Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

24 F. Wachenfeld. 
Unterscheidet sich der Versuch von dem vollendeten Verbrechen nur durch das frühere 
Abbrechen der Kausalkette, so beginnt er da, wo auch die vollendete Handlung beginnt, d. h. 
mit der zum Erfolg hinführenden verbrecherischen Tätigkeit. Sobald die erste zu ihr gehörige 
Körperbewegung begonnen hat, ist die Grenze von strafloser Vorbereitungshandlung und straf- 
barem Versuch überschritten. 
Wer sich einen Revolver anschafft oder lädt, um einen anderen zu erschießen, begeht noch 
keinen Tötungsversuch, wohl aber derjenige, welcher den Revolver auf sein Opfer anlegt. Der 
Unterschied zwischen den beiden Fällen liegt darin, daß nur in dem zweiten mit der Ausführung 
der Tötungshandlung der Anfang gemacht ist (§ 43 StGB.). Es erscheint aber das Anlegen 
des Revolvers als Anfang der Tötung, weil es bereits zu denjenigen Körperbewegungen gehört, 
aus welchen sich die Abgabe des Schusses zusammensetzt, während die Anschaffung und das 
Laden des Revolvers nicht hierzu gerechnet werden können. 
Während der Versuch strafbar ist, bleiben die Vorbereitungshandlungen grundsätzlich 
straflos. Nach verbreiteter Ansicht sollen sie soweit unter Strafe gestellt sein, als das „Unter- 
nehmen“ mit Strafe bedroht ist. Aber das Strafgesetzbuch definiert das Unternehmen ge- 
legentlich seiner Bestimmungen über Hochverrat (§ 82 StGB.) und dehnt hier — nach herr- 
schender Ansicht — den Begriff nicht auf Vorbereitungshandlungen aus. Es wäre willkürlich, 
von dieser Definition bei anderen Verbrechen ohne zwingende Gründe abzuweichen und bei 
ihnen Vorbereitungshandlungen, als „Unternehmen“ zu strafen. Für die Regel wenigstens 
ist das Unternehmen im Sinne jener Definition zu deuten und darunter jede Handlung zu ver- 
stehen, durch welche das Vorhaben unmittelbar zur Ausführung gebracht werden soll. Aus- 
führungshandlungen sind mindestens Versuchshandlungen. Das Wörtchen „unmittelbar“ läßt 
aber darauf schließen, daß außer der Vollendung hier nicht alle, sondern nur die der Voll- 
endung angrenzenden Versuchshandlungen gemeint sind. Ja, noch enger wird der Kreis zu 
ziehen sein, da die Definition ein weiteres, subjektives Merkmal enthält. Nach ihm genügt 
nicht, daß die Handlung objektiv eine der Vollendung nahekommende Versuchshandlung ist. 
Sie muß es auch nach dem Plan des Täters sein. 
§ 13. Einteilungen. 
Versuch ist die ganze Strecke von der ersten Körperbewegung, die zur verbrecherischen 
Tätigkeit gehört, bis unmittelbar vor Eintritt des Erfolgs. Sie bleibt Versuch, gleichgültig, in 
welchem Punkt die Handlung abgebrochen wurde. Aber es ist nicht unerheblich, ob der Versuch 
noch nicht zum Abschluß der verbrecherischen Tätigkeit geführt oder ob er erst nach derselben, 
also während der Zwischenwirkungen seine Ende erreicht hat. Demgemäß unterscheidet man 
nichtbeendeten und beendeten Versuch. Der beendete Versuch ist wieder entweder aufgegebener 
oder gehinderter Versuch, je nachdem die Tätigkeit aus freien Stücken eingestellt oder ohne 
Willen des Täters beendet wurde. 
Ist die verbrecherische Tätigkeit zum Abschluß gelangt, so fragt es sich, ob mit ihr eine 
wirksame oder eine unwirksame Ursache zum Erfolg gesetzt ist. Im ersteren Fall liegt ein taug- 
licher, im letzteren ein untauglicher oder, besser gesagt, mißlungener Versuch vor. Dieser setzt 
natürlich nicht voraus, daß die unwirksame Tätigkeit abgeschlossen war. Auch der nichtbeendete 
Versuch kann sich als untauglich erweisen. 
8 14. Untauglicher Versuch. 
Gewöhnlich nimmt man an, daß nicht jeder untaugliche Versuch strafbar sei. Die herr- 
schende Meinung pflegt zwischen relativ und absolut untauglichem Versuch zu unterscheiden 
und die Strafbarkeit auf jenen zu beschränken. Sie will also nur dann strafen, wenn der Versuch 
an dem angegriffenen Objekt und mit den gewählten Mitteln wenigstens an sich möglich und nur 
in concreto unmöglich war. Darnach würde der Giftmischer, der im letzten Augenblick Zucker 
und Arsenik verwechselt und jenen statt des Giftes gibt, wegen Mordversuchs nicht gestraft werden 
können, während er sich strafbar gemacht haben würde, falls er eine zu geringe und deshalb un- 
wirksame Dosis Gift gegeben hätte.
	        
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