250 Heinrich Dietz.
der Hauptfrage abgestimmt. Meinungsverschiedenheiten über den Gegenstand, die Fassung
und die Reihenfolge der Fragen oder über das Ergebnis der Abstimmung entscheidet das Gericht,
320. Schuldfrage: Zweidrittelmehrheit (RMG. einfache Mehrheit), 323. Das Urteil wird
verkündet durch Verlesen der Urteilsformel und Eröffnung der Urteilsgründe am Schlusse
der Verhandlung oder innerhalb dreier Tage nach Schluß der Verhandlung. Der Angeklagte
muß darüber, daß Berufung zulässig ist und, wenn er nicht auf sie verzichtet, auch über die ein-
zuhaltende Frist und den einzuschlagenden Weg belehrt werden, 327; vgl. oben Ziff. 8. —
Rechtskräftig wird das Urteil wie nach gemeinem Strafprozeßrecht; Vollstreckung ist
aber erst möglich, wenn sie in der Bestätigungsorder des Gerichtsherrn (vgl. oben Ziff. 9,
unten Ziff. 35 u. 37 IV) angeordnet ist, 450 mit 416—418.
Ziffer 28. Strafverfügung; § 349—355.
Übertretungen können durch Strafverfügung ! des Gerichtsherrn (dem amtsrichter-
lichen Strafbefehle nachgebildet) ohne Hauptverhandlung erledigt werden, wenn der
Gerichtsherr und sein zur Mitzeichnung berufener Berater keine Bedenken haben, die
Strafe in der Grenze von Haft bis zu 14 Tagen oder Geldstrafe (oder Haft auch
über 14 Tage als Ersatzstrafe) oder Einziehung (Verweis gegen Jugendliche) festzusetzen.
Ein Ermittlungsverfahren (s. oben Ziff. 23, das Verfahren nach § 156, 1 Satz 3 steht
gleich) muß vorausgehen. Inhalt der Strafverfügung: Bezeichnung des Beschuldigten, der
strafbaren Handlung, des Strafgesetzes, der Beweismittel, Eröffnung, daß die Strafverfügung
vollstreckkar werde, wenn nicht binnen einer Woche nach Zustellung der Beschuldigte Einspruch
beim Gerichtsherrn erhebt, Hinweis auf einzelne für Erhebung des Einspruchs offenstehenden
Wege. Die Strafverfügung ist dem Beschuldigten zuzustellen; bei rechtzeitigem Einspruch:
Hauptverhandlung ohne Bindung des Gerichts an den Strafausspruch der Strafverfügung.
Wirkungen der rechtskräftigen Strafverfügung: Vollstreckbarkeit (Vollstreckung nach An-
ordnung des Gerichtsherrn, keine Bestätigungsorder), Verbrauch der Strafklage 353 (= 450
St PO.). Auch eine erneute Verfolgung im ordentlichen Verfahren unter dem Gesichtspunkte
eines Verbrechens oder Vergehens ist als unzulässig anzusehen (bestritten).
Ziffer 29. Verfahren gegen Abwesende; §# 356—359.
Als eine besondere Art des Verfahrens kennt die M. das Verfahren gegen Ab-
wesende (nicht mit dem Verfahren gegen Angeklagte zu verwechseln, die in der Haupt-
verhandlung ausgeblieben oder vom persönlichen Erscheinen entbunden sind). Das
preußischrechtliche System des Kontumazialurteils ist ausgegeben. Der Begriff der Ab-
wesenheit ist wie in 318 St PPO. geregelt. Eine Hauptverhandlung gegen Abwesende
findet nicht statt; das Verfahren beschränkt sich auf Sicherung der Beweise. Zeugen und
Sachverständige sind eidlich zu vernehmen; Verteidigung ist (außer bei Fahnenflüchtigen) zu-
lässig; zur Wahl des Verteidigers sind auch Angehörige befugt. Der Gerichtsherr kann dem
Abwesenden Nachrichten senden und ihn zur Gestellung auffordern, auch sein Vermögen be-
schlagnahmen; Fahnenflüchtige können für fahnenflüchtig erklärt werden. Verfahren und Wirkung
der Beschlagnahme wie nach St PO.3.
Fünfter Abschnitt.
Die Rechtsmittel.
Ziffer 30. Allgemeines (§s 363—3272).
I. Die M. kennt als ordentliche Rechtsmittel
1. die Rechtsbeschwerde, nur in bestimmten Fällen gegen Beschlüsse und Verfügungen
des Gerichtsherrn, des Gerichts, des Untersuchungsführers zugelassen, § 363; sie kann
1i Autenrieth, Die militärgerichtliche Strafverfügung in Militärrechtliche Studien
(Festschrift zum 1. 10. 10, herausgegeben von Steidle).
* Autenrieth, Das Verfahren gegen Abwesende Arch Mil R. 3 241, 339.