304 Ulrich Stutz.
Dekretale Recepimus litteras bei Blumenstok u. Schreiber, Bened. St. M. XXXII, 1911; Lesne,
Nicolas I. et les libertés des monastères de Gaule, M. a. XXIV, 1912; Brackmann, Studien
und Vorarbeiten zur Germania pontificia I, 1912; Pivano, Le immunita ecclesiastiche, Fest-
sschrift f. Friedberg, 1908; Stengel, Die Immunität 1, 1910, Zur Geschichte der Kirchenvogtei
und Immunität, Viertelj. f. Soz. u. Wirtsch. Gesch. X 1912; Kroell, L’immunité franque,
1910; Hirsch, Die Klosterimmunität seit dem Investiturstreit, 1913.
3. Eigenkirchliche Bezüge. Die mit ihm verbundenen Einnahmen waren es,
die das Eigenkirchenrecht begehrenswert und die Eigenkirchengründung, zugleich ein gottwohl-
gesälliges Werk, zur beliebten mittelalterlichen Kapitalanlage machten. Außer den Diensten
zund Zinsen, die der Geistliche bei besetzter Kirche zu leisten hatte, warf nämlich die Eigenkirche,
von unrechtmäßig gewonnenen Einkünften abgesehen, ab:
a) die Zwischennutzung, den Ertrag der erledigten Kirche (abgerechnet die Kultkosten
der Zwischenzeit) bis zur Wiederbesetzung, dem Eigentümer als solchem ohne weiteres zukommend,
aber später (§ 23) feudalisiert, auf Jahr und Tag ausgedehnt und mit dem besonderen Namen
ius regalise bezeichnet.
G. J. Phillips, Das Regalienrecht in Frankreich, 1873; Luchaire, Manuel # 31;
Michellet, Du droit de régale, These, 1900; Stutz, Art. Regalie, Hauck-Herzogs Real-
encykl. XVI, 1905; Simonsfeld, Zur Geschichte Friedrich Rotbarts, Münchener Ak. S. B.,
phil.-hist. Kl., 1909, Nr. 4.
b) Die Spolien. Der Amtserwerb der Geistlichen mehrte auch bei der Eigenkirche das
(hier grundherrliche) Kirchenvermögen. Dem unfreien Geistlichen gegenüber hatten die Herren
außerdem das Herrenrecht auf das Ganze oder einen Teil des Nachlasses. Als ihnen von der
mit dem Staat verbündeten Kirche freie Geistliche ausgezwungen wurden, halfen sie sich unter
Benutzung altlirchlicher Vorschriften, die dem Geistlichen geboten, einen Bruchteil seines Nach-
lasses der Kirche zuzuwenden, mit der (in Italien schriftlichen) Zusicherung des Ganzen oder
eines Teils der Fahrhabe im Leihevertrag. Daraus wurde, seit der zweiten Hälfte des 9. Jahr-
hunderts nachweisbar, ein auf Gewohnheitsrecht beruhender Anspruch, später als ius spoll#
bezeichnet.
Eisenberg, Das Spolienrecht, Marb. jur. Diss., 1896; Tangl, Die Vita Bennonis und
das Regalien-- und Spolienrecht, NA. XXXIII, 1908.
Tc) Die Stolgebühren. Die Annahme eines Entgelts für geistliche Amtshandlungen, eine
bereits durch Gregor I. verurteilte Unsitte, gewann mit dem Eigenkirchenwesen eine rechtliche
Grundlage. Denn bei den Eigenkirchen war die Gebührenerhebung überliefert (Leichensangs-
kauf bei den nordischen Eigentempeln) und hing mit dem Wesen der Eigenkiche als einem Privat.
unternehmen zusammen, zu dem außer dem Herrn eine größere oder lleinere Gemeinde frei-
willig oder gezwungen sich hielt. Für Begräbnis, Tause, Einsegnung der Ehe, Abendmahl,
Beichte und letzte Olung wurden jetzt oder später Gebühren, jura stolae, erhoben, die nicht bloß
der Unterstellung unter die Simonie nicht versielen, sondern schließlich 1215 von Innozenz III.
geradezu als laudabilis consuetudo bezeichnet wurden. Noch im heutigen Recht spiegelt sich
der Widerstreit altlirchlicher und germanisch-heidnischer Anschauung wider: Stolgebühren dürsen
nicht vor der Amtshandlung gefordert (altlirchlich), müssen aber hinterher, nötigenfalls auf Klage
hin, entrichtet werden (germanisch).
Stutz, Art. Stolgebühren, Hauck-Herzogs Realencykl.? XX, 1907.
d) Der Zehnt, im 5. Jahrhundert von Hieronymus u. a. aus dem Alten Testament über-
nommen, im folgenden Jahrhundert (Synode von Macon 585) bei Strafe der Exkommunikation
kirchlich und seit Pippin (in Bayern seit Tassilo) — wahrscheinlich als Preis, den die weltlichen
Machthaber des Franlkenreichs an die geistlichen von den gemeinsamen Untertanen zahlen ließen,
um, ohne das eingezogene Kirchengut zurückgeben zu müssen, die Wiederaufrichtung der frän-
lischen Kirche zu ermöglichen — auch siaatlich geboten, knüpfte ebensalls an alteigenkirchliche
Gedanken (nordischer Tempelzoll) an. Das karolingische Gebot kam namentlich den Fiskal-
lirchen zugute, an die der Zehnt der Fiskalländereien siel. Nicht mehr dem Bischof, sondern
den einzelnen (Tauf.) Kirchen wurde eben gezehntet. Also gewährte der Zehnt, auf den die
inzwischen nach dem Frankenreich gelangten römischen Teilungsvorschriften (35 14 a. E.) An-