180 Ernst Beling.
III. Die Vollziehung der Untersuchungshaft ähnelt einer Freiheitsstrafe insofern, als
sie Freiheitsentziehung ist. Im übrigen gehen aber beide Maßregeln weit auseinander; ins-
besondere darf die Untersuchungshaft keine weitergehenden Beeinträchtigungen der Persönlich-
keitssphäre herbeiführen, als der Zweck — die Flucht oder die Kollusion zu verhindern —
notwendig mit sich bringt. Einige der einschlägigen Fragen regelt § 116 St PO.
IV. Von einer Vollziehung oder, wenn die Vollziehung bereits begonnen hat, einer Weiter-
vollziehung des wegen Flu cht verdachts verhängten Haftbefehls kann, ohne daß dieser selbst
aufgehoben würde, Abstand genommen werden, wenn für den Beschuldigten (von ihm selbst
oder von Drtten) Sicherheit geleistet wird (§§ 117—122 St PO.).
V. Die Aufhebung des Haftbefehls ist in §s 123, 126 St PO. geregelt.
VI. Ein Gegenstück zur Untersuchungshaft ist das sichere Geleit, salvus conductus, d. i.
die Zusage des Gerichts an einen abwesenden Beschuldigten, daß keine Untersuchungshaft statt-
finden solle. St PO. 5 337.
8 50.
II. Vermögensbeschlagnahme.
Eiteratur: Delius, Die Beschlagnahme des Vermögens, Goltd. Arch. Bd. XXXVII
S. 117; Mothes, Die Beschlagnahme nach Wesen, Arten und Wirkungen (1903); Graner,
Die Feimgensteschlaenahme nach ## 325 St PO., Jahrb. der württemb. Rechtspflege, Bb. IX
S.
1 Als Zwangsmittel gegen einen abwesenden Angeschuldigten behufs Herbeiführung
seines Erscheinens ist die Vermögensbeschlagnahme zulässig, ss 332—336 St P. (Bei Hoch-
und Landesverratsprozessen kann eine Vermögensbeschlagnahme auch gegen den anwesenden
Angeschuldigten stattfinden, §5 93 StGB., § 480 St PO., 3 5 ESt PO.).
II. Ass arrestatorisches Mittel zur Festhaltung von Vermögenswerten behufs künftiger
Zwangsbefriedigung für Geldstrafe und Kosten ist die Vermögensbeschlagnahme in St P.
5 325—326 vorgesehen (tunlichst Beschränkung auf einzelne Gegenstände, Spezialbeschlagnahme,
nur eventuell Beschlagnahme des ganzen Vermögens).
851.
III. Individualbeschlagnahme.
Literatur: v. Schwarze, Erörterungen II S. 100; Mothes, Die Beschlagnahme
nach Wesen, Arten und Wirkunge! (1903); Pfleiderer, Die strafbehördliche Rückgabe von
Sachen nach #s 111 St O. 6#una: Fräb, Auslegung und Anwendung des # 111 St#.
in der Btschr. f. StrR Wiss. -Sd. XXXI S. 899
Jedermann (der Beschuldigte wie jeder Dritte) muß Sachgegenstände, die er hat, heraus-
geben, insoweit sie als sächliche Beweismittel dienen oder der Einziehung unterliegen (§ 94
St PO.). Zur Erzwingung der Herausgabe dient die Beschlagnahme. Es handelt sich hier
im Gegensatz zu der Vermögensbeschlagnahme (5 50), die das Vermögen nur als Wertobjekt
ergreift, um Beschlagnahme an individuell bestimmten Gegenständen. Beschlagnahme-
anordnungsberechtigt ist der Richter, bei Gefahr im Verzuge auch Staatsanwaltschaft und
Kriminalpolizei (§ 98 StPO.). Die nichtrichterliche Beschlagnahme unterliegt eventuell richter-
licher ÜUberprüfung nach Maßgabe des § 98 Abs. 2 StpO. Nicht beschlagnahmbar sind behörd-
liche Akten und andere in amtlicher Verwahrung befindliche Schriftstücke unter der Voraus-
setzung, daß die oberste Dienstbehörde, die der verwahrenden Behörde bzw. dem verwahrenden
Beamten vorgesetzt ist, erklärt, daß das Bekanntwerden des Inhalts dem Reiche oder einem
Bundesstaate nachteilig sein würde. Nicht beschlagnahmbar sind ferner Korrespondenzen zwischen
dem Beschuldigten und einer aus §5s 51, 52 (nicht §§ 53, 54) St PO. zeugnisweigerungsberechtigten
Person, wenn sie sich in den Händen der letzteren befinden, und diese nicht selbst einer Teilnahme,
Begünstigung oder Hehlerei verdächtig ist.
Postsendungen auf der Post und Telegramme auf der Telegraphenanstalt unterliegen
einem Sonderrecht. Ihre Beschlagnahme — „Briefsperre“" bzw. „Telegrammsperre“ —