Militärstrafrecht und Militärstrafverfahren. 261
satz der Individualisierung); si duo faciunt idem, non est idem. Mit ihr hängt
das sparsame Haushalten (Okonomie) bei den Bestrafungen und die möglichste Anpassung
(Harmonie) der Strafe an die Natur der Übertretung zusammen. In der Regel ist mit
der gelindesten Strafe anzufangen und vorsichtig zu steigern. Doch läßt sich ein Schema nicht
aufstellen, und es kann der ausschlaggebende Gesichtspunkt der Aufrechterhaltung und Festigung
der Disziplin dazu führen, auch die erste Verfehlung fest und hart zu bestrafen.
c) Verjährung. Für die Verfolgung der DVergehen (oben Ziff. 3 b) gelten
die §§ 66—69 RöSteB.; der richterlichen Unterbrechungshandlung des § 68 steht jede Hand-
lung gleich, die vom DVorgesetzten wegen der begangenen Tat gegen den Täter gerichtet wird
(5 10 EGG. MStGO.). Dübertretungen (oben Ziff. 3 a) können drei Monate nach
ihrer Verübung nicht mehr bestraft werden; doch kann durch ein militärgerichtliches Verfahren
die Verjährung unterbrochen werden. Die Marine hat hierzu Bestimmungen, die von denen
des Heeres etwas abweichen; vgl. § 44 DSt O., 54 Mar- Kontrollübertretungen der Personen
des Beurlaubtenstandes verjähren überhaupt nicht. — Die Verjährung der Vollstreckung von
DVergehen ist nach gemeinem Recht (5 70 Abs. 1 Z. 6 u. Abs. 2, § 72 RStGB.) zu be-
handeln, ob gleiches für Dübertretungen zu gelten hat (Vorschriften fehlen), ist bestritten;
Pr. KM. v. 20. 12. 1894, Bay. KM. 27 358/94 bejahen die Frage.
d) Vollstreckung. Dötrafen sind tunlichst gleich nach der Verhängung zu voll-
strecken; für die Vollstreckung sorgt der DVorgesetzte, der die Strafe verhängt hat oder dem
vom höheren DVorgzesetzten die Vollstreckung überlassen worden ist. Verhängt ist eine Detrafe
erst mit der dienstlichen Eröffnung an den Bestraften; danach kann der strafende Vorgesetzte
an der Strafe sachlich nichts mehr ändern, mag er sie in die Strafbücher auch noch nicht ein-
getragen haben. Wird die Berechtigung der Strafe zweifelhaft, so muß er die Vollstreckung
aussetzen oder unterbrechen. Die Aufhebung oder Abänderung einer Dötrafe ist möglich
durch Beschwerde (s. Ziff. 8) oder im Wege der Dienstaufsicht (s. nachf. e) oder durch Aller-
höchste Gnade. über die Vollstreckung einzelner Strafen, bes. der Arreststrafen, sind besondere
Bestimmungen in den DStO.en (Heer: §§ 46—51; Mar.: 59—67) getroffen; sie werden durch
solche in den Strafvollstreckungsordnungen (Heer: v. 19. 3. 1908; Mar.: v. 21. 11. 1908) er-
gänzt. Sondervorschriften auch für Vollstreckung der Arrest= und Haftstrafen an Personen
des Beurlaubtenstandes.
e) Dienstaufsicht. Die höheren DVorgesetzten haben auf gerechte und zweck-
entsprechende Anwendung der den niederen Vorgesetzten zustehenden Strafbefugnisse und auf
die vorschriftsmäßige Strafvollstreckung sorgfältig zu achten und zu diesem Zwecke in bestimmten
Zeiträumen die überall nach bestimmten Mustern zu führenden Strafbücher genau nachzu-
prüfen. Sie müssen auch ohne Beschwerdeführung Strafen aufheben, die ihrer Art und ihrer
Dauer nach unzulässig waren, oder wenn der Strafende zu ihrer Verhängung unzuständig ge-
wesen war; I§s 54, 55 DStO., 73, 74 Mar-. Die Ausstellungen werden in Prüfungshefte
aufgenommen. Aus dem Grundsatz der vollen Selbständigkeit des innerhalb seiner DBefug-
nisse handelnden niederen D orgesetzten ergibt sich, daß die höheren Befehlshaber an solchen
Strafen kraft ihrer Dienstaufsicht nichts ändern dürfen, die sie nur für sachwidrig halten (z. B.
der Täter ist ein anderer gewesen oder die an sich erlaubte Strafe erscheint zu hoch oder zu
niedrig). Sachwidrige Strafen können nur durch Beschwerde oder Gnadenantrag an die
Allerh. Stelle beseitigt werden; vgl. AKO. v. 16. Nov. 1899 (Dietz, DSt. S. 275).
f) Löschung von DStrafen in den Strafbüchern der Kapitulanten ist vorgesehen (A#l.
1902 S. 191; Bay. VBl. 02/187); ferner Wegfall von Strafen in Führungszeugnissen, über-
weisungsnationalen usw. nach Heer O. 3§ 17 Z. 4 u. 5, 18 Z. 3, MarO. 20 Z. 4 u. 5, 21
Z. 5. Auch unabhängig von diesen allgemeinen Bestimmungen kann die Löschung im Einzel-
falle durch Gnadenantrag erreicht werden.
Ziffer 8. Beschwerde über verhängte Disziplinarstrafen
ist erlaubt, aber der Regel nach erst nach Verbüßung der Strafe zulässig. Auch Vorgesetzte
des Bestraften, die Untergebene dessen sind, der gestraft hat, haben im Heere (nicht in der