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Untersuchungen unterbleiben, wenn sich keine Merkmale einer die Genußfähigkeit des Fleisches
ausschließenden Erkrankung der Tiere zeigen. Diese Ausnahmebestimmung gilt aber nicht für
Kasernen, Krankenhäuser, Speiseanstalten, Gastwirte usw., sondern nur dann, wenn das Fleisch
lediglich im eigenen Haushalt Verwendung finden soll. Die Untersuchung erfolgt durch Per-
sonen, die für diese Tätigkeit genügende Kenntnisse nachweisen. Der Beschauer erklärt das
Fleisch für tauglich, untauglich oder nur bedingt tauglich. Nach Anordnung der Polizei kann
Fleisch, das nur für bedingt tauglich erklärt ist, zum Genusse für Menschen brauchbar gemacht
werden. Fleischhändler haben derartiges Fleisch in getrennten Räumen feilzuhalten und auf
seine Beschaffenheit deutlich hinzuweisen. Der Verkauf erfolgt auch durch besondere Verkaufs-
stellen (Freibanken), aber nur zum Verbrauch, nicht zum Vertrieb. Pferde, die zur Schlachtung
bestimmt sind, dürfen nur durch approbierte Tierärzte untersucht werden. Für den Vertrieb
und die Verwendung von Pferdefleisch gelten die gleichen Bestimmungen, wie für beanstandetes
Fleisch anderer Schlachttiere, es bedarf einer Genchmigung der Polizeibehörde. Diese Be-
stimmungen können durch den Bundesrat auch auf Esel, Hunde und sonstige, seltener zur Schlach-
tung gelangende Tiere ausgedehnt werden. Die Einfuhr von Fleisch in luftdicht verschlossenen
Büchsen oder ähnlichen Gefäßen, von Würsten und sonstigen Gemengen aus zerkleinertem Fleische-
in das Zollinland ist verboten. Unter welchen Bedingungen und in welcher Verfassung die Ein-
fuhr von Fleisch erfolgen darf, bestimmt der § 12 des Gesetzes vom 3. Juni 1900. Frisches
Fleisch darf nur in ganzen Tierkörpern eingeführt werden, Rinder, Kälber und Schweine
können in Hälften zerlegt sein. Brust= und Bauchfell, Lunge, Herz, Nieren, bei Kühen auch
das Euter, müssen mit dem Tierkörper in natürlichem Zusammenhange verbunden sein.
Zubereitetes Fleisch wird nur dann zugelassen, wenn sich seine Unschädlichkeit für die mensch-
liche Gesundheit feststellen läßt. Bei der gewerbsmäßigen Zubereitung von Fleisch dürfen
Stoffe nicht verwendet werden, die der Ware eine gesundheitsschädliche Beschaffenheit ver-
leihen können oder geeignet sind, ihre gesundheitsschädliche oder minderwertige Beschaffenheit
zu verdecken.
Die Herstellung von Stoffen, die als Süßmittel dienen können und eine höhere Süßkraft
als raffinierter Roh- und Rübenzucker, aber nicht entsprechenden Nährwert besitzen, untersteht.
den Bestimmungen des Gesetzes vom 6. Juli 1902. Die Herstellung des künstlichen Süßstoffes
ist zurzeit nur einer Sacharinfabrik überlassen, deren Betrieb dauernd amtlich überwacht wird.
Die Abgabe des Fabrikates erfolgt nur an Apotheken und gegen amtliche Erlaubnis zu wissen-
schaftlichen Zwecken, an bestimmte Gewerbetreibende zur Anfertigung von Waren, bei deren
Herstellung Zucker nicht zu verwenden ist, an Leiter von Kranken-, Kur= und Pflegeanstalten
und an Gast= und Schankwirtschaften in Kurorten für Personen, denen der Genuß von
Zucker ärztlich untersagt ist. Das Weingesetz vom 7. April 1909 verbietet, Wein nach-
zumachen, gestattet Wein aus Erzeugnissen verschiedener Herkunft oder Jahre herzustellen
(Verschnitt), verbietet jedoch die Verwendung von Dessertwein zum Verschneiden von weißem
Wein anderer Art. Was durch dieses Gesetz oder die Ausführungsbestimmungen für
die Herstellung und den Verkauf von Wein, einschließlich Schaumwein, Trinkbranntwein,
Kognak, nicht ausdrücklich gestattet wird, ist verboten. Das Gesetz verpflichtet zur ein-
gehenden Buchführung, zur Unterstützung der Kontrollbehörden sind Sachverständige im
Hauptamt zu bestellen.
In das Gebiet der Gesundheitspolizei gehört auch die Leichenbestattung. Die obliga-
torische Leichenschau ist nur in einigen deutschen Staaten eingeführt. Die Polizei hat für eine
zweckentsprechende Bestattung Sorge zu tragen, da unbestattete Leichen, auch wenn der Tod
nicht infolge einer ansteckenden Krankheit erfolgte, die menschliche Gesundheit gefährden können
(Meyer-Dochow'" F 43). Die Beseitigung von Tierkadavern und Kadaverteilen hat
nach den Bestimmungen des RG. vom 17. Juni 1911 zu erfolgen.
Literatur: Meyer-Dochow, Deutsches Verwaltungsrecht"“ S. 197; Laband,
Deutsches Staatsrecht" 3, 256 Fraenkel, Art. Nahrungsmittelpolizei, Handwörterb. d.
Staatsw. : 6, 869. — Kommentar zu den Reichsgesetzen von Galli in Stengleins Neben-
gesetzen " 1, 624.