Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

26 F. Wachenfeld. 
Zum Rücktritt vom Versuche gehört die vollständige Aufgabe des verbrecherischen Plans. 
Wer in der Ausführung des Diebstahls innehält, um eine bessere Gelegenheit abzuwarten, ist 
daher vom Versuch nicht zurückgetreten. Auch derjenige hat den verbrecherischen Plan nicht 
aufgegeben, der nur gezwungen von der Ausführung des Verbrechens Abstand nahm. Darum 
fordert das Gesetz Freiwilligkeit des Rücktritts. Aus welchem Grunde der freiwillige Rücktritt 
erfolgte, ist gleichgültig. 
War der Versuch noch nicht vollendet, so genügt es, wenn der Täter seine weitere Tätig- 
keit einstellt; z. B. der A. schießt das auf den KX. bereits angelegte Gewehr nicht ab. War aber 
der Versuch schon in ein weiteres Stadium gerückt und die verbrecherische Tätigkeit beendet, 
so ist mehr nötig. Dann muß die Kausalkette durchschnitten oder ihr eine andere Richtung ge- 
geben werden, um die Wirksamkeit der Tätigkeit unschädlich zu machen. Es muß z. B. der 
bereits in Brand gesetzte Zündstoff wieder gelöscht, dem Vergifteten ein Gegengift eingeflößt 
werden. Gelang es trotz aller ausgewendeten Mühe nicht, den Erfolg aufzuhalten, hatte z. B. 
der Zündstoff die Balken des Hauses bereits angekohlt, so bleibt nicht nur die Versuchsstrafe 
bestehen, sondern es ist sogar Strafe für das vollendete Delikt verwirkt. 
Glückte die Anwendung des Erfolgs, so befreit dennoch der Rücktritt vom beendeten 
Versuch nicht von Strafe, wenn er erst in einer Zeit erfolgte, in der die Handlung bereits ent- 
deckt, alsso der Strafverfolgung ausgesetzt war. 
Hat der Rücktritt die Strafe für den Versuch beseitigt, so fällt damit noch nicht die Strafe 
für das in der Versuchshandlung liegende vollendete Delikt weg. Erhielt der Mörder durch 
das Gegengift sein Opfer am Leben, so kann er zwar nicht wegen Mordversuchs, wohl aber 
eventuell wegen vollendeter Vergiftung gestraft werden (sog. qualifizierter Versuch). 
Zweites Kapitel. 
Teilnahme. 
8 16. Begriff der Teilnahme. 
Die Teilnahme im weiteren Sinn umfaßt jede Beteiligung an einer Straftat. In der 
engeren und eigentlichen Bedeutung aber bildet sie einen Gegensatz zur Täterschaft und besteht 
in der Förderung eines fremden Verbrechens. So wenig wie der schuldlose Täter, kann der 
Teilnehmer, den keine subjektive Verschuldung trifft, Strafe erleiden. Es läßt sich daher die 
eigentliche Teilnahme bestimmen als die schuldhafte Mitwirkung zu der Straftat des Täters. 
Nach dieser Definition enthält sie ihren strafbaren Charakter aus der Tat des Täters. Ist 
diese kein Delikt, so ist es auch nicht die Hilfeleistung, und zwar gleichgültig, ob sie überhaupt 
nicht oder in concreto nicht unter das Gesetz fällt, z. B. wegen ausnahmsweisen Ausschlusses 
der Rechtswidrigkeit. Nicht nur die Anstiftung zum Selbstmord, sondern auch der Beistand 
in der Notwehr ist straflos. Die Verleitung eines Wahnsinnigen oder eines Kindes zum 
Diebstahl ist, wenn auch aus anderem Grunde, strafbar, jedenfalls keine Teilnahmehandlung. 
Das Verbrecherische der unterstützten Handlung entfällt, wenn den Täter keine Schuld, 
aber nicht schon dann, wenn ihn z. B. infolge von Begnadigung keine Strafe trifft. 
Da der strafrechtliche Begriff der Teilnahme eine Schuld des Teilnehmens voraussetzt, 
erfordert er Bewußtsein desselben sowohl von der Tat des Täters als auch von der Bedeutung 
der eigenen Handlung. 
Der Teilnehmer kann nicht verantwortlich sein, wenn er nicht weiß, daß der geliehene 
Revolver zu einem Morde benutzt, die angeratene Handlung zu einem verbrecherischen Erfolg 
führen wird. Er kann es aber auch ebensowenig, wenn er die Bedeutung seiner eigenen Hand- 
lung nicht kennt. Er muß wissen, daß er hilft. Fahrlässige Beteiligung reicht also nicht aus. 
Begrifflich ist sie zwar nicht ausgeschlossen; denn man kann auch ein Verbrechen unbewußt fördern, 
obwohl man diese Wirkung bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte erkennen müssen. Aber das 
Strafgesetzbuch hat sie mit Recht unberücksichtigt gelassen. In einzelnen Nebengesetzen, wie 
insbesondere den Gesetzen über strafbare Nachbildungen, soll sie Aufnahme gefunden haben. 
Doch ist es fraglich, ob daselbst nicht delicta sui generis normiert sind.
	        
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