Militärstrafrecht und Militärstrafverfahren. 239
Die richterlichen Militärjustizbeamten werden tätig: als Berater des Gerichtsherrn §& 97;
als Untersuchungsführer bei den Divisions= usw. Gerichten § 156, vgl. 223 (Leichenschau usw.),
270 (richterliche Vernehmungen kraft besonderen Auftrags); als Vertreter der Anklage § 273,
386; als Richter §§ 49, 66 f.; als Verteidiger (Oberkriegsgerichtsräte nennt das Gesetz nicht)
341 Z. 2; als Urkundspersonen in besonderen Fällen, z. B. S§s 139 2, 368, 369 2, 382, 404;
bei der Durchsicht rechtskräftiger Urteile nach § 113 (Militärjustizverwaltung); bei Geschäften
der freiwilligen Gerichtsbarkeit und anderen juristischen Geschäften im Bereiche der Militär-
verwaltung, §§ 20, 21 EG.; im Felde nach dem Ges. über die freiwillige Gerichtsbarkeit und
andere Rechtsangelegenheiten in Heer und Marine v. 28. Mai 1901.
b) Für das Verhältnis zum Gerichtsherrn ist § 97 M., wohl die bedeut-
samste Vorschrift für die Militärgerichtsverfassung, entscheidend. Die im Laufe des Verfahrens
ergehenden Entscheidungen und Verfügungen des Gerichtsherrn, denen gegenüber (von der
richterlichen Tätigkeit abgesehen) grundsätzlich Folgepflicht besteht, sind (von wenig Ausnahmen,
z. B. Haftbefehl, Enthebung vom Dienst, abgesehen) vom richterlichen Militärjustizbeamten.
mitzuzeichnen, der damit für die Gesetzlichkeit verantwortlich wird. Hält der Beamte dafür,
daß eine Weisung, Verfügung oder Entscheidung mit den Gesetzen oder den sonst maßgebenden
Vorschriften nicht vereinbar sei, so hat er dagegen Vorstellung zu erheben (Pflicht); bleibt diese
erfolglos, so hat er der Weisung des Gerichtsherrn zu entsprechen, aber den Hergang akten-
kundig zu machen; der Gerichtsherr trägt jetzt allein die Verantwortlichkeit. Die Akten sind
unverzüglich dem Oberkriegsgericht zur rechtlichen Beurteilung der Sache vorzulegen; dessen.
Beurteilung ist für die weitere Behandlung der Sache maßgebend. Die richterlichen Militär-
justizbeamten sind, wie die Begründung ausführt, keine blinden Werkzeuge in der Hand des
Gerichtsherrn, sie sollen ihm vielmehr als rechtskundige Beamte mit ihrer Gesetzeskenntnis
und ihrem juristischen Urteil zur Seite stehen und dafür Sorge tragen, daß nach Recht und
Gesetz verfahren werde. Militärische Autorität und Rechts- und Gesetzeskunde sind sonach ver-
einigt, und in dieser Vereinigung liegt gleichzeitig eine aus zwingenden Gründen einer gesunden
Strafrechtspflege erforderliche Beschränkung, aber auch Festigung der dem Gerichtsherrn zu-
kommenden Gerichtsgewalt. Eine einschränkende Auslegung verträgt der Grundsatz der Mit-
prüfung nicht; es wurde behauptet, sie erstrecke sich nur auf die rechtliche Seite der Entschei-
dungen; demgegenüber ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte (vol. Begründung und die
Stellungnahme des Reichstages zu § 97), aus dem Zwecke der Vorschrift und aus dem Geiste
des Gesetzes mit Sicherheit, daß der Beamte die volle Mitprüfungspflicht (nach dem Vorbilde
der Pr. MSt G.) hat, wie sich überhaupt eine Beschränkung auf Rechtsfragen im Gegensatz
zu Tatfragen (beide sind im Prozeß miteinander verbunden) als undurchführbar erweist. Das
Vorstellungsrecht hört erst auf, wenn lediglich die Zweckmäßigkeit einer (sonst gesetzlich einwand
freien) Maßnahme des Gerichtsherrn in Frage steht. — Eine außerordentliche Schwäche de-
§ 973 liegt darin, daß nicht das RM., sondern das Oberkriegsgericht zur Beurteilung von
Meinungsverschiedenheiten (auch zwischen dem kommandierenden General und seinen Beamten)
berufen ist 1.
2. Die Gerichtsoffiziere, Leutnants oder Oberleutnants (zu unterscheiden von
Richteroffizieren), die vom Gerichtsherrn bestellt werden und bei der niederen Gerichtsbarkeit
als Untersuchungsführer und Vertreter der Anklage und in sonst vorgesehenen Fällen genau
die Stelle einnehmen wie die Kriegsgerichtsräte bei den Divisions- usw. Gerichten; auch § 97
gilt für sie; Näheres § 13, 97—102.
3. Die Offiziere, die der Gerichtsherr zur Anwesenheit bei Untersuchungshandlungen
ersuchter Gerichte oder (auf Antrag) des Untersuchungsführers abordnen kann, §5 167, 2 und 3.
4. Die Militärgerichtsschreiber und boten, § 108—110 u. AB. dazu. Bei
den Kriegs- und Oberkriegsgerichten sind Kriegs- und Oberkriegsgerichtssekretäre angestellt;
pflicht" (Rissom) im Handw MilR.; Arch Mil K. 1, 165—185, 2, 164, 352 (Authenrieth, Elsner
v. Gronow, Rissom). Eingeh. Arbeit über die rechtliche, dienstliche und persönliche Stellung
der Mil3ustizbeamten im Taschenbuch des Milechts für Kriegszeiten (Dietz). »
INachweisungderumfassendenLiteraturzu§97beiDietz,StreiflichterüberdieMthtärs
strafrechtspflege in Militärrechtliche Studien (hrsg. von Steidle), Festschrift z. 1. 10. 10; Beitrag
„Mitprlfungspflicht" (Rissom) im Handw Mil; vgl. Note 3 vorseitig.