Militärstrafrecht und Militärstrafverfahren. 215
das militärische Sonderrecht geht aber vor und ergänzt auch die gemeinrechtlichen Bestimmungen.
Andererseits wird es aber wieder aus dem gemeinen Strafrecht erklärt und ergänzt. Vgl. § 10
Stc.; s# 2, 3 MStEGB. (M.).— Leitender Gedanke bei Abfassung des M. war, es in seinem
systematischen Aufbau tunlichst dem StGB. anzupassen, es mit dessen leitenden Gedanken und
dadurch mit den neueren Anforderungen der Strafrechtswissenschaft in Einklang zu bringen,
beides aber nur insoweit, als die besonderen Bedürfnisse des Heeres und die als oberstes Gesetz
geltende Rücksicht auf die Erhaltung der Disziplin damit vereinbar erschienen;
2. die Reichsgesetze, durch die die allgemeine Wehrpflicht, die Verfassung und innere
Einrichtung des Heeres und der Marine, ihre Ergänzung und überhaupt die Rechtsverhältnisse
der Militärpersonen näher geregelt werden. Vor allem gehört hierher neben den Bündnis-
verträgen und Militärkonventionen das Reichsmilitärgesetz vom
2. Mai 1874 mit zahlreichen Ergänzungsgesetzen und Ausführungsbestimmungen (Wehrordnung,
Heerordnung, Marineordnung ufw.);
3. die Militärstrafgerichtsordnung vom 1. Dez. 1898 (siehe Militärstraf-
verfahren) und die Reichsstrafprozeßordnung vom 1. Febr. 1877;
4. die Disziplinarstrafordnung für das Heer und die für die Marine nebst
ergänzenden Bestimmungen (siehe Disziplinarstrafrecht, vgl. Beschwerderecht);
5. die Verordnungen über die Ehrengerichte der Offiziere und
Sanitätsoffiziere des Heeres und der Marine (siehe ehrengerichtliches Verfahren):
6. die Kriegsartikel (für das Heer vom 22. Sept. 1902, für die Marine vom
10. Jan. 1903); sie sind heute keine Rechtssätze mehr, sondern lediglich eine Pflichtenlehre für
den Soldaten;
7. im Kriege völkerrechtliche Vereinbarungen, vor allem das Ab-
kommen über die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges vom 18. Okt. 1907 (ReBl. 1910
S. 82 u. 107) und die seekriegsrechtlichen Abkommen vom gleichen Tage (RGl. 1910 S. 283).
V. Das Herrschaftsgebiet des MStGB#.
1. 3 persönliche Geltungsgebiet list im Gesetz nicht klar umgrenzt);
vgl. § 3 ff.
a) Ohne Einschränkung gilt das M. für die dem aktiven Heere angehörenden Personen
a) die Soldaten des Friedensstandes;
8) die zum Dienst einberufenen Soldaten des Beurlaubtenstandes (§ 6 M., 5 38
Mil G.; wichtig: RMG. 9 179))
?0) die Kriegsfreiwilligen und die zum Kriegsdienst aufgebotenen Offiziere und Mann-
schaften (§ 38 RMil .);
0) die Landgendarmen; sie gelten in strafrechtlicher Hinsicht, soweit sie landesrechtlich
zu den Militärpersonen gerechnet werden (Preußen, Baden, Hessen usw.), als
Personen des Soldatenstandes des aktiven Heeres (5 2 EGMSt G., vgl. 5* 2
E#GMStG#.); zum deutschen Heere gehören sie nicht (§ 38 MilG.). Die ver-
schiedene Stellung im Reiche, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann,
ist staatsrechtlich und strafrechtlich höchst unbefriedigend;
6) die Angestellten der Schiffe der deutschen Marine (§ 166, 1);
v) in Kriegszeiten sind dem M. unterworfen außer den unter 1 genannten:
a) ausländische, zum Heere zugelassene Offiziere (vgl. § 157, 1);
5) Kriegsgefangene (§ 158);
7) der Armeetroß (5 155, vgl. § 157, 2);
0) die Militärbeamten; ihretwegen siehe unter c;
(c) einzelnen Teilen des M sind unterworfen:
a) die Militärbeamten (leitender Gedanke: im Frieden Beamte, im Kriege Soldaten);
es werden obere und untere unterschieden (siehe Klasseneinteilung vom 1. Aug.