Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

32 F. Wachenfeld. 
Obiekt der Strafe ist der Verbrecher selbst. Da, wo dritte Personen, wie z. B. nach ein- 
zelnen Zoll- und Steuergesetzen, dem preußischen Forstdiebstahlsgesetz u. a. m., für die vom 
Schuldigen verwirkte Geldstrafe haften, kommt die von ihnen erbrachte Leistung einer Strafe 
tatsächlich gleich, hat aber doch nur die Bedeutung einer privatrechtlichen Verpflichtung. 
Handelt es sich nicht um eine wirkliche Strafe, so gelangen auch nicht die strafrechtlichen 
Grundsätze zur Anwendung. Das ist namentlich für Verjährung, Rückfall und die Frage nach 
einer nochmaligen Aburteilung wichtig. Es steht alsdann der Hinzufügung einer weiteren, 
eigentlichen Strafe für dieselbe Tat nichts im Wege. 
8§ 20. Einteilungen. 
Als Rechtsgütewerletzungen sind die Strafen verschieden je nach der Art des Rechtsguts, 
an dem gestraft wird. Positiv-rechtlich kommen hierfür vier Rechtsgüter in Betracht. Das 
sind Leben, Freiheit, Ehre und Vermögen. Auzgeschlossen ist körperliche Integrität. Prügel- 
strafe kennt unser heutiges Recht nicht. Man hält sie mit Recht für kein geeignetes Strafmittel, 
weil sie jedenfalls in ihrem Vollzuge zu verschiedenartig ausfällt und von der Laune und der 
Körperkraft des Vollstreckers abhängt. Dagegen wird sie als Zuchtmittel und bis zu einem 
gewissen Grade als Strafmittel rohen und unkultivierten Menschen gegenüber nicht entbehrt 
werden können. Darum hat man keinen Anstoß genommen, sie in den deutschen Schutzgebieten 
für die Eingeborenen einzuführen. 
Außer auf der Verschiedenheit des Rechtsguts, an dem der Verurteilte Einbuße erleidet, 
beruht das Strafsystem des Reichsstrafgesetzbuches auf einer Einteilung in Haupt- und Neben- 
strafen. Eine Hauptstrafe ist diejenige, welche selbständig, ohne Rücksicht auf eine andere Strafe, 
eine Nebenstrafe diejenige, welche nur neben einer anderen Strafe ausgesprochen werden kann. 
§ 21. Hauptstrafen. 
a) Todesstrafe. 
Hauptstrafe am Leben ist die Todesstrafe. Noch zur Zeit der PGO. von 1532 prävalierte 
sie unter den Strafmitteln und wurde selbst bei schwerem Diebstahl erkannt (Art. 160). Aber 
dem Zuge der Zeit, der die harten Strafen milderte, mußte die weitere Entwicklung folgen. 
Einerseits verengerte man das Gebiet der Todesstrafe durch Häufung der Tatbestandsmerkmale 
der todeswürdigen Verbrechen, andererseits ersetzte man die qualvollen Arten dieser schwersten 
Strafe, von denen die PGO. von 1532 noch sieben kannte, durch einfachere Formen. In der 
Mitte des 18. Jahrhunderts begann der Kampf gegen die Berechtigung der Todesstrafe über- 
haupt, besonders infolge der Schriften von Beccaria und Sonnenfels. Die Todes- 
strafe wurde zuerst in Toskana 1786 und ein Jahr später in Osterreich abgeschafft, wo sie aller- 
dings schon 1795 für einzelne und 1803 für weitere Verbrechen wieder eingeführt wurde. In 
Deutschland hatte man zweimal ihre Abschaffung in Aussicht genommen. Das erstemal auf 
Grund der Verfassung von 1849 in dem im preußischen Justizministerium ausgearbeiteten Ent- 
wurf eines deutschen Strafgesetzbuches. Obwohl dieser Entwurf nicht zum Ziele führte, wurde 
die Todesstrafe doch in einzelnen Bundesstaaten beseitigt, so in Oldenburg, Anhalt und Bremen. 
In Sachsen wurde sie noch 1868 aufgehoben. 
Das andere Mal trat der deutsche Reichstag gelegentlich der zweiten Beratung unseres 
jetzigen Strafgesetzbuches (1. März 1870) für ihre Beseitigung ein. Er mußte sich aber schließ- 
lich, um die einheitliche Gesetzgebung nicht scheiterm zu sehen, der widersprechenden Meinung 
der verbündeten Regierungen fügen und beschloß mit einer Majorität von acht Stimmen ihre 
Wiedereinführung. Man beschränkte sie aber auf ein möglichst kleines Gebiet. Sie ist nach 
dem Strafgesetzbuche unbedingt nur für Mord und hochverräterischen Mordversuch sowie bei 
Eintritt des Kriegsrechts (S§ 4 EGSt B.) für acht weitere Delikte angedroht. Außerhalb des 
Strafsgesetzbuches findet sie sich in dem Sprengstoffgesetz (§ 5 Abs. 3 vom 9. Juni 1884) und im 
Gesetz über Sklavenraub (§ 1 Gesetz vom 28. Juli 1895). In den beiden letzteren Fällen hängt 
sie davon ab, daß der Tod einer Person, wenn auch nicht vorsätzlich, so doch schuldhaft, herbei- 
geführt wurde.
	        
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