Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

Kirchenrecht. 397 
von Staat und Kirche, 1908 (dazu Kahl, Hinnebergs Internat. Wochenschrift, 1908), Wand- 
lungen in dem Verhältnisse von Staat und Kirche in der neueren Zeit, Ib. d. öffentl. Rechts 
III, 1909; Troeltsch, Die Trennung von Staat und Kirche, der staatliche Religionsunterricht 
und die theologischen Fakultäten, 1907; Huber, Trennung von Kirche und Staat, in Wissen 
und Leben III, 1911; Luzzatti, Freiheit des Gewissens und Wissens, Studien zur Trennung 
von Kirche und Staat, übersetzt von Bluwstein, 1911; Hauck, Die Trennung von Kirche und 
Staat, 1912; de Narfon, La séparation des Eglises et de I’Etat (Bibl. géen. des Sciences soc. 
X), 1912; Falco, I. concetto giuridico di separazione della chiesa dallo stato, 1913; del 
Giudice, La aeparaione tra Stato e Chiesa come concetto giuridico, 1913. Vgl. 
auch die seit 1905 im Bulletin mensuel de la Société de Législation comparbe erscheinenden kurzen 
Berichte über die Wandlungen des Verhältnisses von Staat und Kirche in den verschiedenen Ländern. 
§ 56. Die Konkordate. 
Im weiteren Sinn bezeichnet man als Konkordate Abmachungen zwischen der weltlichen 
und der geistlichen Gewalt über die Stellung der Kirche in dem betreffenden Staat. Im engeren 
Sinn findet nach der herrschenden Lehre die Bezeichnung „Konkordat" bloß Anwendung auf 
Vereinbarungen, die zwischen dem Staatsoberhaupt einerseits und dem Papste anderseits ge- 
troffen werden, und in denen, wenigstens im Prinzip, eine allgemeine Regelung der Verhält- 
nisse der katholischen Kirche enthalten ist 1. Bloße Abmachungen über einzelne Gegenstände, 
wie die Umschreibung von Bistümern, die nur zum Erlaß staatlich anerkannter Kirchengesetze 
(Zirkumskriptionsbullen) führen, gelten ebensowenig als Konkordate wie Abmachungen zwischen 
dem Staat und dem Landesepiskopat oder zwischen jenem und der evangelischen Kirche 2. 
Namentlich die Verschiedenheit der Form, in der die Abmachungen mit dem Heiligen Stuhl 
in alter (§§ 24, 36, 42) und neuer Zeit auftraten — jetzt ist ein gemeinsam verfaßtes und unter- 
zeichnetes, in zwei Exemplaren ausgefertigtes und nachher durch übereinstimmendes Staats- 
und Kirchengesetz zu vollziehendes Schriftstück üblich —, aber auch der Wandel der Anschauungen 
über das Verhältnis von Staat und Kirche ließen verschiedene Theorien über die rechtliche 
Natur der Konkordate aufkommen. Der ältesten Form und der damaligen Superiorität der 
Kirche entsprach die Privilegientheorie, wonach der Inhalt des Konkordats, soweit er dem 
Staat günstig ist, als ein widerrufliches Privileg des Papstes anzusehen ist, indes der Staat 
an die von ihm übernommenen, aber eigentlich ihm schon ohnedies obliegenden Verpflichtungen 
gebunden bleibt. Die Theorie wird als Bestandteil des kanonischen Systems offiziell weiter- 
geführt und gelegentlich auch schriftstellerisch vertreten, gelangt jedoch, wenigstens den modemen. 
Kulturstaaten gegenüber, weil für sie unannehmbar, nicht mehr zu praktischer Verwendung. 
Vielmehr stand die Konkordatsära des 19. Jahrhunderts durchaus unter dem Zeichen der Ver- 
tragstheorie, die, neuerdings auch von den Päpsten s vertreten, in verschiedenen Formen 
auftritt, und die Konkordate als zweiseitige rechtsgültige Verträge, entweder als völkerrechtliche 
oder als quasi-völkerrechtliche oder überhaupt als solche öffentlichen Rechts, angesehen wissen will, 
oder (als mit der gleich zu erwähnenden dritten Haupttheorie gemischte Ansicht) darin Verträge 
nur zwischen der Person des Staatsoberhauptes und dem Papst erblickt, auf Grund deren dann 
1 Das Übereinkommen zwischen dem Reich und dem Hl. Stuhl vom 5. Dezember 1902 über 
die Errichtung einer katholisch-theologischen Fakultät an der Universität Straßburg (A. f. k. Kr. 
LXXXIII, 1903 S. 116, D. Z. f. Kr. XIII, 1903 S. 151) ist also schon nach dieser Auffassung kein 
Konkordat. Diese Bezeichnung gebührt ihm aber auch nicht nach dem Sprachgebrauch der Kurie, 
die concordata nur mit katholischen Staatsoberhäuptern eingeht, sonst aber die materiell von 
jenen allerdings nicht verschiedenen conventiones schließt. Freilich auch das französische Kon- 
kordat von 1801 und das italienische von 1803 bezeichnen sich als Konventionen. Das geht aber 
auf Napoleon zurück, der die seit 1516 für französische Ohren übelklingende Bezeichnung „Konkordat" 
vermieden wissen wollte. Übrigens werden auch heute zumal über einzelne Gegenstände mit 
katholischen Staatsoberhäuptern bloße Konventionen geschlossen; vgl. z. B. die Konvention zwischen 
Leo XIII. und dem Kaiser Franz Joseph von Osterreich betr. die Errichtung der bosnisch-herze- 
govinischen Kirchenprovinz vom 8. Juni 1881, A. f. k. Kr. XCI, 1911 S. 87 ff., sowie die Kon- 
vention zwischen Pius X. und dem König Alfons XIII. von Spanien betreffend die Orden und 
Kongregationen vom 19. Juni 1904, ebenda LXXXV, 1905 S. 319 ff. 
1* In Aussicht genommen z. B. in der Großh. Bad. VO. vom 28. Februar 1862, betr. das 
evangelische Kirchenvermögen, 8 1. 
* Leo XllI., Enzyklika Immortale Dei vom 1. November 1885, Pius X., Allokution vom 
14. November 1904 über den Bruch des französischen Konkordats, Acta S. Sedis XXVIII, 1885, 
XXXVII, 1905. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.