Kirchenrecht. 43
Gültigkeit der griechischen, holländisch-jansenistischen und altkatholischen, nicht aber der angli-
kanischen Weihen). Doch kann der unzuständige Bischof vom zuständigen durch litterae dimisso-
riales (wenn in blanco: kfacultas ad promovendum a qduocumque) zur Vomahme der Ordi-
nation in Vertretung autorisiert werden; die Ausstellung solcher Dimissorien vermag, weil
Jurisdiktionsakt, auch durch den nichtkonsekrierten Bischof oder den (mit Spezialmandat ver-
sehenen) Generalvikar zu geschehen. Bei Zusammentreffen mehrerer Zuständigkeiten soll der
eine zuständige Bischof nicht ohne testimoniales, welche die Freiheit von Hindemrnissen be-
scheinigen, zur Weihehandlung schreiten.
Hinschius, Kr. I K# 10, 11; Hofmann, Die Exkardination einst und jetzt, Z. f. k. Th.
XXIV, 1900; Leitner, Die literae testimoniales, A. f. k. Kr. LXXVII, 1897; Belles-
heim, Die Bulle Leos XIII. Apostolicae curae über die Ungültigkeit der anglikanischen Weihen,
A. f. k. Kr. LXXVII, 1897; ebenda auch Heiner, Die anglikanischen Weihen; Bellesheim,,
Ein römisches Tagebuch aus der Zeit der Bulle Apostolicae Curae vom 13. September 1896,
Kath. XCI, 1911; Halifax, Leo XlII and anglican orders, 1912.
5. Die Ordination gibt dem Geweihten die übernatürliche Befähigung
(lacultas spiritualis), die betreffenden Weihefunktionen zu versehen. Bei der Bischofs- und
Priesterweihe (nicht unbestritten auch beim Diakonat) ist diese Befähigung unauslöschlich (cha-
racter indelebilis); selbst Abfall vom christlichen Glauben hebt zwar die Befugnis, nicht aber
die Befähigung zur Ausübung der Weihen auf, und vollends eine Enthebung davon ist un-
möglich. Damit endlich die empfangene Weihe ordnungsmäßig ausgeübt werden kann, muß
eine Amtsübertragung dazu kommen oder die regelmäßig bischöfliche, besondere Ausübungs-
ermächtigung (missio legitima sive canonica), ohne die überhaupt eine geistliche Tätigkeit in
der Diözese ausgeschlossen erscheint.
inschius, Kr. 13 15; Specht, Sind die niedern Weihen und der Subdiakonat sakra-
mental? Theol.-prakt. Monatsschr. III, 1893; Farine, Der sakramentale Charakter, Straßb.
Theol. Stud. VI 5, 1904; Kahl, Die missio canonica zum Religionsunterricht und zur Lehre
der Theologie an Schulen bzw. Universitäten nach dem Rechte der katholischen Kirche und dem
staatlichen Rechte in Preußen, D. Z. f. Kr. XVIII, 1908; Keümut , Die missio canonica,
A. f. k. Kr. XCI, 1911; Rehm, Die missio canonica in Elsaß= othringen, D. Z. f. Kr. XXIII, 1913.
§ 65. Der Klerus, seine Standesrechte und Standespflichten.
Aus der Begriffsbestimmung der katholischen Kirche erhellt ohne weiteres, daß sie eine
Gemeinschaft von Regierenden und Regierten, eine societas inaequalis ist. Die religiöse und
kirchliche Leitung hat der Klerms. Er wird gebildet durch die übernatürlich Befähigten, also
die Geweihten, denen die kirchlichen Untertanen, die Laien, gegenüberstehen (kein Ordens-
stand 1). Doch erwirbt man die klerikalen Standesrechte sowie die Zugehörigkeit zum Diözesan-
verband des Ordinators, die nur durch litterae e xcardinationis (Exeat) im Fall anderweitig
zugesicherter Inkardination wieder aufgehoben werden kann, schon durch die Tonsur (oben
S. 297 A. 3), die keine Weihe, sondem die bloße dispositio ad ordines darstellt.
Hinschius, Kr. 1 4 13.
Die klerikalen Standesrechte sind: 1. das privilegium canonis (S. 331 mit A. 3),
wonach der regelmäßig dem Papst zur Absolution vorbehaltene große Kirchenbann ipso
jure bei vorsätzlicher tätlicher Verletzung oder Realinjurierung eines Klerikers eintritt,
fermer die von der vigens ecclesiae disciplina zum Teil aufgegebenen privilegia, 2. fori,
der Befreiung von weltlicher Straf- und Zivilgerichtsbarkeit, so zwar, daß es auch welt-
lichen Privatpersonen untersagt ist, in Zivil- oder in Strafsachen einen Kleriker ohne
Erlaubnis der kirchlichen Behörden vor den weltlichen Richter zu ziehen 1, 3. immuni-
1 Andernfalls verfallen sie der dem Papfste speziell vorbehaltenen excommunicatio maior
latae sententiae; Motuproprio Pius' X. QOuantavis diligentia (§ 42). doch hat laut Osservatore
Romano vom 16. Dezember 1911 der Kardinalstaatssekretär sich veranlaßt gesehen, dem preußischen
Gesandten beim Vatikan die Erklärung abzugeben, das Motuproprio berühre Deutschland nicht,
da daselbst nach den von der Kurie gebilligten Ausführungen des Auditors der römischen Rota
Heiner (A. f. k. Kr. XCII, 1912 S. 270 ff.) die geistliche Standesgerichtsbarkeit durch entgegen-
stehendes Gewohnheitsrecht beseitigt sei. Bgl. aber dazu oben § 62 und Hirschel, Über die
heutige Anwendbarkeit des privilegium kori, A. f. k. Kr. VII, 1862; Hilling, Reformen