Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

Kirchenrecht. 439 
und innerhalb seines Sprengels, vorausgesetzt, daß er zur Entgegennahme bereit ist, bzw. 
vor einem von ihm delegierten Priester, und vor zwei Zeugen (eoram parocho vel loci ordinario 
vel sacerdote ab alterutro delegato et duobus saltem testibus), erlaubtermaßen aber nur 
nach Feststellung der Ledigkeit beider Teile und im Falle der Zuständigkeit des Pfarrers durch 
Wohnsitz oder durch einmonatigen Aufenthalt der Braut (ubi sponsa ibi copula), eventuell 
des Bräutigams, bzw. bei Ermächtigung durch den so zuständigen Pfarrer. Außerordentlicher- 
weise ist bei drohender Todesgefahr zur Beruhigung des Gewissens und zur Legitimation 
etwaiger Nachkommenschaft auch ein Eheschluß vor jedem beliebigen Priester mit zwei Zeugen 
wirksam, ja in Gegenden, wo ein Ortspfarrer (bischof) überhaupt nicht oder seit Monatsfrist 
nicht zu haben, in allen Fällen die bloße Konsenserklärung vor zwei Zeugen. Voranzugehen 
hat, außer bei der Gewissensehe, d. h. bei dem geheim zu schließenden und zu haltenden, aber 
zum Zwecke des Beweises seines Bestandes und der Ehelichkeit der Kinder in einem in der bischöf- 
lichen Kanzlei besonders verwahrten Register einzutragenden ehelichen Verhältnis, ein drei- 
maliges Aufgebot an drei aufeinanderfolgenden Sonn-= und Festtagen während des Gottes- 
dienstes in der Pfarrkirche des einen oder andern Verlobten sowie ein Brautexamen zur Unter- 
weisung der Nupturienten über ihre Standespflichten. Die priesterliche Einsegnung der Ehe 
(benedictio nuptialis) mit Brautmesse ist vorgeschrieben, aber nicht wesentlich; sie kann (eventuell 
ohne jedes Verschulden der Brautleute, etwa weil der Pfarrer aus Vergeßlichkeit schon zelebriert 
oder Nahrung zu sich genommen hat und dadurch verhindert ist) unterbleiben, ohne daß der 
Gültigkeit oder der Wertung der Ehe Eintrag geschieht. Resolutivbedingungen können der 
Eheschließung nicht beigefügt werden; unsittliche und unmögliche werden als nicht angebracht 
erachtet; andere Suspensivbedingungen müssen, weil beim formalen Abschluß nicht zum Aus- 
druck kommend, dem Pfarrer vorher mitgeteilt werden. Dem standesamtlichen Akte, dem 
sie bloß bürgerlichrechtliche, nicht in kirchlichem Sinne eheschließende Wirkung zuerkennt, sich 
zu unterziehen, verwehrt die Kirche den Gläubigen nicht. 
Freisen, Kirchliches bekheschließungerecht in Schleswig-Holstein, A. f. k. Kr. LXXIX, 
1899, LXXX, 1900; Knecht, Die neuen eherechtlichen Dekrete, Neue Ausgabe, Görres--Ges., 
Sekt. f. Rechts- u. Sozialn. P-, 2. 5.. 1909; Bosch, Die Reform des kirchlichen E eschließungsrechts, 
Heihziger jur. Diss., 1907, und im PHochland V, 190; Arndt, Die Eheschließung nach neuestem 
Nechte Pastor bonus Xx, 1908 (auch sep.); 6 en d'i ix, Die neuen eherechtlichen Dekrete, Kath. 
LXXXVIII, 1908; Choupin, Les fiançailles et le mariage, 1908; Detzel, Kurze, syste- 
matische Erllärung der Dekrete Ne temere und Provida, 1908; Hein er „Das neue Berlöbnis- 
und Eheschließungsrecht, 1908; Leit n er, Die Berlobungs- und Eheschliebungsform nach dem 
Dekrete Ne temere “, 1910; Ojett i, In jus antepianum et pianum ex decreto Ne temere com- 
mentarü. 1908; S p eiser, Die lirchliche Form des Verlöbnisses und des Eheabschlusses, 1908; 
Vermeersch, De forma sponsalium ac matrimonü post decretum Ne temere“, 1908; 
Wouters, Commentarius in decretum Ne temere“, 1912; Seelmann, Die Eherechts- 
reform der Bulle Provida, D. Z. f. Kr. XIX, 1909; B alo , Die Eheformvorschriften der Dekrete 
Tametsi und Ne temere, 1910 (auch in Rechtswif. Be gen f. Kohler); Noldin, Decretum 
de sponsalibus et matrimonio“, 1911; Boudinhon, Le mariage et les fiancailles", "“, 1912. 
Mangelnde Voraussetzungen, auch solche des Vertragsschlusses, begründen Ehehindernisse, 
impedimenta matrimonü. Diese sind entweder bloß aufschiebend, i. impedientia, wenn sie 
den Eheabschluß verboten und eventuell strafbar, aber die trotzdem eingegangene Ehe nicht 
nichtig machen. Oder sie trennen die Ehe, i. dirimentia, d. h. sie hindern das faktisch eingegangene 
Verhältnis, und zwar als i. dirimentia publici juris, falls das Hindernis nach positiver Bor- 
schrift auch von Dritten, insbesondere von Amts wegen geltend zu machen ist, oder als i. d. 
privali juris, falls das Hindernis nur von einem Ehegatten oder von beiden geltend gemacht 
werden kann. 
Villien, L'’empechement de mariage, Can. cont. XXVI, 1903. 
Aufschiebende Hindemnisse sind nach kirchlichem Recht ein bestehendes Verlöbnis (i. spon- 
salium), ein einfaches Keuschheitsgelübde (i. voti simplicis). die geschlossene Zeit (erster Advent- 
sonntag bis Dreikönigstag, Aschermittwoch bis Weißer Sonntag), aber nur für feierliche Hoch- 
zeiten (i. temporis clausi), und vor allem Bekenntnisverschiedenheit (i. mixtae religionis). Die 
Dispensation von diesem aufschiebenden Hindemis ist, im Gegensatz zu der von den übrigen 
impedientia, dem Papst (Sant' Ofkizio) vorbehalten; doch haben die deutschen Bischöfe hierfür
	        
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