Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

Strafrecht. 11 
(5 2 Abs. 2 StGB.). Hiernach kann also auch die Aburteilung nach einem Gesetz erfolgen, das 
weder zur Zeit der Aburteilung gilt, noch zur Zeit der Begehung gegolten hat. Man recht- 
fertigt dies damit, daß der Verbrecher nicht darunter leiden soll, daß er nicht schon früher, als 
das mildeste Gesetz noch in Kraft war, aufgegriffen wurde. 
IV. Räumliches Herrschaftsgebiet. Die Strafgesetze mit ihrem Verbot 
für jedermann erwecken den Anschein, als beanspruchten sie räumlich unbeschränkte Herrschaft. 
Aber dem ist nicht so. Sie wollen nur in einem räumlich beschränkten Umfang gelten. Das 
Maß der Beschränkung sucht man auf verschiedene Weise zu finden: durch Berücksichtigung der 
Person des Täters, des angegriffenen Rechtsguts, des Ortes des begangenen Delikts. Daneben 
wird allerdings auch die Ansicht vertreten, daß jede Beschränkung zu verwerfen und es Aufgabe 
des Staates sei, das Verbrechen da zu ahnden, wo immer es zutage trete. Hiernach ergeben sich 
vier verschiedene Prinzipien über das räumliche Herrschaftsgebiet der Strafgesetze: 
1. das Weltstrafrechtsprinzip. Dieses verwirft jede räumliche Beschränkung, muß aber 
an der praktischen Undurchführbarkeit scheitern; 
2. das Personalprinzip. Dasselbe will nur die Angehörigen des eigenen Staats, aber 
auch dann, wenn sie im Ausland delinquieren, strafen. Es ist wohl zuzugeben, daß für den In- 
länder die Pflicht, die heimischen Gesetze zu achten, mit dem Verlassen des Inlandes nicht auf- 
hört, aber das Prinzip begegnet gleichfalls praktischen Schwierigkeiten und ist bedenklich wegen 
der grundsätzlichen Straflosigkeit der Ausländer. Der letztere Gedanke führt zu dem 
3. Schutzprinzip. Dieses bezweckt die Bestrafungen der an inländischen Rechtsgütern 
verübten Verbrechen. Seine konsequente Durchführung macht aber auch eine Strafverfolgung 
im Auslande nötig und zeigt darum die gleichen Schwächen wie das Personalprinzip. Es ist 
obendrein ungerechtfertigt, sofern es den ausländischen Rechtsgütern im Inlande den Schutz 
versagt. In einem Staat mülsssen alle Handlungen mit gleicher äußerer Struktur, ohne Rück- 
sicht darauf, ob sie sich gegen in- oder ausländische Rechtsgüter richten, gleicherweise mit Strafe 
belegt werden. Demgemäß ist 
4. das Territorialprinzip, welches alle im Inlande begangenen Delikte ahndet und die 
im Auslande begangenen straflos läßt, das allein haltbare. 
Unser Strafgesetzbuch hat denn auch das Territorialprinzip ausdrücklich angenommen 
(( 3 StEB.) und zugleich zur Vermeidung der Schwierigkeiten, welche überseeische Straf- 
verfolgung mit sich bringt, den Begriff des Inlandes auf das Reich beschränkt, so daß die deutschen 
Schutzgebiete im Sinne des Strafgesetzbuchs als Ausland erscheinen (S 8 StGB.). Trotz der 
grundsätzlichen Straflosigkeit der im Ausland begangenen Delikte läßt es aber für einzelne Fälle 
eine weitergehende Strafverfolgung zu und macht Konzessionen: 
1. dem Weltstrafrechtsprinzip in bezug auf Münzdelikte, die es ohne Rücksicht auf den 
Ort der Begehung und die Nationalität des Täters auch dann straft, wenn sie sich gegen aus- 
ländisches Münzwesen richten (s 4 Abs. 2 Nr. 1; § 146 ff. StGB.); 
2. dem Schutzprinzip, insofern es auch im Auslande von Ausländern begangene hoch- 
verräterische Handlungen und Amtsverbrechen ahndet (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 StGB.); 
3. dem Personalprinzip, indem es gewisse Staatsverbrechen wie insbesondere Landes- 
verrat schlechthin (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 St G.), und andere von Inländern im Ausland begangene 
schwere Delikte (Verbrechen, Vergehen) verfolgt, wenn sie nach ausländischem Recht mit Strafe 
bedroht, aber noch nicht bestraft sind (§ 4 Abs. 2 Nr. 3, §§ 5 f. StGB.). 
Während das Strafgesetzbuch sich im letzten Fall mit der ausländischen Erledigung der 
Straftat begnügt, gestattet es in allen übrigen Fällen, in welchen im Auslande begangene 
Delikte verfolgt werden, die Tat trotz rechtskräftigen ausländischen Urteils noch einmal vor das 
inländische Forum zu bringen. Bei der nochmaligen Aburteilung soll aber wenigstens die im 
Auslande bereits vollzogene Strafe zur Anrechnung kommen (§ 7 StGB.). 
In Rücksicht auf die Schwierigkeiten, welche mit der Strafverfolgung im Auslande ver- 
knüpft sind, hat man davon Abstand genommen, dieselbe obligatorisch zu machen, und somit 
zwischen dem im Reich und den außerhalb desselben begangenen Delikten eine scharfe Grenze 
gezogen (§ 4 Abs. 1 StGB.; §+ 152 Abs. 2 St PO.).
	        
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