Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

Kirchenrecht. 297 
zwei Klassen der im Vorbereitungsstand Befindlichen oder Katechumenen ½ und der Getauften? 
zerfallen, vom Bischof durchaus abhängig. 
Loe ning, Geschichte II 540 ff.; Freisen, Geschichte des kanonischen Eherechts ', 1893. 
Aber auch die Geistlichkeit (nach dem Vorbild des städtischen Dekurionats ordo genannt), 
die höhere und die niedere (clerici), von den Laien noch mehr als früher ständisch gesondert 3 
und privilegiert (Befreiung von den persönlichen Staatslasten), befindet sich ganz in der Hand 
des Bischofs (ad nutum episcopi). Er, der Bischof, entscheidet über die Aufnahme (seit dem 
6. Jahrhundert nach vorheriger Prüfung), er erteilt die Weihen", er gibt den Amtsauftrag 5, 
er entzieht ihn ", er siellt auch den Reisepaß (§ 4, jetzt mit Vorliebe litterae formatae ge- 
nannt) aus. 
Loening, Geschichte 1 129 ff., II 275 ff.; v. Schulte, Die geschichtliche Entwicklung 
des rechtlichen character indelebilis, R. intern. de théol. IX, 1901; Lea, An historical sketch 
#of sacerdotal celibacy, 1867; Funk, Cölibat und Priesterehe im christlichen Altertum, in seinen 
Kg. A. I; Gnestal, Les origines du privilege clérical, N. r. h. XXXII, 1908; Atchley, 
A history of the use of incense in divine worship, Alcuin club coll. XIII, 1909; Couget 
Le clergé gallo-romain à la fin du 4e siècle, 1910. 
Insbesondere aber leben alle Geistlichen, die nach staatlicher Vorschrift nur aus den 
Kreisen der Unbemittelten genommen werden sollen und von der Kirche seit der zweiten Hälfte 
des 5. Jahrhunderts dem bürgerlichen Beruf möglichst entzogen werden, ganz vom Bischof 
(frei bemessenes stipendium, eventuell mit Landzulage aus Widerruf, precarium, später, wenn 
schriftlich, precaria). Mindestens seit Konstantin 8 ist nämlich alles Kirchengut, das vor der An- 
ertennung vielleicht hier und da als Vermögen des collegium licitum der Gemeinde gegolten 
hatte, Kathedral- oder Diözesanvermögen (Eigentumseinheit) und der Bischof sein lediglich 
in der Verfügung über die Substanz durch ein (vom römischen Gemeindegut übernommenes) Ver- 
dußerungsverbot behinderter Herr; die Vorschrift der Vierteilung des Einkommens (7 dem 
Bischof, ½ dem Klerus, ¼ den Armen, ¼ der fabrica = Kirchenbau) bleibt Sonderrecht der 
römischen Kirchenprovinz. Aber auch die Entstehung von nichtkathedralem lirchlichen Sonder- 
eigen, die in Italien (Gelasianische Kirchgründungsinstruktion), Spanien und Gallien gegen 
Ende des 5. Jahrhunderts sich vollzog, tastete die bischöfliche Zentralverwaltung nicht an (Eigen- 
tumsvielheit bei Verwaltungseinheit); nur eine geringe Anzahl gallischer und spanischer Land- 
lirchen wurden im 7. Jahrhundert auch in der Kirchengutsverwaltung selbständig (wohl infolge 
von Zuwendungen Dritter und Klerilkererbschaften). 
Werminghoff, V. 8; De Marchi, 1II culto privato di Roma antica, 1896; 
Kirsch, Die römischen Titelkirchen zur Zeit Konstantins des Großen, R.O. Supplh. XIX, 1913;: 
Fourneret, Les biens de I’Öglise apres les Ödits de pacification, These, 1902; Stutz, Die 
Verwaltung und Nutzung des kirchlichen Vermögens in den Gebieten des weströmischen Reichs, 
Berliner jur. Diss., 1892; Loening, Geschichte I 195 ff., II 632 ff.; Carassai, politica 
religiosa di Costantino 1l Grande e la proprietaà della chiesa, 1901; Knecht, System des. 
1 Konstantin gehörte dazu bis zum Sterbelager, Ambrosius bis nach der Bischofswahl:. 
Hinschius, Kr. IV § 200; Funk, Die Katechumenatsklassen, in seinen Kg. A. I., Zur Frage 
nach den Katechumenatsklassen, ebenda III; Schwartz, Bußstufen und Katechumenatsklassen, 
Schriften der Straßb. wiss. Ges., 7. H., 1911; Dölger, Die Taufe Konstantins und ihre Pro- 
bleme, R.O. Supplh. XIX, 1913. 
Die Kindertaufe wurde besonders durch Augustins Lehre zur Herrschaft gebracht. 
Der character indelebilis der Weihe ist seit Augustin anerkannt. Es besteht eine beschränkte 
Zölibatspflicht: höhere Geistliche sollen nicht heiraten und, wenn verheiratet, nach römischer Vor- 
schrift die Ehe nicht fortsetzen. Seit dem 5. Jahrhundert kommt auch die mönchische Tonsur dazu, 
bei den Griechen als Volltonsur oder tonsura s. Pauli, bei den Briten als auf den Vorderkopf be- 
schränkte Halbtonsur oder tonsura Simonis Magi; schließlich siegt die römische Kranztonsur oder 
tonsura s. Petri. 
*Voraussetzung sind namentlich Taufe, männliches Geschlecht, Freiheit, für Priester 30 Jahre, 
sittliche Reinheit. 
* Ohne Titel —= Kirche, Amt, keine Weihe, so daß ordinatio = Weihe und Bestallung. 
*Auch an Landbkirchen gibt es keine feste Anstellung. 
!7 Ihr zuvor durch Gewerbesteuerfreiheit beförderter Handelsbetrieb wird im Interesse der 
Beachtung des Zinsverbots beschränkt. 
* Schon Gallien gibt 262 die Begräbnisplätze an die Bischöfe zurück.
	        
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