
Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf eine Darstellung der Maßregeln, die
an anderer Stelle der Enzyklopädie, insbesondere beim Strafrecht, Strafprozeßrecht und Verwal-
tungsrecht noch keine Berücksichtigung gefunden haben. Es sind dies die Maßregeln gegenüber
Fremden, Vorbestraften, Vaganten und Prostituierten (§ 2), gegenüber Vereinen und Ver-
sammlungen (§ 3) und gegenüber der Presse (§4). Am Schluß werden die Bestimmungen über
den Belagerungszustand (§ 5) erwähnt:
Literatur: Sicherheitspolizei: Meyer---Dochow, Deutsches Verwaltungs-
recht (1913)" S. 1424 v. Jagemann, Sicherheitspolizei, Handb. d. Politik 2, 525;
Loening, Art. Polizei, Handwörterb. d. Staatsw.? 6, 1065; v. Stengel, Art. Sicher-
heitspolizei, Wörterb. d. deutsch. Verwaltungsrechts (1890) 2, 452. — Sittenpolizei:
Meyer--Dochow“ S. 173; v. Lilienthal, Sittlichkeitspolizei, Handb. d. Polit. 2, 532;
Otto Mayer, Art. Sittenpolizei, Wörterb. d. deutsch. Verwaltungsrechts (1890) 2, 455.
1. Fremde, Vorbestrafte, Vaganten, Prostituierte.
§ 2. 1. Im Interesse der öffentlichen Sicherheit können gegenüber Fremden Maßregeln
ergriffen werden, die man als Fremdenpolizei zu bezeichnen pflegt. Es handelt sich dabei um
Landesfremde (Nichtdeutsche, Ausländer im Sinne des Staatsangehörigkeitgesetzes)
und um Ortsfremde,, die sich außerhalb ihres Wohnsitzes aufhalten.
Der Eintritt in das Reich steht dem Ausländer frei (gänzlich mittellose, vagabundierende,
ausweislose und sonstwie verdächtige Individuen können an der Grenze zurückgewiesen werden.
v. Ullmann, Völkerrecht 1908 S. 368). Der Ausländer bedarf, ebenso wenig wie der Deutsche,
beim Eintritt oder Verlassen des Gebietes eines Passes. Nur wenn die Sicherheit des Reiches
oder eines Einzelstaates oder die öffentliche Ordnung durch Krieg, innere Unruhen oder sonstige
Ereignisse bedroht erscheint, kann die Paßpflicht überhaupt oder für einen bestimmten Bezirk