288 Ulrich Stutz.
Tempel beginnt, aber auch im Westen (im Bund mit Ambrosius von Mailand) trotz des Wider-
stands der römischen Aristokratie (Symmachus) 392 den heidnischen Kult verbietet und so mit
dem gelegentlich schon von Konstantin dem Großen erwogenen Gedanken der religiösen Ein-
förmigleit des Reichs Emst macht (I. 12 cod. Theod. 16, 10). In der Tat schlägt nunmehr
Martin von Tours (375—401) auch das keltische Heidentum der gallischen Landschaft nieder.
Theoretisch und praktisch sieht der Grundsatz der Christlichkeit des orbis terrarum bereits so fest,
daß Augustin (426) den irdischen Staat (die civitas teirena) für den Dienst des christlichen,
jenseits-diesseitigen Gottesstaates (der civitas Dei) in Anspruch nehmen kann, und daß selbst
der gerade jetzt erfolgende Einfall ganzer heidnischer Germanenstämme nur noch örtliche Aus-
nehm. schafft.
Schultze, Geschichte des Untergangs des griechisch-römischen Heidentums I, 1887;
All e Le paganisme au milieu du 4. siecle, R. d. h. LVI, 1894; Boissier, La fin du
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schichtswisenschaft, H. Z. CVII, 1911; Bliemetzrieder, Über St. Augustins Schrift De civitate
Dei, Th. Q. XCV, 1913.
Freilich droht der Arianismus, der im Osten nur zeitweilig als byzantinisches Regierungs-
christentum die Oberhand zu gewinnen vermochte, wegen seiner leichten Anpassung an das
Vollstum (gotische Bibelübersetzung des Ulfila) und die Einrichtungen (Eigenkirchen statt Haus-
priestertum? Bischöfe statt sacerdotes civitatis?) der Germanen (Ost= und Westgoten, Sueven,
Burgunder und Langobarden) im Westen die Katholizität zu gefährden. Jedoch die Annahme
des katholischen Christentums durch die Franken (Taufe Chlodowechs, Weihnachten 490), der
im 7. Jahrhundert der Ubertritt der Langobarden solgt, stellt die Glaubenseinheit des Abend-
landes für ein Jahrlausend wieder her, zumal angesichts der durch Wesensverschiedenheit (oben
4), hierarchische Interessengegensätze (unten § 12) und die Reichsteilung (endgültig seit Arkadius
und Honorius 395) verursachten zunehmenden Loslösung der morgenländischen Christenheit
eine Tatsache von entscheidender Bedeutung.
Werminghoff, VG. # 3—6; L. Schmidt, Geschichte der Wandalen, 1901;
Pfeilschifter, Der Ostgotenkönig Theoderich der Große und die katholische Kirche, Kg. St.
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Geschichte Italiens im Mittelalter [—III, 5 Bde., 1897—1911; Crivellucci, Le chiese cattoliche
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rechts, 1895. Artanismus und Germanismus, Hinnebergs Internat. Wochenschrift 1909;
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germ. Altertumsk. 1, 1911.
8 8. Die organisierte Weltflucht (Mönchtum).
Die Annäherung an die Welt, bereits in den letzten Jahrzehnten vor dem Entscheidungs-
lampf in vollem Gange 2, erzeugte eine weltflüchtige Bewegung, mit der sich die bis in die Zeiten
des Wiederkunftschristentums zurückreichende asletische Richtung als positives Element paarte.
Nach Einsamkeit Verlangende (noév#c#%t) gehen in die Wüste als Anachoreten oder Eremiten
(anachoretisches Mönchtum; Hauptvertreter Antonius, 270—356). Doch organisiert Pachomius
Blutige Opfer werden Moajestätsverbrechen.
: Paulus von Samosata (260—272) war zugleich Bischof von Antiochien und höherer Pro-
vinzialsteuerbeamter (ducenarius).