Strafrecht. 37
Buße. Obwohl nur neben einer Strafe zulässig, ist die Buße keine Nebenstrafe am
Bermögen, weil überhaupt keine Strafe. Sie als Strafe anzusehen, verbietet sich nach positivem
Recht schon aus dem formalen Grund, daß sie vom Gesetzgeber direkt als Entschädigung be-
zeichnet wird (§ 188 Abs. 2 StGB.). Immerhin aber hat sie keinen rein privatrechtlichen Cha-
mkter. Hiermit würde ihre Abhängigkeit von der Bestrafung des Täters, ihre Unvererblichkeit
und die Begrenzung ihres Höchstbetrags (nach dem StGB.: 6000, nach den Nebengesetzen seit
1891: 10 000 Mark) im Widerspruch stehen. Sie kann nach dem Strafgesetzbuch wegen schwerer
Beleidigung (5 188 St GBB.) und jeder Körpewerletzung (5 231 StGB.), außerhalb desselben
besonders wegen strafbarer Nachbildung begehrt werden. (Vgl. auch s#§ 847, 1300 BGB-.)
§ 23. Strafbemessung.
Nach der Darlegung der Strafarten haben wir das Strafmaß kennen zu lernen.
I. Strafbemessung im allgemeinen. Die Strafbemessung ist die urteils-
mäßige Festsetzung einer bestimmten Strafe für ein Verbrechen. Eine solche Fixierung der
Strafe wird von der modernen soziologischen Richtung bekämpft. Diese fordert ein un-
bestimmtes Strafurteil, das auf Strafe, aber nicht auf eine bestimmte Strafgröße lautet.
Die Forverung wird damit begründet, daß erst während des Strafvollzuges erkennbar werde,
wieweit Strafe nötig sei, um die Gesellschaft vor dem Verbrecher zu sichern. Das definitive
Erkenntnis über die Begrenzung der Strafe wünscht man teils einer zweiten richterlichen Ent-
scheidung, teils einem besonderen Strafvollzugsamt vorzubehalten. In dem einen wie in dem
anderen Fall würde die Ansicht derjenigen Behörde, welche den Verbrecher auf die Wirkung
des Strafvollzugs hin beobachtet, maßgebenden Einfluß für die Bemessung der Strafe erhalten.
Die Behörde aber, von derem Urteil die Fortdauer der Inhaftierung abhinge, wäre dann ein
Organ der Verwaltung. Infolgedessen würde die persönliche Freiheit nicht mehr völlig unter
richterlichem Schutz stehen. Denn hierzu gehört, daß gerade der Richter bestimmt, nicht
nur wann überhaupt, sondern auch in welchem Umfang die Freiheit ausnahmsweise
entzogen werden kann. Wäre dem Richter die Strafbemessung genommen, so würde seine
Tätigkeit zu einer bloßen Vorarbeit für die Verwaltungsbehörde herabgedrückt, und dieser eine
umliebsame und verantwortliche Aufgabe aufgebürdet werden.
Das positive Recht ist weit entfernt, auf eine Strafbemessung durch den Richter zu ver-
zichten. Es läßt die durch das Verbrechen verwirkte Strafe schon im Strafurteil festsetzen.
Verwirkt ist die Strafe mit der Begehung der Straftat. Die Strafausmessung besteht
also in der Auffindung einer bis dahin latenten Strafgröße. Diese muß der Größe der Ver-
schuldung entsprechen. Bei verschiedenen Handlungen, welche unter ein und dasselbe Gesetz
fallen, kann die Verschuldung eine sehr verschiedenartige sein. Darum sind die weitaus meisten
Strafgesetze derart relativ bestimmt, daß der Richter die verwirkte Strafe einem Strafrahmen
zu entnehmen, also zwischen einem gesetzlichen Minimum und Maximum auszuwählen hat.
Mit der Ausdehnung des Strafrahmens wächst die Schwierigkeit der richtigen Auswahl. Des-
halb ist es verkehrt, denselben zu weit anzulegen oder gar von jeder Schranke für den Richter
abzusehen.
Alle Umstände, welche ein Herauf oder ein Herab in demselben Strafrahmen zur Folge
haben, nennt man Strafmehrungs= bzw. Strafminderungsgründe und unterscheidet hiervon
Strafschärfungs- bzw. Strafmilderungsgründe. Die letzteren sind Umstände, welche als so
bedeutend erscheinen, daß sie nach Ansicht des Gesetzgebers innerhalb des gewöhnlichen Straf-
rahmens nicht berücksichtigt werden können und darum die Anwendung eines außerordentlichen
Strafrahmens zur Folge haben müssen.
II. Strafschärfung. Allgemeine Strafschärfungsgründe kennt das positive Recht
nicht. Der einzige Umstand, welcher wenigstens bei mehreren Delikten des Strafgesetzbuchs
und einiger Nebengesetze (besonders Zoll= und Steuergesetze) strafschärfend wirkt, ist der Rückfall.
Aber auch er hat keine gleichmäßige Regelung erfahren. Das Strafgesetzbuch versteht unter
Rückfall bald die Wiederholung gleichartiger (bei Betrug, Hehlerei), bald die Wiederholung
ähmlicher Delikte (bei Raub, raubähnlichen Verbrechen). Beim Diebstahl läßt es sogar bloße
Verwandtschaft mit den vorhergehenden Delikten genügen, indem es hier außer Diebstahl auch