Strafprozeßrecht. 141
barkeit überhaupt, deshalb sind namentlich Ladungen an Beschuldigte, Zeugen usw., auch wenn
sie nicht dem Gerichtssprengel angehören, ohne weiteres gültig und verbindlich.
II. Im Innern eines jeden Gerichts verteilt sich die gerichtliche Tätigkeit auf die einzelnen
Kategorien von Gerichtspersonen in der Weise, daß
1. der Richter die Fülle der Gerichtsgewalt hat, wohingegen dem Gerichtsschreiber und
dem Gerichtsvollzieher nur eine bestimmt umgrenzte Tätigkeit zugewiesen ist, nämlich
2. dem Gerichtsschreiber die Beurkundungstätigkeit und die Aktenführung (vgl. §§ 166,
185, 225, 271, 275, 308 usw. St PO.),
3. dem Gerichtsvollzieher die Bewirkung von Zustellungen (vgl. § 37 St PO.), sowie die
Strafvollstreckung bei Vermögensstrafen und Bußen (5 495 St PO.).
III. Jedem der verschiedenen Gerichte ist durch das Gesetz ein bestimmter Geschäftskreis,
d. i. ein bestimmter Teil der anhängig werdenden Sachen zugewiesen, für die das Gericht
„Zuständigkeit, „Kompetenz “ haben solle. Die Zuständigkeit ist
1. sog. sachliche, insofern jeder Art von Gerichten eine bestimmte Art von Rechts-
sachen zugeteilt sind;
2. sog. örtliche — „Gerichtsstand“, korum —, insofern die gleichartigen Sachen unter
die mehreren sachlich zuständigen Gerichte gleicher Art nach örtlichen Gesichtspunkten verteilt sind.
8§ 14. 2. Die sachliche Zuständigkeit.
I. Bei Zuweisung der verschiedenen Arten von Strafsachen an die verschiedenen Arten
von Gerichten verfährt das Gesetz nicht derart, daß jedesmal der ganze Prozeß in allen seinen
Teilen immer nur einer Kategorie von Gerichten zugewiesen würde, vielmehr so, daß in
einem und demselben Prozeß je nach dem Stadium, in dem er sich befindet, und je nach der
Funktion, die in diesem Stadium auszuüben ist, die eine oder andere Kategorie von Gerichten
zuständig ist, sog. funktionelle Zuständigkeit — sachliche Zuständigkeit für die
verschiedenen Prozeßstadien in einer und derselben Sache.
Solche Teilung der Funktionen greift namentlich in folgender Weise Platz:
1. Eine besondere Stellung nehmen in Ansehung der Zuständigkeit ein: die Vomahme
von Ermittelungen im sog. vorbereitenden Verfahren, die Führung einer Voruntersuchung,
die Rechtshilfeleistung, der Erlaß von Strafbefehlen, die Erledigung von Beschwerden, das
Klageprüfungsverfahren usw.
Ganz besonders einschneidend aber ist funktionell der Unterschied zwischen der Tätigkeit
als „erkennendes Gericht“ und derjenigen als „beschließendes Gerichs““.
Erkennendes Gericht ist dasjenige, dem die Strafsache zur Erledigung des Haupt-
verfahrens, also besonders zur Urteilsfällung, zugewiesen ist; beschließendes Gericht das-
jenige, in dessen Hand die vor und nach dem Hauptverfahren vorfallenden Entscheidungen
(Eröffnungsbeschluß, Beschlüsse im Strafvollstreckungsstadium) gelegt sind. Das beschließende
Gericht ist nicht in der Lage, in der Sache zu „erkennen“, d. i. ein Urteil zu fällen; das erkennende
Gericht ist dagegen recht wohl auch befähigt, zu „beschließen“ (z. B. Vertagung). Regelmäßig
ist nun freilich jedes erkennende Gericht auch sein eigenes beschließendes Gericht mit der Maß-
gabe, daß
a) die Strafkammer als erkennendes Gericht, wenigstens in der Hauptverhandlung, anders
besetzt ist, denn als beschließendes Gericht (§ 77GVG.), vgl. dazu § 23 Abs. 3 St PO.;
b) beim Reichsgericht der Erste Strafsenat als beschließendes Gericht für den Zweiten
und Dritten Strafsenat fungiert, welch letztere zusammen als erkennendes Reichs-
¾ gericht erster Instanz fungieren (§5 138 GVG.).
Die Periodizität der Schöffen= und der Schwurgerichte (oben § 12 III) bringt es aber
mit sich, daß für diese Gerichte andere Gerichte als „beschließende“ fungieren müssen, und zwar
ist der Amtsrichter beschließendes Gericht für das Schöffengericht (# 30 Abs. 2 GVG.) und die
Strafkammer beschließendes Gericht für das Schwurgericht (daneben wird das Schwurgericht
auch in seiner Eigenschaft als erkennendes Gericht außerhalb der Sitzungsperiode in Ansehung