Militärstrafrecht und Militärstrafverfahren. 225
aa) gegen Vorgesetzte, die gemeinschaftlich mit Untergebenen eine strafbare Handlung
ausführen oder sich sonst an einer strafbaren Handlung Untergebener beteiligen;
bb) wenn strafbare Handlungen unter Mißbrauch der Waffen oder der dienstlichen Be-
sugnisse oder während der Ausübung des Dienstes ausgeführt werden;
cc) wenn mehrere unter Zusammenrottung oder vor einer Menschenmenge strafbare
Handlungen gemeinschaftlich ausführen.
Über die Straferhöhung bestimmt 3 53: „Wo dieses Gesetz eine erhöhte Freiheitsstrafe
androht, kann sie das Doppelte der für das betreffende Verbrechen oder Vergehen angedrohten
Freiheitsstrafe erreichen; sie darf jedoch den gesetzlich zulässigen Höchstbetrag der zu verhängen-
den Strafart nicht übersteigen (ss 16, 17, 24)“. Erhöhte Strafe ist außer in § 55 angedroht in
den §§ 103, 115, 125, 136. An § 55 knüpfen sich wichtige und zum Teil tiefgreifende Streit-
fragen an!, die von der rechtlichen Natur der in § 55 genannten Voraussetzungen (Tat-
bestandsmerkmale? Strafzumessungsgründe? die Strafbarkeit erhöhende Bedingungen?) aus-
gehen; vor allem,
#) ob diese allgemeinen Strafschärfungsgründe außer für militärische auch für gemein-
rechtliche Verbrechen und Vergehen gelten (dies bisher allgemeine Lehre, dagegen
neuerdings mit gewichtigen Gründen Ph. O. Mayenz;
5) ob — bei Bejahung der Frage zu #u — gemeine Verbrechen und Vergehen durch die
Strafschärfungsgründe des § 55 zu militärischen werden (verneinend die herrschende
Lehre, dagegen — mit Recht, sofern die Frage zu c# zu bejahen wäre —M. E. Mayer,
der darin die Hauptbedeutung des §§ 55 sieht; vgl. Romen und Rissom Note 1 zu § 55);
7) ob Vergehen, wenn sie infolge der Strafschärfung des § 55 unter einen Strafrahmen
treten, der 5 Jahre Gefängnis oder Festungshaft übersteigt (s 1), zu Verbrechen werden
(bejahend allgemeine Lehre, dagegen mit Recht Ph. O. Mayenz;
0) ob §# 55 auch für fahrlässige Straftaten gilt (bejaht RM#G. 1, 290);
e) ob das Mindestmaß des ordentlichen Strafrahmens überschritten werden muß; dafür
die herrschende Lehre.
Zu diesen und anderen Streitfragen tritt die Schwierigkeit, die Worte auszulegen, „sofern
in diesem Gesetz nicht besondere Bestimmungen getroffen sind“, und danach im Einzelfalle fest-
zustellen, ob und inwieweit eine Straftat dem §s 55 entzogen ist. ·
Daß auch § 115 M. nach einzelnen nicht ein selbständiges Strafgesetz ist, sondern einen
allgemeinen Strafschärfungsgrund abgibt, ist oben unter B I 3ce ausgeführt.
b) Unbenannte Strafschärfungsgründe sind den §§ 80, 114, 137, 142 eigen, wonach
strengere Strafe in „schweren“, „schwereren“ und in „besonders schweren“ Fällen zugelassen
ist. Benannte besondere Strafschärfungsgründe sind Begehungen vor dem Feinde, vor
versammelter Mannschaft, im Dienst, unter dem Gewehr, Verursachung eines Nachteils usw.
Die eigentümliche Strafschärfung in den Fällen 88 72, 81, 2 und 103, 1, wonach die an sich
verwirkte Strafe unter Umständen um eine Zusatzstrafe zu erhöhen ist, schafft im Grunde einen
neuen Strafrahmen.
e) Die Vorschriften über den Rückfall im gemeinen Recht werden durch abweichende
Bestimmungen des M. ergänzt; auszugehen ist von § 13: Bei militärischen Verbrechen und Ver-
gehen liegt Rückfall vor, wenn der Täter, nachdem er wegen eines militärischen Verbrechens
oder Vergehens durch ein deutsches Gericht verurteilt und bestraft worden ist, dasselbe militärische
Verbrechen oder Vergehen abermals begeht. Es genügt, daß die frühere Strafe nur teilweise
verbüßt oder ganz oder teilweise erlassen ist. Dazu tritt eine auf 5 Jahre bemessene Verjährung
der Rückfallsschärfung. Die gleiche Bestimmung gilt für den wiederholten Rückfall. Diese Be-
stimmungen sind da zu beachten, „wo das Gesetz die Strafe mit Rücksicht auf den Rückfall“
bestimmt (37, 2 Z. 1, 31, 2 Z. 2, 40, 2 Z. 2, 34, 2 und im besonderen Teile: 70, 71, 114, 2
Besonders beachtenswert M. E. Mayer, Die allgemeinen Strasschärfungsgründe
des deutschen MStGB., 1903; ders. Deutsches Militärstrafrecht 1 149 f.; Ph. O. Mayer in den
Note 2 zu B 1.1 oben genannten Arbeiten.
Enzyklopädie der Rechtswissenschaft. 7. der Neubearb. 2. Aufl. Band V. 15