246 Heinrich Dietz.
Zweiter Abschnitt.
Die Zwangsgewalt im Militärstrafverfahren.
Ziffer 19. Maßregeln zur Sicherung der Person des Beschuldigten.
1. Gestellung und Ladung: Personen des aktiven Dienststandes werden gestellt
(militärischer Befehl; Verhaftete werden vorgeführt). Alle anderen Personen sind, wie im
bürgerlichen Verfahren, schriftlich zu laden, # 171, 172, 1 u. 2; wegen Zustellung s. 142 ff.
2. Wegen Vorführung (. 172 (= 133—135 St PO.). Den Vorführungsbefehl
erläßt der Gerichtsherr, bei Gefahr im Verzuge der Untersuchungsführer.
3. Steckbriefe FK 183, 184 u. AnB. dazu: außer dem Gerichtsherrn können unter ge-
wissen Umständen auch Militärbehörden (Regiments- usw. kommandeure, Gouvemeeure usw.)
St. erlassen.
4. Vorläufige Festnahme, 5 180, der das Festnahmerecht der Offiziere und
Unteroffiziere aus disziplinären Gründen nach § 7, 2 DSt. unberührt läßt. Vorläufig fest-
nehmen können militärische Vorgesetzte, Untersuchungsführer und militärische Wachen, wenn
die Voraussetzungen der Untersuchungshaft vorliegen (das erkennende Gericht: §& 277), Polizei-
und Sicherheitsbeamte in bestimmten Fällen. Auch ein Festnahmerecht durch jedermann ist
vorgesehen, aber nicht bei Übertretungen. Im Offizierrang stehende und in entsprechender
Uniform befindliche Angehörige der bewaffneten Macht sind bevorzugt. Ablieferung an die
nächste Militärbehörde und sofortige Vernehmung: § 181. (Vgl. Arch MilR. 2, 181, 3, 180.)
5. Untersuchungshaft, I 175—179. Lediglich der Gerichtsherr (ohne Mit-
zeichnung des Beraters) erläßt den Haftbefehl; Rechtsbeschwerde an den übergeordneten Ge-
richtsherrn; gegen die vom Kommandierenden General verfügte Untersuchungshaft ist sie un-
zulässig, weil ein höherer Gerichtsherr fehlt. Haftgründe wie nach St PO., ein weiterer wich-
tiger Grund „Aufrechterhaltung der militärischen Disziplin“. Die Untersuchungshaft ist u. a.
aufzuheben (außer wenn besondere Umstände entgegenstehen), wenn die erkannte Freiheits-
strafe sechs Wochen nicht übersteigt. Neuer Haftbefehl des höheren Gerichtsherrn im Falle
der Einlegung eines Rechtsmittels setzt neue Verdachtsgründe oder Beweismittel voraus. —
Sicherheitsleistung an Stelle der Untersuchungshaft kennt die M. nicht. — Untersuchungshaft
gegen Personen des Beurlaubtenstandes begründet nach neuerer Lehre (RM. 9, 179) „Dienst"
im Sinne des §6 MStGB. und damit Unterwerfung unter alle Militärstrafgesetze.
6. Einstweilige Enthebungdes Beschuldigten vommilitärischen
Dienst kann der Gerichtsherr (ohne Mitwirkung seines Beraters) verfügen. Die AKO. vom
14. April 1822 bleibt davon unberührt; noch ihr kann jeder Disziplinarvorgesetzte diese Maß-
nahme gegen Offiziere aussprechen, wenn er befugt ist, einen Offizier mit Arrest zu bestrafen.
Ziffer 20. Maßregeln zur Sicherung des Beweises.
1. Zeugen und Sachverständige haben die Pflicht, zu erscheinen und auszu-
sagen. Die dem aktiven Dienststand angehörenden werden dienstlich befohlen (vorsätzliches
Ausbleiben ist Ungehorsam nach § 92 MSt G.); andere Personen werden im allgemeinen ge-
laden, § 185. Die Zwangsmaßnahmen gegen ordnungsmäßig geladene Personen entsprechen
der StPPO.; um Festsetzung und Vollstreckung wird der Amtsrichter ersucht; bei den der unbe-
schränkten Militärgerichtsbarkeit unterstehenden Personen des §& 1 setzt der Gerichtsherr die Strafe
fest, 186; unberechtigte Verweigerung der Aussage wird bei Personen des aktiven Dienststandes
disziplinarisch mit Arrest bestraft; bei anderen Personen gelten die gleichen Zuständigkeitsregeln
für Zwangsmittel wie bei der Ladung, §s 202, 203. Beschwerderecht 204, für die Sachverstän-
digen gilt ähnliches, § 213.
2. Beschlagnahme und Durchsuchung, 5FP. 229—242, sind in der Hauptsache
wie in der St PO. geregelt (Herausgabepflicht: 230, 231); bei Räumen, die zum dienstlichen
Gebrauch dienen, sind die Rechte erweitert. Der Gerichtsherr ordnet die Maßnahmen bei aktiven