Militärstrafrecht und Militärstrafverfahren. 271
Bei Ablehnung der Rechtshilfe durch Amtsgerichte hat der ersuchende Gerichtsherr die
Beschwerde wegen verweigerter Rechtshilfe an das Oberlandesgericht; weitere Beschwerde
an das Reichsgericht.
b) Zeugnispflicht und Zeugniszwang in Ehrengerchtssachen: Der Offizier
muß jedem Ehrenrat Rede stehen und Auskunft erteilen. Daraus ergibt sich für ihn als militärische
Dienstpflicht, auch jedem Gericht gegenüber, das an Stelle des Ehrenrats tätig wird, Aussage
zu machen. Es muß ihm aber das gesetzliche Zeugnisverweigerungsrecht wie im Strafprozeß
zugestanden werden. Jeder andere preußische Staatsbürger muß sich in ehrengerichtlichen
Untersuchungen (gehören dazu die Vorerhebungen?) als Zeuge von Ehrenräten und Gerichten
nach der AKO. v. 18. Juli 44, deren Strafandrohungen durch die 88 69 St PO., 203 MSt GO.
ersetzt sind, vernehmen lassen; diese V. hat Gesetzeskraft, weil sie vor der Preußischen Verfassung
ergangen ist. In den übrigen Bundesstaaten und in der Marine wird man zu verneinendem Er-
gebnis kommen müssen, was militärisch ebensowenig befriedigen kann wie das Ergebnis zu a.
c) Das Aussageverweigerungsrecht in Ehrengerichtssachen müssen Zeugen
und Sachverständige (auch Offiziere) genau so haben, als wenn sie im gerichtlichen Verfahren
vernommen würden. Vgl. 187, 188, 190, 191,200 MStGO. und die entsprechenden Bestimmungen
der St PO.
d) Die Vernehmungvor dem (vollzähligen) Ehrenrat muß auch wenn
es nicht vorgeschrieben ist, notwendig nach den Grundsätzen des strafgerichtlichen Verfahrens
durchgeführt werden. Die Fragen wird der Vorsitzende des Ehrenrats (Hauptmann usw.) in
der Regel stellen. Über Zeugnisverweigerungsrecht s. unter c. Auch der Ehrenrat hat hier-
nach, wenn er Zeugen usw. vermimmt, die Pflicht, auf das gesetzliche Zeugnisverweigerungs-
recht, soweit Belehrung vorgeschrieben ist, hinzuweisen. Der Angeschuldigte braucht sich —
trotz seiner Pflicht, Rede und Antwort zu stehen — einer gesetzlich strafbaren Handlung nicht
zu bezichtigen; Lügen können ehrengerichtliche Folgen haben. Vgl. RHMG. 11, 95.
e) Die Militär-= und auch die bürgerlichen Gerichte verfahren nach
den Bestimmungen der MStG. (§§ 185—221); für die bürgerlichen Gerichte ist das bestritten;
jedoch muß das Recht der ersuchenden Stelle, das Reichsrecht ist, maßgebend sein. Vor allem
Nacheid. And. M. RM. 14, 107. Vgl. aber Pr. Erg. 1, 40 und Autenrieth, Arch MilR. 4
Heft 5. Schwierigkeit kann besonders die Frage der Beeidigung in Fällen des 8 199 3. 3 MStGO.
machen, zumal die Akten nicht übersandt werden dürfen. Es muß jedoch mitgeteilt werden,
was zur Erledigung des Ersuchens erforderlich ist; fehlt es daran, so wird das Gericht nähere
Auskünfte verlangen müssen. Offiziere, die den Ehrengerichten unterstehen, werden niemals
beeidigt, sondern versichern die Richtigkeit ihrer Aussage auf Ehre und Pflicht. Der Ehrenrat
oder einzelne seiner Mitglieder können gerichtlichen Vernehmungen nicht beiwohnen.
f) Akteneinsicht ist den ersuchten Gerichten versagt, dem fremden Ehrenrat aus-
nahmsweise gestattet. Vorgesetzte Militärbehörden, der Angeschuldigte und sein Verteidiger
haben unbeschränktes Recht der Einsicht, die letzteren im Beisein eines Ehrenratsmitgliedes;
versagt ist ihnen Einsicht in das begründete Gutachten, das der Ehrenrat für die Spruchsitzung
vorzubereiten hat.
8) Bei der Schlußvernehmung wurd der Angeschuldigte mit dem Inhalt der
Akten bekannt gemacht (vgl. unter f) und befragt, ob er noch etwas zur Sache anzuführen habe
oder die Akten für geschlossen halte. Auch nach Schließung der Akten ist eine Ergänzung der
Untersuchung noch zulässig; dann ist eine neue Schlußvernehmung anzuschließen.
h) Nach Abschluß der Akten wird die Spruchsitzung vorbereitet. Der Ehren-
rat verfaßt ein schriftliches Gutachten, der Angeschuldigte (über seine Verteidigungsbefugnisse
zu belehren) kann eine Verhandlung über seine Verteidigung vom Ehrenrat aufnehmen lassen
oder eine Verteidigungsschrift einreichen, auch einen den Ehrengerichten unterstellten Offizier
als Verteidiger wählen, der keinen niedereren Dienstgrad als er selber hat. Auch dieser kann eine
Verteidigungsschrift einreichen. Frist 8 Tage. Die Anklagepunkte, die der Ehrenrat vor dem
Ehrengericht vertreten will, sind dem Angeschuldigten bekanntzugeben; eine Liste der Mitglieder
des Spruchgerichts wird ihm behändigt; Anträge auf Ausschließung sind spätestens binnen 3 Tagen