Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

450 Ulrich Stugz. 
Brevein nahe und erkennt der kirchliche Erlaß von 1900 klar an2. Auf Grund der eventuell mit Strei- 
chungen versehenen Liste haben die Domherren (in Preußen auch die Ehrendomherren) binnen dre 
Monaten nach der Erledigung die feierliche Wahl (bei der jede Einwirkung Anderer und deshalb 
auch die Anwesenheit des von der Regierung abgeordneten Wahlkommissars ausgeschlossen ist) 
vorzunehmen, wie bei der Papstwahl per inspirationem oder per compromissum oder per 
scrutinium mit Stimmzetteln, wofür aber einfache Stimmenmehrheit genügt. Die Bindung 
der Wähler tritt mit der Publikation, der Erwerb eines Rechts auf Übertragung des Bistums 
(ius ad rem) durch den Gewählten mit der von ihm binnen Monatsfrist zu erklärenden An- 
nahme ein. Binnen weiterer drei (Oberrhein und Hannover einem) Monate ist die päpstliche 
Bestätigung, confirmatio, nachzusuchen, die nach vorangegangener sorgfältiger Prüfung der 
Akten und der Eigenschaften des Gewählten durch einen päpstlichen Delegaten (Dignitär, 
Provinzialbischof, Nuntius) im Lande, Informativprozeß, und nach einer summarischen 
Uberprüfung bei der Kurie (Staatssekretariat und Konsistorialkongregation), Definitivprozeß, 
sowie nach erfolgter Präkonisation (Verkündigung) in einem Konsistorium (§ 68) durch Bulle 
oder Breve gewährt wird. Nur aus wichtigen Gründen dürfte sie versagt werden, es sei denn, 
daß die Wahl (in diesem Fall nicht electio, sondern postulatio geheißen) auf eine der kano- 
nischen Eigenschaften entbehrende Person (z. B. den Bischof einer anderen Diözese) gefallen 
ist, in welchem Fall, abgesehen von Altpreußen, für das die Unterscheidung außer Kraft gesetzt 
ist, die Zulassung (admissio) durch den Papst als Gnadenakt sich darstellt. Mit der Konfir- 
mation wird das Amt selbst und die Jurisdiktion erworben; doch darf der Bestätigte die Ver- 
waltung nicht eher übernehmen, als bis er die Bulle oder das Breve dem Domkapitel vor- 
gewiesen hat. Die Weihegewalt dagegen erwirbt er erst durch die Konsekration, die, päpst- 
liches Reservat, kraft apostolischen Auftrags von einem Bischof unter Assistenz von zwei anderen 
oder von ebenso vielen Prälaten binnen drei Monaten zu erteilen ist, woran sich die feierliche 
Besitznahme (Iinthronizatio) und die Huldigung des Klerus schließt. In Metz und Straßburg 
endlich, wo die vom französischen Konkordat einst vorgesehene nominatio schon durch das evan- 
gelische Bekenntnis des Kaisers ausgeschlossen wird, erfolgt bis auf weiteres Verständigung 
von Fall zu Fall. 
Hinschius, Kr. II • 131—133; De la nomination des Cvöques, Anal. iur. pont. III 1, lvr. 46, 
1861; W oll##n g (W. Molitor), Der Charakter eines landesherrlichen Nominationsrechtes, A. f. 
k. Kr. XXXIV, 1875; Hergenröther, Über den kirchenrechtlichen Begriff der Nomination, 
nissimo Principi minus gratos esse, also durch die Gegenüberstellung der kirchenrechtlich 
geforderten Eigenschaften, es mitunter ausdrücklich anerkennen, ist die gratitudo nur ein formal 
ins Recht der Kirche eingeführtes Erfordernis, materiell ein ihm fremdes, nämlich politisches, den 
Landesfürsten zur Wahrung der politischen Gesichtspunkte und Interessen (vgl. hierzu 
das Anerkenntnis des Kardinals Rampolla nebst Mitteilung über die Auffassung 
des Staatssekretariats, A. f. k. Kr. XCII 1912 S. 186, Ausschlüsse, deren ich meine 
Beispiele, es könne auch ein Universitätsprofessor oder ein Diasporapfarrer gestrichen werden, 
wenn man sie auf ihrem bisherigen Posten weniger entbehren zu können glaube als auf dem 
bischöflichen Stuhle, gerne als zu weitgehend preisgebe). Darum unterliegt die Streichung wegen 
mangelnder gratitudo auch keiner rechtlichen Überprüfung, die ohnedies mit der Souveränität 
des Staates unverträglich wäre. Daß die Regierungen in den Vorverhandlungen gelegentlich 
erklärten, sie würden das Streichungsrecht loyal handhaben, bestätigt nur unsere Auffassung. Ohne 
sie hätte die Zusicherung überhaupt keinen Sinn. 
1 Es stellte schon bisher die Ausführung der vereinbarten Wahlnorm der Bulle durch eine 
vereinbarte Dienstweisung sicher und gewährte in so fern allerdings den Regierungen eine weiter- 
gehende Sicherung als z. B. in Hannover die Bulle allein. 
„ Iam vero negativus interventus Principi vel regimini acatholico permissus, eo demum 
spectat, ut personae minus illi gratae non eligantur. Unde capituli partium est illos tantum 
adsciscere, quos ante solemnem electionis actum inter alias dotes ad ecclesiam instruendam, 
tuendam et pacifice gubernandam requisitas prudentiae laude, publicae quietis ac 
fidelitatis studio praestare, ideoque Principi non esse minus gratos constet. Der 
Zahlenstreit und die Frage, ob eine Verpflichtung zur Ergänzung der Liste für das Kapitel bestehe, 
wird dadurch müßig. Eine Liste, auf der man nicht mit einer mäßigen Streichung auskommt, 
ist einfach, ohne daß erst mit Streichen begonnen wird, als ungeeignet zurückzuweisen, wobei es 
dem Kapitel überlassen bleiben muß, den Ausweg der Einreichung einer korrekten Liste selbst zu 
inden. Das entspricht auch dem rein negativen, völkerrechtsartigen Verfahren, als welches die 
klusive sich überhaupt darstellt. 
    
 
	        
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