308 Ulrich Stutz.
durch Investitur vermittelst Kirchenbuch, Stab und ähnlicher Symbole. Verleiher war der
Grundherr, der den Geistlichen (nach bischöflicher Prüfung und mit bischöflicher Genehmigung)
emannte und von ihm eine Gabe (exenium) oder Leihegebühr (conductus) bezog. Dem Herrn
wird auch der Dienst in Gestalt der Besorgung der Kirche und der Versorgung der Kirchgenossen
geleistet. Dem Bischof (dem Archidiakon und dem Dekan) bleiben nur Aufssicht, Gerichtsbarkeit
und Abgabenrecht. Das Leiherecht enthält wie auch sonst die Befugnis zur Weitergabe im
Ganzen (Afterleihe) oder zum Teil. Daher nach allmählicher Zunahme des Landkirchenguts
die Unsitte der Bestellung diensttuender, zeitlicher oder ständiger Verweser (vicarü temporales
oder perpetui) unter Vorbehalt des Rektorats, d. h. der Ehren, rechtsgeschäftlichen Vertretung
und Haupteinkünfte.
Stutz, Geschichte des kirchlichen Benefizialwesens 1 (§J 18), Das Eigenkirchenvermögen (7 18),
Art. Eigenkirche, Eigenkloster G 18); Luchaire, Manuel 5# 7, 8; Schupfer, Degli ordini
sociali e del possesso fondiario appo i Longobardi, Wiener Ak. S. B., phll. hist. Kl., II V, 1860;
de Hinojosa, La fraternider artificial en Espaha, Riv. de archivos, 1905; Pivano, Con-
sortium o societas di chierici e laici ad Ivrea nei secoli IXe X, Studi . . in onore *
Ciccaglione I, 1909; Clöôment, Recherches sur les paroisses et les fabriques au commence-
ment du XIll: siecle, M. d'a. — XV, 1895.
2. Präbende. In der Bischofsstadt und für das aus römisch-merowingischer Zeit
herstammende Bistumsvermögen dauerte zunächst die vorgermanische bischöfliche Zentral-
verwaltung mit ihren Stipendien sort, durch das mönchische Zusammenleben (mensa et massa
communis) höchstens gesteigert. Seit dem 9. Jahrhundert (in Köln unter Erzbischof Günther
por 866) kam es aber nach und nach in allen Diözesen zu der ums Jahr 1000 wohl allgemein
durchgeführten Abschichtung des Domstifts und der übrigen Stifter (Kapitels- und Stiftsgut
mit einem Teil der bisher bischöflichen Landkirchen) vom Bischof (der ihm verbleibende Rest
heißt mensa episcopalis, Tafelgut), bisweilen unter Zugrundelegung der durch die Samm-
lungen des altkirchlichen Rechtes (§ 10 und S. 291 A. 2) auch über die römische Kirchenprovinz
hinaus bekannt gewordenen Vierteilung (schon 813 Quartradizierung in Verona). Und als
bald darauf die Natural- und Geldreichnisse des einzelnen Kanonilers durch die Leihe eines
Stiftshofs, curia, samt Gütern und Gefällen (Kanonikat) ersetzt wurden, verfiel der letzte Rest
altkirchlicher Gütereinheit dem dezentralisierenden Benefizialwesen. Abgesehen von nebensäch-
lichen Besonderheiten wie der periodischen Neuverteilung der praebendae und der Einbehaltung
eines Teils des Ertrags zu täglicher Verteilung (distributio qguotidiana, Präsenzgeld) im Interesse
der Förderung der Residenz, unterschied sich diese jüngere praebenda nicht vom beneficium,
weshalb im Deutschen die Bezeichnung Pfründe für beide Anwendung fand und findet.
Stutz, Benefizialwesen (§ 18) I, 320 ff., 368 f., ** und Pfründe, 3. f. R. XX, 1899;
Luchaire", Manuel §#§ 27, 37; Werminghoff, V & 8, 12; Lormeau, Des menses
GCpiscopales en France, These, 1905; Lesne, Forigine des menses dans le temporel des 6glises
et des monasteres de France au 9e sische, Mem. des fac. cath. de Lille, 7e fasc., 1910;
Pöschl, Bischofsgut und Mensa episcopalis I, II, Il 1, 1908—1912.
3. Amterleihe. Schließlich begegnet auch in der Kirche eine wahre Amterleihe.
Insbesondere wird seit dem 11. Jahrhundert die selbständige Gerichtsbarkeit, die der Dom-
propst, in solcher Funktion mit Vorliebe archidiaconus genannt, und andere, gleich ihm mit
der Vertretung des Bischofs (als missi) in den Sendgerichten betraute Domherren (archidiaconi
minores) erringen (5 19, 3), wegen der damit verbundenen Einkünfte (Verpflegung, Sendschilling,
Sendhafer) als benelicium betrachtet und durch Investitur verliehen .
Werminghoff, BG. 5 37; Hilling, Beiträge (§ 19, 3).
1 Praebenda = stipendium im Gegensatz zum benekicium, wie zuvor schon in der fränki-
schen Gutswirtschaft der victus et vestitus der Tagwerker praebenda, Provende, genannt wurde
im Gegensatz zur Hofstelle, dem bäuerlichen beneficium.
Bei Archidiakonaten, die Stiftern oder Klöstern zugewiesen (später einverleibt) sind, bedarf
der an Stelle des verhinderten Stiftsvorstehers — z. B. einer Abtissin — Amtende der bischöf-
lichen Bannleihe.