Kirchenrecht. 327
päpstlichen Kanzlei unter Eugen IV., N. A. XXXVIII, 1913; Schmitz-Kallenberg.
Practica cancellariae apostolicae sac. XV exeuntis, 1904; 8 ölle ftc, Mitteilungen und Unter-
suchungen über das päpstliche Register= und Kanzleiwesen, O. l u. F. VI, VII 1904, Die Kom-
mentatoren der päpstlichen Kanzleiregeln, A. f. k. Kr. IXIXV, 1905, LXXXVI, 1906, Zur
Stellung des Korrektors in der päpstlichen Kanzlei, R. Q. XIX, 1005, Zur Geschichte des rIahr
lichen Benefizialwesens und der päpstlichen Kanzleiregeln unter Benedikt XIII., A. f. k.
LXXXVII. 1907, Aus der Kanzlei der Päpste und ihrer Legaten, O. u. F. X 1007; Jackows ¾
Die päbftlichen Kanzleiregeln und ihre Bedeutung für Deutschland, A . k. Kr. XC, 1910;
Schwalm, Das Formelbuch des Heinrich Bucglant, 1910.
Jedoch auch in einem unbeschränkten Privilegien= und Dispensationsrecht offenbart sich
nunmehr der gesetzgeberische Absolutismus des Papsttums. Hatte ehedem der aposiolische Stuhl
nur dauerde Begünstigungen in Gestalt abweichender subjektiver Rechte oder als Bestätigungen
regelmäßiger erteilt, die nicht einfach widerrufen werden konnten, so lehrte Gratian, der Papst
könne kraft seiner gesetzgeberischen Autorität aus gerechtfertigten Ursachen Privilegien jederzeit
zurückhnehmen. Das veranlaßte die Kurie, seit Gregor VII. überhaupt nur noch salva Sedis
Apostolicae auctoritate, also vorbehaltlich anderweitiger Verfügung des apostolischen Stuhls
zu privilegieren. Weniger rasch entwickelte sich die ausschließliche Befugnis des Papstes, vom
gemeinen Recht zu dispensieren. Ursprünglich jede Begründung regelwidrigen Rechtes be-
zeichnend, sand die dispensatio bei Ivo von Chartres (5 17) größere Beachtung und durch
Gratian die Anerkennung als ein mit dem Gesetzgebungsrecht zusammenhängendes Institut. Rufin
(526, 3 a) bezeichnete sie dann zuerst als casualis derogatio, d. h. als Aufhebung der Wirkungen
eines Rechtssatzes für einen einzelnen Fall. Und nunmehr gewinnt auch, durch zahlreiche An-
fragen in Rom seit der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts vorbereitet, die Anschauung Boden,
daß nur der Papst, und zwar in demselben Umfang, wie er es setzen, auch vom gemeinen Recht
dispensieren könne, eine Anschauung, die, von Innozenz III. ausgenommen, namentlich infolge
der gesetzgeberischen Tätigkeit der päpstlichen Urheber der Dekretalensammlungen so sehr sich
befestigte, daß die Dispensationsbefugnis der Bischöfe und Provinzialsynoden nunmehr als
Ausnahme erschien.
Hins 2 bu 3, Kr. III 189 II, V; v. cheurl, Der Dispensationsbegriff des kanonischen
Rechts, Z. f Kl 1882; Stie gler Dispensation, Dispensationswesen und Dispen-
sationsrecht l 1901 (Forttl. im A. f. k. Kr. IXIXUV'I, 1898); Thaner, über. Entstehung und Be-
deutung der Formel salva sedis apostolicae auctoritate, Wiener Ak. S. B P, phil.--ist. Kl., LXXI,
1872; S#endlder Zr Enthöhung. und Bedeutung der Formel Salva sedis —#
auctoritate, .XIXIx, 100#; chreiber, Kurie und Kloster (s 18, 2); Ebl#,
Walter Lernkh. # Straßburg und das päpstliche Dispensationsverfahren im 44. Jahrhundert,
Z.# f. RG. II, 1912.
2. Die oberstrichterliche Gewalt der Päpste. Selbst ohne Richter über
sich — papa a nemine iudicatur, ein altes, von Gelasius I. 493 ausgestelltes Postulat (val.
1. Kor. 2, 15), wird seit dem 12. Jahrhundert unbestritten geltendes Recht — ist der Papst der
höchste Richter aller seiner kirchlichen Untertanen (subdüti), der Geistlichen und auch der Laien,
selbst der Kaiser und Könige. Er namentlich verhängt generell Exkommunikationen, und ihm
ist bei besonders schweren Verbrechen (zuerst durch Innozenz II. 1131 bei percussio clericorum,
unten S. 331 A. 3) die Absolution vorbehalten. Solche Reservationen werden seit dem 14. Jahr-
hundert häufiger und seit Urban V. 1363 unter reichlicher Vermehrung selbst durch Delikte, die
bloß die weltliche Herrschaft des Papstes betressen (Seeraub in italienischen Gewässern, Hinderung
der Zufuhr von Lebensmitteln nach Rom, Bemächtigung von kirchenstaatlichen Rechten und
Bezügen u. a. m.), immer wieder am Gründonnerstag (Bulle In Cena Dominig feierlich ein-
geschärft. Umgekehrt steht den Päpsten, gleichfalls seit dem 12. Jahrhundert, anerkanntermaßen
das Begnadigungsrecht zu. Vor allem aber werden sie mit Angelegenheiten der streitigen Gerichts-
barkeit in Menge befaßt. Für diese vornehmlich bildet sich nunmehr unter der theoretischen
Mitarbeit der romanisierenden Kirchenrechtsschule das Institut der Delegation aus und der
Begriff der iurisdictio delegata, d. h. der einer Person besonders übertragenen Rechtsprechungs-
und Regierungsgewalt im Gegensatz zu der mit dem Amt gegebenen iurisqictio ordinaria. Seit
Alexander III. werden die päpstlichen Reskripte Legion, die Bischöfen, Abten und anderen Geist-
lichen die Untersuchung und oft auch die Entscheidung an Papstes Statt übertragen, zur Er-
leichterung der kurialen Geschäftslast, die sonst nicht zu bewältigen wäre, da es eine aus-