Strafprozeßrecht. 145
unlogisch wäre (denn eine und dieselbe Tat kann nicht gleichzeitig an mehreren Orten begangen
sein). Wohl aber muß 8 7 St PO. in dem Sinne gelesen werden, als laute er:
„Der Gerichtsstand ist bei jedem Gerichte begründet, in dessen Bezirk die strafbare Handlung
ganz oder zum Teil begangen ist."
Denn für die bloße Zuständigkeitsfrage erscheint (anders als für die materiell-strafrecht-
lichen Fragen, die sich an den Tatort knüpfen) der Teilbegangenschaftsort dem Vollbegangen-
schaftsort durchaus gleichwertig. Selbstverständlich ist aber auch der Teilbegangenschaftsort
dem Grundsatze gemäß nur auf die mehreren Aufenthaltsorte zu beziehen; der Erfolgs-
ort kommt auch bei der hier vertretenen Auslegung des §& 7 nicht in Frage, da er eben überhaupt
nicht als Tatort angesehen werden kann.
2. Mit dem forum delicti commissi konkurriert gleichberechtigt, elektiv, das korum domi-
illi, der Gerichtsstand des Wohnsitzes, eventuell der des gewöhnlichen Aufenthalts, sub-
eventuell der des letzten Wohnsitzes des Täters (ss 8, 11 StPO., §IJ 7—11 BB., Art. 35 UI
EBGB.). Vgl. StPO. J 471.
3. Ist keiner der bisher erwähnten Gerichtsstände begründet, so tritt subsidär, als Aushilfe-
gerichtsstand, das forum deprehensionis, der Gerichtsstand der Ergreifung, ein (5 9
Satz 1 St PO.).
4. Fehlt es auch an einem korum deprehensionis, so wird das zuständige Gericht durch
das Reichsgericht bestimmt, sog. Gerichtsstand kraft Auftrags (5 9 Satz 2 und Abs. 2 St PO.).
II. Bei subjektiver oder objektiver Konnexität mehrerer Strafsachen im Sinne des § 3
St PO. ist außerdem der Gerichtsstand des Zusammenhangs, forum connexitatis begründet
(5 13 St PO., vgl. auch § 428).
III. Die örtliche Zuständigkeit ist bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens vom Gericht
von Amts wegen zu prüfen (St PO. § 18; Ausnahme § 17); nachher nur auf Einwand des Be-
schuldigten, und zwar kann dieser Einwand nur bis zur Vorlesung des Eröffnungsbeschlusses
in der Hauptverhandlung (eventuell sogar nur bis zum Schlusse der Voruntersuchung) geltend
gemacht werden (§ 16 St PO.).
IV. Bei Kompetenzkonkurrenz entscheidet die Prävention in der Eröffnung der gericht-
lichen Untersuchung (§ 12 St PO.; vgl. aber das. Abs. 2).
V. Ist das örtlich zuständige Gericht im einzelnen Falle verhindert, so wird an seiner
Statt ein anderes Gericht durch Anordnung des zunächst höheren Gerichts zum zuständigen
ernannt (F 15 St PO.).
VI. Halten sich
1. mehrere Gerichte für zuständig so, daß jedes die Zuständigkeit des anderen bestreitet
— positiver örtlicher Kompetenzkonflikt —, oder erklären sie sich
2. umgekehrt für unzuständig — negativer örtlicher Kompetenzkonflikt — so wird das
zuständige Gericht durch das gemeinschaftliche obere Gericht bestimmt, und zwar ist dies anomaler-
weise ad 2 sogar dann noch zulässig, wenn die Unzuständigkeitserklärungen rechtskräftig sind (§ 14,
19 St PO.).
§ 16. VI. Die Geschäftsverteilung.
I. Eine Geschäftsverteilung, d. i. Zuweisung der einzelnen Rechtssachen an dies oder
jenes Mitglied der Gerichtsanstalt, wird erforderlich bei allen mit mehr als einem Richter
besetzten Gerichtsanstalten. Sie ist, wiewohl an sich ein Akt der Justizverwaltung, zum Teil
den Gerichten selbst, genauer gesagt besonderen bei den Gerichten gebildeten Verwaltungs-
körpem, übertragen zu dem Zwecke, um möglichst Willkür fernzuhalten.
II. Typisch ist die Geschäftsverteilung beim Landgericht. Hier wird zuvörderst im ein-
fachen Justizverwaltungswege die Zahl der Kammern (Straf- und Zivilkammern) bestimmt.
Darauf erfolgt durch das „Präsidium“ (Präsident, Direktoren und ältestes Mitglied, 5 63 Abs. 2
GVG.) die Verteilung der Geschäfte unter die Kammern gleicher Art (GVG. § 62). Das
Präsidium bestimmt weiter die ständigen Mitglieder der einzelnen Kammern, worauf der Prä-
Enzyklopädie der Rechtswissenschaft. 7. der Neubearb. 2. Aufl. Band V. 10