Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

Kirchenrecht. 403 
(Denkschrift, in amtlichem Auftrag als Handschrift gedruckt), 1903; Giese, Das katholische Ordens- 
wesen nach dem geltenden Staatskirchenrecht, Annalen des Deutschen Reichs, XLI, 1908; Grauer, 
Das katholische Ordenswesen nach bayerischem Staatskirchenrecht, 1910; Meurer, Das katho- 
lische Ordenswesen nach dem Rechte der deutschen Bundesstaaten, 1912; Un ger, Priesterehen 
und Mönchsehen. Natur der Scheidung von Tisch und Bett, 1910; Sartorius, Kommentar 
zum Personenstandsgesetz, 1902; Hinschius-Boschan, Das Reichsgesetz über die Be- 
urkundung des Personenstandes und die Eheschließung , 1909; Rösch, Der Klerus und das Straf- 
Fletbuch, 1902; Fleiner, Schranken der Kultusfreiheit, Z. f. schweiz. Recht XXIII, 1904; 
üngst, Deutsche Bischöfe und die Beerdigung von Protestanten, 1904; Biermann, Die 
öffentlichen Sachen, Gießener Univ.-Progr., 1905; Ortloff, Leichenverbrennung und Aschen- 
beisetzung (Feuerbestattung) gegenüber dem Staatskirchenrecht, D. Z. f. Kr. XX, 1911; Schultz, 
Das preußische Feuerbestattungsrecht, Ges. vom 14. September 1911, 1912; Aufhäuser, 
Die Feuerbestattung und das in Bayern geltende öffentliche, staatliche und kirchliche Recht, 1912; 
Koch, Feuerbestattung und Kirchenrecht, Pfarrarchiv V, 1913. 
§ 58. Die Parität. 
Die Kultusfreiheit erreicht ihren Gipfelpunkt in der völligen Gleichstellung der ver- 
schiedenen Kulte, also in der „Kultusgleichheit“". Hiervon ist zu unterscheiden die Parität. 
Wie die Gleichheit vor dem Gesetz nicht schablonenmäßige Gleichstellung, sondern gleichmäßige 
Wertung der besonderen Art, so bedeutet Parität nicht „jedem das Gleiche", sondern „jedem 
das Seine“. Und zwar zunächst jedem Staatsangehörigen im Staate, so daß in bürgerlicher 
und staatsbürgerlicher Beziehung von seinem Bekenntnis ganz abgesehen wird. Diese staats- 
rechtliche Parität ist, wie das Obige ergibt, reichsrechtlich in ganz Deutschland durchgeführt; 
Verletzungen können höchstens durch die Administrativpraxis noch vorkommen. Und sodann 
im Sinn einer Nichtachtung des Alleinherrschaftsanspruchs der einen Kirche (ecclesia dominans) 
gegenüber den anderen und der Behandlung aller Religionsgemeinschaften samt ihren An- 
gehörigen als voneinander unabhängiger und selbständiger Religionsverbände. Diese kirchen- 
rechtliche Parität verwirft die katholische Kirche grundsätzlich t. Sie nimmt alle rite Getauften 
für sich in Anspruch und betrachtet die evangelischen Kirchen wie die Religionsverbände der 
Altkatholischen als Sekten von häretischen Katholiken. Soweit dies auf das innerkirchliche 
Gebiet sich beschränkt, z. B. auf die Behandlung des Ubertritts zu ihr als Rücktritt, hat der 
Staat keinen Anlaß, einzuschreiten. Dagegen muß er gegen eine Betätigung dieser Auffassung 
nach außen durch Heranziehung zu Umlagen, Unterwerfung von Akatholiken unter katholische 
Ehevorschriften, Inanspruchnahme derselben durch die katholische Seelsorge oder gar Juris- 
diktion usw. als gegen Störungen des interkonfessionellen Friedens ebenso vorgehen wie gegen 
Reste von evangelischem Territorialismus in Gestalt von Ausübung von Pfarrzwang u. a. m. 
Hierher gehört sodann namentlich die staatliche Gesetzgebung — EG. zum BGB. Art. 134 
läßt die Zuständigkeit der Einzelstaaten fortbestehen — über die konfessionelle Erziehung der 
Kinder aus gemischten Ehen. Entweder bleibt, wie nach älterem gemeinem Recht, die vertrag- 
liche Regelung freigegeben, und findet in Ermangelung solcher eine Teilung nach dem Geschlecht 
(Bayern) oder Erziehung im Bekenntnis des Vaters statt (Sachsen, Württemberg). Oder es 
ist, praktisch und grundsätzlich — Familienrechte persönlicher Natur haben auch sonst einen 
objektiv bestimmten, der Parteibeliebung entzogenen Gehalt — richtiger, vertraglicher Regelung 
die Rechtsgül igkeit versagt (Preußen, Baden), und es entscheidet dann die Konfession oder 
der Wille des Vaters. Eine aus der Zeit des alten Reichs herstammende, nie versiegende Quelle 
interkonfessionellen Haders bilden die Simultaneen. Sie bestehen vor allem an Kirchen, oft 
mit Glocken und Kirchhöfen als deren Zubehör, nicht selten auch an solchen allein. Die Grund- 
lage bildet mitunter ein festes Privatrechtsverhältnis (Miteigentum, Eigentum und dingliches 
Gebrauchsrecht oder zwei dingliche bzw. obligatorische Gebrauchsrechte am Eigentum eines 
Dritten, des Staats, einer Gemeinde). Aber wie das staatliche öffentliche Recht solchen Mit- 
gebrauch zum größten Teil erst geschaffen hat, so sieht es sich auch im Interesse des konfessionellen 
Friedens veranlaßt, einzugreifen und den Mitgebrauch vom Gesichtspunkt der Rechtsfriedens- 
  
: Pius' IX. Syllabus th. 77 wendet sich gegen die Behauptung: Aetate hac nostra non amplius 
expedit, religionem catholicam haberi tamquam unicam status religionem, caeteris quibuscunque 
cultibus exclusis. Auch dies wird aber, wo die Parität der katholischen Religionspartei Vorteil 
bringt, als „latentes Kirchenrecht“ behandelt. 
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