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unten und außen nicht, trägt vielmehr ein auffallend unlirchliches, ja unchristliches Gepräge
an sich. Die Einzelnen stehen für dies Recht durchaus im Vordergrund, und es eignet ihm
ein stark wirtschaftlicher Zug, was ihm einen ausgesprochen subjektiven und privatrechtlichen.
Charakter verleiht. Mit Hilfe des wieder hervorgezogenen altlirchlichen Rechtes von dem
reformierten Papsttum untergraben, sinkt die Herrschaft des Germanismus um 1150 mit der
Geburt der Kirchenrechtswissenschaft in den Staub. Manche seiner Einrichtungen leben noch
jahrhundertelang als machtvolles deutsches Kirchenrecht sort. Aber das germanische Gepräge
des Ganzen ist für immer dahin.
Stutz, Eigenkirche (6 7); Brunner, Deutsche Rechtsgeschichte II, 1892, 3 96, Grundzüge
der deutschen Rechtsgeschichte “, 1913, 5 20, sowie in dieser Encyklopädie I/S. 94 .; Schröder,
Deutsche Rechtsgeschichte ", 1907, z2i; Hauck, Kirchengeschichte Deutschlands, besonders I1 u. "„
III, 3 u.“, 1906—1912; K. Maurer „ Vorlesungen über altnordische Rechtsgeschichte, II, Über
altnordische Kirchenverfassung und Eherecht, 1908; Herwegen, Germanische Rechtssymbolik
in der römischen Liturgie, Beyerles Deutschr. Beiträge VIII, 11, 1913.
8 17. Quellen.
Um das Kirchenrecht so, wie es in dieser Periode tatsächlich gegolten hat, wirklich kennen.
zu lernen, muß man sich an die Fülle der Urkunden und Formeln (oben 1, S. 82 ff.; dazu liber
diurnus, Formelbuch der päpstlichen Kanzlei, unter Hadrian I. im wesentlichen abgeschlossen)
halten. Daneben kommen die Beschlüsse der Reichs- und Teilkonzilien in Betracht sowie die
Diözesansynoden, von denen letztere bloß Zeugnisse kirchlicher Ubung, erstere in karolingischer
Zeit nicht mehr als kirchliche Forderungen, in nachkarolingischer dagegen wahres Kirchenrecht
sind. Die capitularia eeclesiastica (1. und 2. Buch der Sammlung des Ansegis 827, oben 1
S. 82) enthalten, was von den synodalen Wünschen vor den Augen des Königs als Gesetz-
gebers der Kirche Gnade gefunden, indes die capitularia mundana einigen kirchlichen Be-
stimmungen sogar die Geltungskraft weltlichen Rechts verleihen. Dem praktischen Kirchendienst
dient das Sendhandbuch (um 906) Reginos, weiland Abtes zu Prüm in der Eifel, sowie das
auch von anderen systematischen Sammlungen (z. B. von Ivo von Chartres, f 1116, im
Decretum und in der Panormia) zum Muster genommene, für Wormser Bedürsnisse frei zurecht-
gemachte Decretum (1008—10122) des Bischofs Burchard von Worms.
Tonrat (Cohn), Geschichte der Quellen und Literatur des römischen Rechts im früheren
Mittelalter, 1I, 1891; Rabani Mauri (Abt von Fulda, 1 856 als Erzbischof von Mainz) de institu-
tione clericorum libri III, ed. Knoepfler ', 1901; Walahfridi Strabonis (7 849, Abt von
Reichenau) libellus de Ne kordüs et incrementis rerum ecclesiasticarum, in M. G. h. Capitularia II,
19 Th. Sickel, liber diurnus Romanorum pontificum, 1889, und in Wiener Ak. S. B.,
phil.-hist. Kl., CXVII, 1889; Duchesne, Le liber diurnus, B. é6. d. ch. I, II, 1891; Hart-
mann, Die Entstehungszeit des liber diurnus, M. d. J. f. ö. G. XIII, 1892; Kösters, Studien
zu Mabillons römischen Ordines, Freiburger phil. Diss., 1905; Dubois, De concillis et theo-
logicis disputationibus apud Francos Carolo Magno regnante habitis, These, 1903; Werming-
hoff, Verzeichnis der Akten fränkischer Synoden von 742—918, N. A. XXIV und XXVI, 1899.
und 1901, und auch XXVII, 1902, Zu den fränkischen Reformsynoden des 8. Jahrhunderts, N. A.
XXXII, 1907, Zu den bayrischen Synoden am Ausgang des 8. Jahrhunderts, Festschrift f.
Brunner, 1910; Koeniger, Beiträge zu den fränkischen Kapitularien und Synoden, A. f. k. Kr.
LXXXVII, 1907; Krause, N. A. XIX, 1894, und vor allem M. G. h. Concilia II 1, 2, 1906,
1908, Concilia acvi Karolint I ed. Werminghoff; Schannat et Hartzheim,
doncilia Germaniae, II Bde., 1769 ff.; Conrat Coh n) „Die lex Romana canonice compta,
1904; Fournier, L'origine de la collection Anselmo dedicata, Mélanges Girard, 1912;
Reginonis abbatis Prumiensis libri duo de synodalibus causis et erclesiastieis diseiplinis, ed.
Wasserschleben, 1840; Wawra, De Reginone Prumiensi, Breslauer kath.-theol. Diss.,
1900; Hauck, Über den liber decretorum Burchards von Worms, Sächs. Gesellsch. d. Wissensch.,
1894:; Koe- nig er, Burchard J. von Worms und die deutsche Kirche seiner Zeit, Veröff. aus
dem Münchner kirchenhist. Sem. II, 7, 1905; Died erich b„,Das Dekret Bischof Burchards von
Worms I, Breslauer kath.-theol. Di. , 1908; Fournier, Etudes critiques sur le décret de
Burchard de Worms, N. r. h. XXXIV, 1910 (auch sep.), Le décret de Burchard de Worms, R.
h. e. XII, 1911 (auch sep.), De quelques collections canoniques issues du decret de Burchard,
in Melanges Paul Fabre, 1902, Observations sur diverses recensions de la collection canonique-
d'Anselme de Lucques, Annales de l'univervité de Grenoble XIII, 1901, Les collections canoniques-
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droit canonique, Compte rendu du 4e congres scientifique international des cathol. 5 e sect.,
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