Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

Militärstrafrecht und Militärstrafverfahren. 227 
s. oben B 1 2e. b) Lügen und Leugnen der Tat durch den Beschuldigten wider besseres 
Wissen kann als erschwerender Strafzumessungsgrund berücksichtigt werden, wenn es sich als 
Mißbrauch des Verteidigungsrechtes darstellt; so die beachtenswerte Plen Entsch. PMG. 11, 95 
doch geht diese Entscheidung zu weit, wenn sie annimmt, daß das bloße Bestreiten der Tat 
wider besseres Wissen ein Mißbrauch des Verteidigungsrechts sein könne (z. B. bei Offizieren 
und Beamten — Pflichtenwettlauf ausgenommen — als Angehörigen eines Kreises der mensch- 
lichen Gesellschaft, der erhöhte Anforderungen an Ehrgefühl, Sitte und Anstand stellt). c) Die 
Vorschrift des §5 60 über Anrechnung der Untersuchungshaft auf die Strafe 
gilt auch nach dem M. (§ 2). 
6. Die Berjährung als allgemeiner Strafaufhebungsgrund: 
a) Die Vorschriften des St GB. gelten auch für das Mil Strafrecht; § 52 bestimmt ergänzend, 
daß bei Berechnung der Verjährungsfrist einer Strafverfolgung oder Strafvollstreckung der 
Arrest der Haft gleichzuachten sei. Die Strafvollstreckung verjährt hiernach in zwei Jahren 
(5 70 Nr. 6 St G.). Die Erwähnung der Verfolgungsverjährung in § 52 wird allgemein als 
Versehen bei der Abfassung anerkannt; das Gesetz ist aber bindend. Trotzdem verjähren nach 
richtiger Lehre die mit Arrest bedrohten militärischen Vergehen nicht wie die Übertretungen 
des gemeinen Rechts in drei Monaten, sondern erst, wie die „anderen Vergehen" des §& 67, 2 
St GB. (unter die gemeinrechtliche, nur mit Haft bedrohte Vergehen, wenn sie bestünden, 
einzureihen wären) in drei Jahren. 
b) Eine Vorschrift darüber, wie Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung bei den mit 
lebenslänglichem Gefängnis oder Festungshaft zu bestrafenden Verbrechen zu berechnen seien, 
fehlt. Man hat sich dahin zu entscheiden, daß die Verfolgung in 20, die Vollstreckung in 30 Jahren 
verjährt (vgl. 67, 70 Nr. 1 StGB.). 
e) Sondervorschrift wegen des Beginnes der Verfolgungsverjährung § 76 M. (Fahnen- 
Slucht). 
d) Ergänzende Vorschrift wegen der Unterbrechung der Verfolgungsverjährung: § 10 
EG. MSt G. 
C. Besonderer Teil. 
Aus den besonderen Anforderungen, die an den Soldaten zu stellen sind, wenn die Diszi- 
plin als das in erster Linie zu schützende Rechtsgut (s. A II) aufrechterhalten werden soll, ist 
auch die richtige Einteilung 1 der Militärstrafgesetze — unabhängig von der im M. selbst gewählten 
Folge — zu gewinnen. 
Des beschränkten Raumes wegen kann nicht viel mehr als eine Ubersicht? unter Hervor- 
hebung einiger wichtiger Gesichtspunkte gegeben werden. 
Zum Begriffe des Vorgesetzten (des Untergebenen) sei vorausgeschickt, daß 
er nicht im Strafrecht selbst enthalten ist, sondern aus der Verfassung der bewaffneten Macht, 
den Dienstvorschriften und auch ergänzend aus militärdienstlichen Grundsätzen zu gewinnen 
ist. Vorgesetzter ist, wer berechtigt ist, Dienstbefehle zu erteilen. Dieses Recht kann im höheren 
Range oder auf besonderer dienstlicher Stellung oder auf beiden Gründen beruhen. Zu unter- 
scheiden sind daher das allgemeine und das besondere (unmittelbare) Vorgesetztenverhältnis; 
daneben auch das dauernde und das vorübergehende; auch der gemeine Soldat kann unter 
Umständen zum Vorgesetzten seiner Kameraden bestellt werden (AKO. v. 14. Juni 1910). 
Strafrechtlich bedeutsam ist das Vorgesetztenverhältnis der in Ausübung des Dienstes befindlichen 
und als solche äußerlich erkennbaren militärischen Wachen. Es gibt auch nach militärdienstlichen 
Grundsätzen ein selbstgesetztes Vorgesetztenverhältnis der Offiziere (im Heere auch der Unter- 
offiziere): Dienstältere usw. Kameraden können sich, wenn militärdienstliche Interessen bei 
Verletzung von Standes- und Berufspflichten ein Einschreiten erfordern, in und außer Dienst 
vorübergehend dem jüngeren Kameraden gegenüber zu Vorgesetzten erklären; in Bayern be- 
stehen hierzu besondere Vorschriften; danach wird dieses Recht auch oberen Militärbeamten 
Das Berdienft, sie gewomnen zu haben, darf M. E. Mayer für sich in Anspruch nehmen. 
: Uber die Einzeltatbestände unterrichtet u. a. das Handw MilR. 
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