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in absehbarer Zeit nicht wiederkehren wird. Die vorläufige Unterstützungspflicht erstreckt sich
nicht nur auf Deutsche, die dem Geltungsgebiet des UWG. angehören, sondern auch auf Aus-
länder. Als mittel bar hilfsbedürftig ist ein Familienhaupt dann anzusehen, wenn
ein hilfsbedürftiges Familienmitglied unterstützt werden mußte. Die mittelbare Hilfsbedürftig-
keit ist nur für die Bestimmung des endgültig verpflichteten Armenverbandes von Bedeutung;
das betreffende Familienhaupt gilt aber dann als unterstützt.
Da nach § 61 UWG. Rechte und Verbindlichkeiten nur zwischen den verpflichteten Ver-
bänden begründet werden, hat der einzelne kein Recht auf Armenunterstützung (Fleiner 2 S. 158:
Der einzelne besitzt gegen die öffentliche Verwaltung lediglich den allgemeinen Anspruch, daß
das Gesetz vollzogen werde). Der Hilfsbedürftige kann den Rechtsweg nicht beschreiten, er kann
seinen Anspruch nur durch Beschwerde bei den Verwaltungsbehörden geltend machen.
Das RG., betr. die Einwirkung von Armenunterstützung auf öffentliche Rechte, vom
15. März 1909 (Röl. S. 319), bestimmt, daß, soweit in Reichsgesetzen der Verlust öffentlicher
Rechte von dem Bezug einer Armenunterstützung abhängig gemacht wird, als Armenunter-
stützung nicht anzusehen sind: 1. die Krankenunterstützung; 2. die einem Angehörigen wegen
körperlicher oder geistiger Gebrechen gewährte Anstaltspflege; 3. Unterstützungen zum Zwecke
der Jugendfürsorge, der Erziehung oder der Ausbildung für einen Beruf; 4. sonstige Unter-
stützungen, wenn sie in der Form vereinzelter Leistungen zur Hebung einer augenblicklichen
Notlage gewährt sind; 5. Unterstützungen, die erstattet ind.
II. Die Organe der öffentlichen Armenpflege sind die Ortsarmenverbände und die
Landarmenverbände. Ortsarmenverbände sind die Gemeinden und Gutsbezirke.
Mehrere Gemeinden und mehrere Gutsbezirke, auch Gemeinden und Gutsbezirke können sich
zu Gesamtarmenverbänden zusammenschließen oder zwangsweise zu solchen zu-
sammengeschlossen werden, die anderen Armenverbänden gegenüber als Einheit anzusehen
sind. Die Organe der Ortsarmenverbände sind die zuständigen Organe der Kommunal--
verwaltung unter Hinzuziehung geeigneter Hilfskräfte. Landarmenverbände sind
entweder die Staaten selbst oder besonders abgegrenzte Verbände, die sich ihrem Umfang nach
meistens mit dem der Provinzen oder Kreise decken. In der Verfolgung ihrer Rechte stehen die
Orts- und Landarmenverbände einander gleich. Die Armenverwaltung gehört zu den Aufgaben
der öffentlichen Verwaltung, die Aufsicht erfolgt durch die Kommunalaussichtsbehörden; sie
ist dementsprechend im Deutschen Reiche nicht einheitlich geregelt. Die Kosten der Armen-
verwaltung werden, soweit nicht besondere Stiftungen bestehen oder bestimmte Abgaben den
Armenkassen überwiesen werden, aus dem Ertrage der allgemeinen Abgaben bestritten. Die
Rückerstattung der für einen Hilfsbedürftigen gemachten Aufwendungen kann gegenüber unter-
haltungspflichtigen Verwandten, namentlich aber gegenüber Krankenkassen und Invaliden=
versicherungsanstalten geltend gemacht werden. Einzelne Staaten verlangen auch eine Rück-
erstattung durch den Hilfsbedürftigen selbst, nachdem sich seine wirtschaftliche Lage hinreichend
gebessert hat. In einigen Staaten können Personen, die aus öffentlichen Mitteln unterstützt
werden, zwangsweise in einer geeigneten Anstalt untergebracht werden, wo sie (vgl. preuß.
AG. z. UWG. § 1 a) für Rechnung des Armenverbandes die ihnen zugewiesenen Arbeiten nach
dem Maße ihrer Kräfte zu verrichten haben. Aus dem Arbeitsverdienst sind zunächst die Kosten
der Unterbringung zu decken, aus dem Uberschuß ist die Unterstützung zu bestreiten, die den An-
gehörigen des Untergebrachten gewährt wird; der verbleibende Rest ist bei der Entlassung aus-
zuhändigen.
In erster Linie ist der Ortsarmenverband unterstützungspflichtig. Die Landarmenverbände
haben die endgültige Armenlast für die Landarmen zu tragen, für die kein Ortsarmenverband
verpflichtet ist. Ausländer und Personen, die aus dem Auslande übernommen werden müssen,
sind durch die Bundesstaaten zu unterstützen. Die meisten Staaten haben diese Verpflichtung
auf die Armenverbände übertragen. Die Landesgesetze bestimmen, wie weit die Landarmen-
verbände nicht leistungsfähigen Ortsarmenverbänden Zuschüsse zu gewähren, und wie weit sie
ihnen die Sorge für Geisteskranke, Sieche, Taubstumme usw. abzunehmen haben.
Jeder Hilfsbedürftige wird vorläufig durch den Ortsarmenverband unterstützt, in dessen
Bezirk die Hilfsbedürftigkeit eingetreten ist. Hatte der Hilfsbedürftige dort seinen Unterstützungs-
wohnsitz nicht, so erfolgt Rückerstattung der Kosten durch den Ortsarmenverband des Unter-