Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

Strafprozeßrecht. 167 
Teile der Entscheidung, soweit sie logisch abtrennbar sind, werden rechtskräftig (objektiv-relative 
Rechtskraft, oben § 33 1). 
Erfolg haben kann ein Rechtsmittel nur, wenn die angefochtene Entscheidung (und zwar 
sie selbst, nicht bloß ihre Begründung) den Beschwerdeführer beschwert (gravamen); beschwert 
aber ist der Beschuldigte nur bei zu harter Entscheidung, der Staat sowohl durch zu harte wie 
durch zu milde Entscheidung (5 338 Abs. 2 St PO.). Die Aufgabe des Rechtsmittelgerichts ist 
demgemäß auch nur, zu prüfen, ob solches gravamen vorliegt, nicht, ob die angefochtene Ent- 
scheidung etwa noch zu günstig für den Beschwerdeführer ist: es gilt das Verbot der reformatio 
in peius (§§s 372, 398 saber 343) St PO.). 
Die Einlegung der Rechtsmittel erfolgt prinzipiell beim iudex a quo, nicht beim iuder 
ad duem. " 
II. Die Beschwerde speziell ist zulässig gegen alle ihr nicht ausdrücklich entzogenen 
Beschlüsse und Verfügungen der Gerichte (§ 346 St PO.). (Ausdrücklich entzogen sind der 
Beschwerde namentlich alle Entscheidungen der Oberlandesgerichte und des Reichsgerichts (§ 346 
Abs. 3]; ferner Entscheidungen der erkennenden Gerichte, die der Urteilsfällung vorausgehen, 
mit Ausschluß der Entscheidungen über Verhaftung, Beschlagnahme, Straffestsetzung und der 
Entscheidungen, durch die dritte Personen betroffen werden /(/§ 347 St PO.]; vgl. ferner § 200 
Abs. 2 usw.). Die mittelst Beschwerde angefochtene Entscheidung kann vom iudex à quo ab- 
geändert werden (§ 348 Abs. 2 St PO.). Beschwerdegericht ist regelmäßig das nächsthöhere 
Gericht (§s 72, 1235 landers 160, 183) GVG.). Die Entscheidung über die Beschwerde 
erfolgt ohne mündliche Verhandlung (§ 351). Gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts 
gibt es keine weitere Beschwerde (außer in Verhaftungsfragen, 5 352 St PO.). 
In einer Reihe von Fällen ist kraft ausdrücklicher Gesetzesbestimmung die zulässige Be- 
schwerde als sog. sofortige Beschwerde gestaltet (Fälle, in denen die anzufechtende 
Entscheidung urteilsähnlichen Charakter hat, und baldige Erlangung der Gewißheit darüber, 
ob es bei der Entscheidung sein Bewenden hat, erwünscht ist). Die sofortige Beschwerde weist 
folgende Besonderheiten auf: sie ist befristet (1 Woche), kann auch beim Beschwerdegericht ein- 
gelegt werden, und das Untergericht kann seine Entscheidung nicht abändern (§ 353 St PO.). 
8 38. 
III. Zustellung und Beurkundung. 
Literatur: Herm. Meyer, Protokoll und Urteil (3. Aufl. 1909); Ortloff, Goltd. 
Arch. Bd. XIIV S. 98; Stenglein, Gerichtssaal 1892 S. 81; Kroschel, Die Abfassung 
der Urteile in Strafsachen, 6. Aufl. (1910); Kroschel im Gerichtssaal Bd. LII S. 395. 
I. Zustellung ist die förmliche Übermittlung eines Schriftstücks durch einen zuständigen 
Beamten an einen Adressaten unter Beurkundung der Ubergabe, sei es im Auftrage des Gerichts 
oder einer Partei, und zwar prinzipiell wie im Zivilprozeß gestaltet (§ 37, vgl. aber § 35 Abs. 3 
St PO.). Handelt es sich um die Zustellung gerichtlicher oder staatsanwaltschaftlicher Ent- 
scheidungen, so hat dafür (wie in Frankreich) grundsätzlich die Staatsanwaltschaft Sorge zu 
tragen (§ 36 Abs. 1 StPO.; Ausnahmen das. Abs. 2 und § 425 Abs. 2). Zustellungen an die 
Staatsanwaltschaft werden ersetzt durch einfache Vorlegung des betr. Schriftstücks in Urschrift 
(5 41 St PO.). An den Beschuldigten kann unter Umständen öffentliche Zustellung erfolgen 
(/* 40 St PO.). 
II. 1. Zahlreiche prozessualische Vorgänge sind durch ein Protokoll festzuhalten. So be- 
sonders die Hauptverhandlung, deren wesentliche Züge sich in dem Sitzungsprotokoll 
spiegeln müssen (s5 271—274 St PO.). Dieses Protokoll hat anzugeben: Ort und Tag der 
Verhandlung, die Namen der Beteiligten (Parteien nebst gesetzlichen Vertretern usw.), die 
Tat, die Angabe, daß öffentlich oder nichtöffentlich verhandelt worden ist; sodann aber das 
wesentliche aus dem Gange und den Ergebnissen der Hauptverhandlung; die wesentlichen Förm- 
lichkeiten, die beobachtet worden sind; die verlesenen Schriftstücke, die gestellten Anträge, die 
Entscheidungen und die Urteilsformel. Der Inhalt der Aussagen der Parteien, der Zeugen 
und Sachverständigen braucht regelmäßig nicht aufgenommen zu werden; anders nur, wenn
	        
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