Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

26 Ulrich Stut. 
lischen Sukzession, indem er, im Verlauf seiner Entfaltung den Epistopat über die Einzelkirchen 
erhebend, ihn zum Grundpseiler (Irenäus um 180: r5 d##### zxxns döcrarpa) 
einer höheren Einheit, eben der Gesamtlirche, machte. Und nun zieht die dogmatische Leib- 
lichleit die rechtliche nach sich. Der Bischof sendet zum mindesten den Nachbarbischösen eine 
Wahlanzeige. Es beginnt unter dem Epistopat ein lebhafter Verkehr. Bereits treten Synoden 
zusammen, namentlich im Orient (Kanon, Ostlerstreit 197). So sehr gewinnt die Gesamtlirche 
rechtliche Greisbarkeit, daß der Ausschluß aus ihr möglich (Fall des antiochenischen Bischofs 
Paulus von Samosata 269), ja allein möglich wird. 
Lipsius, Die Zeit des Irenäus von Lyon, H. 3. XXVIII, 1872; Hinschius, Kr. 
III K 173, 176; Sohm, Kr. 1 K# 21—26; v. Schwartz, Die Entstehung der Synoden in der 
alten Kirche, Leipz. phil. Diss., 1898; Schmid, Die Osterfestfrage auf dem ersten allgemeinen 
Konzil von Nicaea, Theol. Stud. d. Leo-Ges. 13. H., 1905. 
Bei alledem hat Rom die Führung, Rom, dessen weltliche Herrlichkeit und kirchliche Be- 
deutung zusammenwirken, die größte Gemeinde des ja noch maßgebenden Abendlandes, aus- 
gezeichnet durch weiten Blick (rasche Abstreifung des Judentums), hochentwickeltes Pflicht- 
bewußtsein (1. Clemensbrief), universale Liebestätigkeit (Ignatius: #oorabn#é # diduunc). 
in erster Linie ausgesetzt und bewährt in der Verfolgung (Nero 64, Valerian 258), literarisch 
früh hervorragend (1. Clemensbrief, Hermas), von unerschütterter Rechtgläubigkeit (Über- 
windung der Gnosis) und doch in Lehrstreitigkeiten weise vermittelnd (Calixt gegenüber Sabellius) 
und deshalb auch bei augenblicklichem Mißerfolg auf die Dauer doch siegreich (Osterstreit), nach 
dem Zurücktreten des Griechentums bald unübertrossen in seinem durch den genius loci be- 
stimmten Organisationstalent (§ 5), die Heimat des Gedankens der apostolischen Sukzession 
(5 3), des Taufsymbols und damit der Glaubensregel, endlich die Zeugin der Wirksamkeit und 
des Martyriums zweier Apostel, des Paulus und des in der Tradition immer mehr hervor- 
tretenden Petrus. Kein Wunder, daß diese Kirche schon früh als Bundesgenossin begehrt 
(Polykarps und der Asiaten Anschluß seit 154) und als Ursitz der Tradition aufgesucht (Hegesipp) 
wird, daß Irenäus die Verbindung mit ihr als für jeden rechtgläubigen Christen selbstverständlich 
hinstellt, daß er ihr den ersten Rang (potior principalitas) unter den Apostelgründungen zuerkennt, 
und daß Cyprian in ihr die Trägerin der Einheit sieht. In der Tat übte Rom über Jtalien 
hinaus auf die Kirchen Afrikas (wenigstens zeitweise), Galliens und Spaniens einen unmittel- 
baren Einfluß aus. Ja sein Bischof wird schon vor der Anertennung der Kirche durch den Staat 
gelegentlich als lirchliche Spitze behandelt (Aurelian 272). 
Harnack, Dogmengeschichte 1“, 1897, Das Zeugnis des Irenäus über das Ansehen der 
römischen Kirche, Berliner Ak. S. B., 1893, Das Zeugnis des Ignatius über Ansehen 
der römischen Gemeinde, Berliner Ak. S. B., 1896; Sohm, I1 14; Uhlhorn, 
Geschichte der christlichen Liebestätigkeit I#,"", 1882—97; Ratzinger, Geschichte ur kirchlichen. 
Armenpflege , 1884; Lallemand, Histoire de la charitt I—IV, 1902—1912; Funk, Der 
Primat der römischen Kirche, in seinen Kg. A. I.; Grill, Der Primat des Petrus, isda; 
Dufourcq, Saint-Jrenée, 1904; Guignebe r t, La primauts de Pierre et la venue de 
Pierre à Rome, 1909; Rinieri, 8S. Pietro in Roma ed 1 primi papi, 1909; Schmiedel, 
War der Anpostel Peirus in Rom? Protest. Monatshefte XIII, 1909; Harnack, Vicarius 
Christi vel Dei bei Aponius, Festschrift f. Delbrück, 1908; Bo e hme t Zu dem geugnis des 
Je von dem Ansehen der römischen Kirche, Z. f. neutest. Wiss. VII, 1906; Bludau, Die 
uden Roms im Uchmristlichen Jahrhundert, Kath. LXXXIII, 1903; M anch ot, Die Heiligen, 
1 Delehaye, Les origines du culte des martyres, 1822. 
Es entsprach durchaus der allgemeinen Entwicklung, daß das Ansehen der römischen Ge- 
meinde sich auf deren Bischof übertrug, um dann geradezu auf ihm zu ruhen, sowie daß die 
römischen Bischöse auf die Verrechtlichung dieses Primats hinarbeiteten (Viltors Osterdelret 
von 196, Delret Calixts von 217/18 über die Milderung der Disziplin mit erstmaliger Berufung 
auf Mt. 16,1s). Erfolg hatten diese Bemühungen noch nicht (Protest Tertullians und des conc. 
Carth. 256 gegen den episcopus episcoporum. Kritik Fermilians von Cäsarea). Die Gesamt- 
lirche blieb auch weiterhin ein Bund von Bischofskirchen, aber als solche eben doch eine recht- 
liche Einheit. Als Trägerin einer Weltreligion steht vor den Toren des Weltreichs die Well- 
lirche und begehrt gebieterisch Einlaß.
	        
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